also, und zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelst der analytischen Einheit, die logische Form eines Urteils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Anschauung überhaupt, in seine Vorstellungen einen transzendentalen Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die a priori auf Objekte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kann.
Auf solche Weise entspringen gerade so viel reine Verstandesbegriffe, welche a priori auf Gegenstände der Anschauung überhaupt gehen, als es in der vorigen Tafel logische Funktionen in allen möglichen Urteilen gab: denn der Verstand ist durch gedachte Funktionen völlig erschöpft, und sein Vermögen dadurch gänzlich ausgemessen. Wir wollen diese Begriffe, nach dem Aristoteles, Kategorien nennen, indem unsre Absicht uranfänglich mit der seinigen zwar einerlei ist, ob sie sich gleich davon in der Ausführung gar sehr entfernet.
Tafel der Kategorien
2.
3.
Der Qualität
Der Relation
Realität
der Inhärenz und Subsistenz
Negation
(substantia et accidens)
Limitation
der Kausalität und Dependenz
(Ursache und Wirkung)
der Gemeinschaft (Wechselwirkung
zwischen dem Handelnden
und Leidenden)
Dieses ist nun die Verzeichnung aller ursprünglich reinen Begriffe der Synthesis, die der Verstand a priori in sich enthält, und um deren willen er auch nur ein reiner Verstand ist; indem er durch sie allein etwas bei dem Mannigfaltigen der Anschauung verstehen, d.i. ein Objekt derselben denken kann. Diese Einteilung ist systematisch aus einem gemeinschaftlichen Prinzip, nämlich dem Vermögen zu urteilen (welches eben so viel ist, als das Vermögen zu denken), erzeugt, und nicht rhapsodistisch, aus einer auf gut Glück unternommenen Aufsuchung reiner Begriffe entstanden, von deren Vollzähligkeit man niemals gewiß sein kann, da sie nur durch Induktion geschlossen wird, ohne zu gedenken, daß man noch auf die letztere Art niemals einsieht, warum denn gerade diese und nicht andre Begriffe dem reinen Verstande beiwohnen. Es war ein eines scharfsinnigen Mannes würdiger Anschlag des Aristoteles, diese Grundbegriffe aufzusuchen. Da er aber kein Principium hatte, so raffte er sie auf, wie sie ihm aufstießen, und trieb deren zuerst zehn auf, die er Kategorien (Prädikamente) nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fünfe aufgefunden zu haben, die er unter dem Namen der Postprädikamente hinzufügte. Allein seine Tafel blieb noch immer mangelhaft. Außerdem finden sich auch einige Modi der reinen Sinnlichkeit darunter (quando, ubi, situs, imgleichen prius, simul), auch ein empirischer (motus), die in dieses Stammregister des Verstandes gar nicht gehören, oder es sind auch die abgeleiteten Begriffe mit unter die Urbegriffe gezählt (actio, passio), und an einigen der letztern fehlt es gänzlich.
Um der letztern willen ist also noch zu bemerken: daß die Kategorien, als die wahren Stammbegriffe des reinen Verstandes, auch ihre eben so reine abgeleitete Begriffe haben, die in einem vollständigen System der Transzendental-Philosophie keinesweges übergangen werden können, mit deren bloßer Erwähnung aber ich in einem bloß kritischen Versuch zufrieden sein kann.
Es sei mir erlaubt, diese reine, aber abgeleitete Verstandesbegriffe die Prädikabilien des reinen Verstandes (im Gegensatz der Prädikamente) zu nennen. Wenn man die ursprüngliche und primitive Begriffe hat, so lassen sich die abgeleiteten und subalternen leicht hinzufügen, und der Stammbaum des reinen Verstandes völlig ausmalen. Da es mir hier nicht um die Vollständigkeit des Systems, sondern nur der Prinzipien zu einem System zu tun ist, so verspare ich diese Ergänzung auf eine andere Beschäftigung. Man kann aber diese Absicht ziemlich erreichen, wenn man die ontologischen Lehrbücher zur Hand nimmt, und z.B. der Kategorie der Kausalität die Prädikabilien der Kraft, der Handlung, des Leidens; der der Gemeinschaft die der Gegenwart, des Widerstandes; den Prädikamenten der Modalität die des Entstehens, Vergehens, der Veränderung u.s.w. unterordnet. Die Kategorien, mit den Modis der reinen Sinnlichkeit oder auch unter einander verbunden, geben eine große Menge abgeleiteter Begriffe a priori, die zu bemerken, und, wo möglich, bis zur Vollständigkeit zu verzeichnen, eine nützliche und nicht unangenehme, hier aber entbehrliche Bemühung sein würde.
