jenen nun mit Gewalt heranziehen konnte. „Als er in das Boot gehoben wurde“, heißt es in einem Berichte Hawkeswort's, „hatte der arme Teufel so viel Wasser geschluckt, dass man ihn wohl für tot halten konnte. Er wurde nun an den Füßen aufgehängt, kam bald wieder zu sich und war am nächsten Tage frisch und wohlauf.“ Trotz dieser wahrhaft wunderbaren Kur möchten wir dieselbe den Rettungsgesellschaften doch nicht anempfehlen.
Von Mas-a-fuero aus wechselte Byron die bisher eingehaltene Richtung, um Davis-Land, die heutige Oster-Insel, aufzusuchen, welche die Geographen unter 27° 30' und etwa hundert Meilen westlich von der amerikanischen Küste verlegten. Acht Tage wurden auf die Nachsuchung verwendet.
Byron schlug nun, da er bei dieser Kreuzfahrt nichts entdecken und sie, wegen seiner Absicht den Salomons-Archipel zu besuchen, nicht länger fortsetzen konnte, einen nordwestlichen Kurs ein. Am 22. Mai trat der Skorbut auf den Schiffen auf und machte bald beunruhigende Fortschritte. Glücklicherweise entdeckte man am 7. Juni von den Top der Masten Land unter 14° 58' westlicher Länge.
Am anderen Tage lag die kleine Flottille vor zwei Inseln, welche einen recht lachenden Anblick boten. Da standen große, dichtbelaubte Bäume zwischen Sträuchern und Gebüschen, unter denen sich einige Eingeborne umhertummelten, welche eiligst nach dem Strand herabliefen und dort Feuer anzündeten.
Byron schickte sofort ein Boot ab, um einen Ankerplatz zu suchen. Dasselbe kehrte zurück, ohne bis auf eine Kabellänge vom Ufer geeigneten Grund gefunden zu haben. Mit schmerzlichem Verlangen blickten die armen Skorbut-Kranken, die sich bis an die Schanzkleidung geschleppt hatten, nach der fruchtbaren Insel, auf der die Heilmittel für ihr Leiden wucherten und die zu betreten die Natur ihnen doch verwehrte.
„Sie sahen“, so meldet der Bericht, „Kokosbäume in Menge und mit Früchten beladen, deren Milchsaft vielleicht das mächtigste Antiskorbutikum der Welt darstellt; sie nahmen mit Recht an, dass sich hier auch Bananen, Limonen und andere Tropenfrüchte finden würden, und um ihrem Missvergnügen die Krone aufzusetzen, bemerkten sie gar noch Schildkröten am Strande. Alle diese Labungsmittel aber konnten sie jetzt ebenso wenig erlangen, als wären sie durch die halbe Erde davon getrennt gewesen, nur ließ der verlockende Anblick derselben sie ihre Leiden umso schmerzlicher empfinden.“
Byron wollte die Tantalusqualen, denen seine armen Matrosen ausgesetzt waren, nicht unnötig verlängern, er ging vielmehr, nachdem er der Inselgruppe den Namen der „Inseln der Enttäuschung“ beigelegt, schon am 8. Juni wieder unter Segel. Am folgenden Tage erblickte er ein anderes langes, niedriges, mit Kokosbäumen bedecktes Land, in dessen Mitte eine Lagune mit einer kleinen Insel lag. Schon diese Erscheinung bewies den madreporischen Ursprung des Landes und kennzeichnete es als einfaches „Atoll“, das zwar noch keine Insel ist, doch eine solche werden soll. Ein zur Sondierung ausgesendetes Boot fand überall eine steile, mehr einer gekrönten Mauer ähnliche Küste.
Die Urbewohner des Landes ergingen sich inzwischen in zweifellos feindseligen Kundgebungen. Zwei derselben kletterten sogar in das Boot. Der Eine stahl einem Matrosen die Weste, der Andere griff nach der Hutspitze des Hochbootsmannes; da er aber nicht wusste, wie er den Hut erlangen sollte, zog er dessen Besitzer mit zu sich heran, so dass der Hochbootsmann Gelegenheit fand, sich gegen die Diebesgelüste des Wilden zu wehren. Zwei große, mit je dreißig Ruderern bemannte Piroggen machten Miene, die Schaluppen anzugreifen. Diese kamen ihnen indes zuvor, doch entspann sich, als sie ans Land stießen, noch ein Scharmützel, bei dem die, durch die große Übermacht bedrängten Engländer selbst von ihren Feuerwaffen Gebrauch machen mussten. Drei oder vier der Insulaner blieben auf dem Platze.
Am nächsten Tage gingen einige Matrosen und von den Skorbut-Kranken die, welche die Hängematten zu verlassen vermochten, ans Land. Erschreckt durch die am Tage vorher erhaltene Lektion, hielten sich die Eingeborenen verborgen, während die Engländer Kokosnüsse pflückten und andere antiskorbutische Pflanzen einsammelten. Diese Stärkungsmittel gewährten der erschöpften Mannschaft eine so prompte Hilfe, dass nach wenig Tagen kein einziger Kranker mehr an Bord war. Papageien, sehr schöne und äußerst zahme Tauben bildeten nebst wenig anderen Vogelarten die ganze Fauna der Insel, die den Namen „König Georg's-Land“ erhielt. Eine bald darauf entdeckte Insel taufte man „Prince de Gallas“. Alle diese Eilande gehörten zu dem Pomotu-Archipel und werden auch „die niedrigen Inseln“ genannt, ein Name, den sie mit Recht verdienen.
Am 21. zeigte sich eine neue Inselkette, mit einem Gürtel von schäumender Brandung. Byron verzichtete darauf, von derselben eingehendere Kenntnis zu nehmen, da die Landung mehr Gefahr bot, als sie Vorteil versprach. Er nannte sie „die Inseln der Gefahr“.
Sechs Tage später wurde die Herzog-Yorks-Insel entdeckt. Die Engländer fanden hier keine Bewohner, sammelten aber zweihundert Kokosnüsse, die ihnen von unschätzbarem Werte schienen. Weiterhin unter 1° 18' südlicher Breite und 173° 46' westlicher Länge erhielt eine isolierte, östlich vom Gilbert-Archipel gelegene Insel den Namen Byron's. Die Hitze wurde hier wahrhaft unausstehlich, und fast alle, von der weiten Fahrt erschöpften Matrosen, welche nur unzureichende, ungesunde Nahrung hatten und halbverdorbenes Wasser trinken mussten, erlagen bald einer leichten Dysenterie.
Am 28. Juli endlich hatte Byron die Freude, die Inseln Saypan und Tinian aufzufinden, welche zu dem Archipel der Mariannen oder Ladronen gehören, und er warf an derselben Stelle Anker, wo vor ihm Lord Anson mit der „CENTURION“ gelegen hatte.
Sofort wurden Zelte für die Skorbut-Kranken errichtet. Fast alle Matrosen waren von dieser schrecklichen Krankheit befallen und einige nahe dem Ende ihrer Kräfte. Der Befehlshaber unternahm es gleich anfangs, in die dichten, bis zum Strande herabreichenden Wälder einzudringen, um die herrlichen Gefilde aufzusuchen, von denen man im Berichte von Lord Anson's Capellan so entzückende Schilderungen liest. Wie weit entfernt aber blieben sie von der Wirklichkeit, diese enthusiastischen Beschreibungen! Nach allen Seiten erstreckten sich nur undurchdringliche Gehölze, verworrene Pflanzendickichte oder Brombeer- und andere stacheliche Sträucher, welche man nicht durchdringen konnte, ohne sich bei jedem Schritte die Kleider zu zerreißen. Gleichzeitig fielen ganze Wolken von Moskitos über die Leute her und zerstachen sie jämmerlich. Essbares Wild war selten, schwer zu erlangen, das Wasser abscheulich und die Reede endlich in dieser Jahreszeit so gefährlich, wie nur eine sein kann.
Der beabsichtigte Aufenthalt begann also unter schlechten Aussichten. Doch entdeckte man zuletzt noch Limonen, bittere Orangen, Goyaven, Kokosnüsse, Brot- und andere Früchte. Lieferten diese Bodenerzeugnisse einerseits die erwünschtesten Heilmittel für die Skorbut-Kranken, so erzeugte doch die, mit sumpfigen Ausdünstungen geschwängerte Luft so verderbliche Fieber, dass zwei Matrosen daran zu Grunde gingen. Dabei strömte ein unablässiger Regen herab und die Hitze wurde unerträglich. „Ich war auf der Küste von Guinea“, sagt Byron, „in Ostindien, auf der unter dem Äquator liegenden Insel St. Tomas, aber nirgends habe ich eine so entsetzliche Hitze angetroffen.“
Wenigstens konnte man sich hier aber leicht mit Geflügel und wilden Schweinen im durchschnittlichen Gewicht von 200 Pfund, reichlich versorgen, doch musste das Fleisch an Ort und Stelle verzehrt werden, da es schon nach einer Stunde zu faulen begann. Die Fische endlich, welche man hier an der Küste fing, waren so ungesund, dass alle, die davon, selbst nur mäßig aßen, sehr ernstlich erkrankten und wirklich in Lebensgefahr kamen.
Nach neunwöchentlichem Aufenthalte verließen die beiden Schiffe am 1. Oktober, reichlich versehen mit Stärkungs- und Nahrungsmitteln, die Reede von Tinian wieder. Byron gelangte nach der schon von Anson gesehenen Insel Anatacan und steuerte immer weiter nach Norden, um womöglich den Nordost-Monsun zu erreichen, bevor er nach den Bashers kam, einem Archipel im äußersten Norden der Philippinen. Am 22. bekam er die Insel Grafton, die nördlichste jener Gruppe in Sicht, und erreichte am 3. November die Insel Timoan, welche Dampier schon als eine Örtlichkeit bezeichnet hatte, wo man sich leicht mit allerlei Nahrungs- und Erfrischungsmitteln versorgen könne. Die der malaiischen Rasse angehörigen Einwohner aber wiesen die Äxte, Messer und eisernen Instrumente, welche man ihnen als Tauschobjekte für Geflügel anbot, mit Nichtachtung zurück. Sie wollten Rupien haben. Zuletzt begnügten sie sich indessen doch noch mit einigen Taschentüchern als Preis für ein Dutzend Stück Federvieh, eine Ziege und deren Zicklein. Zum Glück erwies sich der Fischfang sehr ergiebig, denn es war fast unmöglich, sich stets frische