Der Definitionen dieser Kategorien überhebe ich mich in dieser Abhandlung geflissentlich, ob ich gleich im Besitz derselben sein möchte. Ich werde diese Begriffe in der Folge bis auf den Grad zergliedern, welcher in Beziehung auf die Methodenlehre, die ich bearbeite, hinreichend ist. In einem System der reinen Vernunft würde man sie mit Recht von mir fordern können; aber hier würden sie nur den Hauptpunkt der Untersuchung aus den Augen bringen, indem sie Zweifel und Angriffe erregten, die man, ohne der wesentlichen Absicht etwas zu entziehen, gar wohl auf eine andre Beschäftigung verweisen kann. Indessen leuchtet doch aus dem wenigen, was ich hievon angeführt habe, deutlich hervor, daß ein vollständiges Wörterbuch mit allen dazu erforderlichen Erklärungen nicht allein möglich, sondern auch leicht sei zu Stande zu bringen. Die Fächer sind einmal da; es ist nur nötig, sie auszufüllen, und eine systematische Topik, wie die gegenwärtige, läßt nicht leicht die Stelle verfehlen, dahin ein jeder Begriff eigentümlich gehört, und zugleich diejenige leicht bemerken, die noch leer ist.
§ 11
Über diese Tafel der Kategorien lassen sich artige Betrachtungen anstellen, die vielleicht erhebliche Folgen in Ansehung der wissenschaftlichen Form aller Vernunfterkenntnisse haben könnten. Denn daß diese Tafel im theoretischen Teile der Philosophie ungemein dienlich, ja unentbehrlich sei, den Plan zum Ganzen einer Wissenschaft, so fern sie auf Begriffen a priori beruht, vollständig zu entwerfen, und sie mathematisch nach bestimmten Prinzipien abzuteilen, erhellet schon von selbst daraus, daß gedachte Tafel alle Elementarbegriffe des Verstandes vollständig, ja selbst die Form eines Systems derselben im menschlichen Verstande enthält, folglich auf alle Momente einer vorhabenden spekulativen Wissenschaft, ja sogar ihre Ordnung, Anweisung gibt, wie ich denn auch davon anderwärts12 eine Probe gegeben habe. Hier sind nun einige dieser Anmerkungen.
Die erste ist: daß sich diese Tafel, welche vier Klassen von Verstandesbegriffen enthält, zuerst in zwei Abteilungen zerfällen lasse, deren erstere auf Gegenstände der Anschauung (der reinen sowohl als empirischen), die zweite aber auf die Existenz dieser Gegenstände (entweder in Beziehung auf einander oder auf den Verstand) gerichtet sind.
Die erste Klasse würde ich die der mathematischen, die zweite der dynamischen Kategorien nennen. Die erste Klasse hat, wie man sieht, keine Korrelate, die allein in der zweiten Klasse angetroffen werden. Dieser Unterschied muß doch einen Grund in der Natur des Verstandes haben.
2te Anmerk. Daß allerwärts eine gleiche Zahl der Kategorien jeder Klasse, nämlich drei sind, welches eben sowohl zum Nachdenken auffodert, da sonst alle Einteilung a priori durch Begriffe Dichotomie sein muß. Dazu kommt aber noch, daß die dritte Kategorie allenthalben aus der Verbindung der zweiten mit der ersten ihrer Klasse entspringt.
So ist die Allheit (Totalität) nichts anders als die Vielheit als Einheit betrachtet, die Einschränkung nichts anders als Realität mit Negation verbunden, die Gemeinschaft ist die Kausalität einer Substanz in Bestimmung der andern wechselseitig, endlich die Notwendigkeit nichts anders, als die Existenz, die durch die Möglichkeit selbst gegeben ist. Man denke aber ja nicht, daß darum die dritte Kategorie ein bloß abgeleiteter und kein Stammbegriff des reinen Verstandes sei. Denn die Verbindung der ersten und zweiten, um den dritten Begriff hervorzubringen, erfodert einen besonderen Actus des Verstandes, der nicht mit dem einerlei ist, der beim ersten und zweiten ausgeübt wird. So ist der Begriff einer Zahl (die zur Kategorie der Allheit gehört) nicht immer möglich, wo die Begriffe der Menge und der Einheit sind (z.B. in der Vorstellung des Unendlichen), oder daraus, daß ich den Begriff einer Ursache