– 1698 – 1758
Bouguer und La Condamine trennten sich hier von den Übrigen, beschäftigten sich vorzugsweise mit der Bewegung des Pendels und erreichten auf verschiedenen Wegen Quito.
La Condamine folgte der Küste bis zum Rio de las Esmeraldas und entwarf die Karte des Gebietes, das er nur unter den größten Schwierigkeiten durchzog.
Bouguer dagegen wendete sich südlich gegen Guayaquil, drang durch sumpfige Urwälder und gelangte nach Caracol, am Fuße der Cordillerenkette, zu deren Überschreitung er volle sieben Tage brauchte. Er folgte dabei demselben Wege, wie früher Pater d'Alvarado, auf dem siebzig von dessen Leuten umkamen, darunter die drei ersten Spanier, welche in das Land einzudringen versuchten. In Quito kam Bouguer am 10. Juni an. Diese Stadt zählte damals dreißig- bis vierzigtausend Einwohner, hatte einen Bischof als Gerichtsvorstand und besaß viele religiöse Körperschaften, nebst zwei Kollegien. Das Leben war daselbst sehr billig; nur für fremde Waren wurden ganz unerhörte Preise gefordert; so kostete ein einfacher Glasbecher beispielsweise achtzehn bis zwanzig Francs.
Die Gelehrten bestiegen den Pichincha, einen Berg in der Nachbarschaft Quitos, dessen Ausbrüche der Stadt wiederholt verderblich wurden; sie sahen aber bald ein, dass es untunlich war, die Dreiecke ihres Meridians in solcher erstaunlichen Höhe zu konstruieren, und mussten sich begnügen, die nötigen Signalstangen auf minder emporragenden Hügeln anzubringen.
„Fast tagtäglich beobachtet man auf den Gipfeln dieser Berge“, sagt Bouguer in seiner der Akademie der Wissenschaften vorgelesenen Denkschrift, „eine außergewöhnliche Erscheinung, welche gewiss ebenso alt ist wie die Erde, vor uns jedoch noch von niemand bemerkt worden zu sein scheint. Als wir sie zuerst wahrnahmen, befanden wir uns alle auf einem Berge Namens Pambamarca. Anfangs umhüllte uns eine dichte Wolke, welche bald vorüberzog, so dass wir die Sonne in vollem Glanze aufsteigen sahen. Die Wolke strich darauf an der anderen Seite des Berges hin. Sie war indes kaum dreißig Schritte von uns entfernt, als jeder sein Schattenbild über sich, aber auch nur das seinige erblickte, weil die Dunstmasse natürlich eine unebene Oberfläche hatte. Die geringe Entfernung ermöglichte es, alle Einzelheiten des zweiten Bildes genau zu erkennen; man sah z. B. Arme, Beine und den Kopf ganz deutlich. Am meisten verwunderte es uns aber, dass der letztere mit einer Art Heiligenschein, einer aus drei oder vier kleineren, konzentrischen und sehr lebhaft gefärbten Kreisen bestehenden Aureole umgeben erschien, von denen jeder in den Farben des Regenbogens, mit dem Rot nach außen, erglänzte. Die Abstände dieser Kreise voneinander waren gleich groß; der innerste leuchtete etwas schwächer. In weiter Entfernung zeigte sich dann noch ein großer weißer Ring, der das ganze Bild umrahmte. Das seltsame Phänomen erschien jedem Beobachter wie eine Art Apotheose.“ Da die Instrumente jener Zeit weit unvollkommener waren als die heutigen und vorzüglich der Einwirkung jeder Temperaturveränderung unterlagen, so mussten sie mit größter Sorgfalt und peinlichster Aufmerksamkeit auf alle Nebenumstände gebraucht werden, um nicht durch gehäufte kleine Irrtümer zuletzt ein Resultat mit großem Fehler zu ergeben. Bouguer und seine Begleiter vermieden es daher stets, den dritten Winkel eines Dreiecks aus seinen zwei schon bekannten Winkeln zu berechnen, sondern maßen alle drei Winkel.
Nachdem sie nun die Länge der durchmessenen Strecke in Toisen erhalten, galt es noch festzustellen, welchen Teil des äußeren Erdumfanges dieselbe darstellte? Diese Frage ließ sich aber nur mittelst astronomischer Beobachtungen lösen.
Nach Überwindung vielfacher Hindernisse, die wir hier nicht eingehend schildern können, und manchen merkwürdigen Beobachtungen, unter anderen der der Abweichungen, welche die Anziehung der Berge auf das Pendel veranlasst, gelangten die Gelehrten zu einem Endergebnisse, das die Beobachtungen der nach Lappland entsendeten Kommission allseitig bestätigte. Nicht alle kehrten gleichzeitig nach Frankreich zurück. Jussieu setzte seine naturgeschichtlichen Studien noch mehrere Jahre hindurch fort, und La Condamine wählte zur Rückkehr nach Europa den Weg längs des Amazonenstromes, eine bedeutungsvolle Reise, auf die wir später noch zurückkommen werden.
* * *
Die Kaperkriege im 18. Jahrhundert
Die Kaperkriege im 18. Jahrhundert
Wood-Rodgers' Reise. – Abenteuer Alexander Selkirk's. –
Die Galapagos-Inseln. – Puerto Seguro. – Rückkehr nach England. – Georges Anson's Expedition. – Staatenland. –
Die Insel Juan Fernandez. – Tinia. – Macao. –
Wegnahme der Gallion. – Der Canton-Fluss. –
Ergebnisse der Kreuzfahrt.
In Spanien tobte der Successionskrieg. Darauf beschlossen mehrere Reeder in Bristol, einige Fahrzeuge auszurüsten, um die spanischen Schiffe im Stillen Ozean anzugreifen und die Küsten Südamerikas zu verheeren und zu plündern. Die beiden hierzu bestimmten Schiffe, die „DUC“ und die „DUCHESSE“, unter Führung der Kapitäne Rodgers und Courtney wurden mit aller Sorgfalt ausgerüstet und mit der für eine so weite Reise erforderlichen Provision versehen. Der berühmte Dampier, der sich durch seine abenteuerlichen Fahrten und Seeräubereien einen so hervorragenden Namen erworben hatte, verschmähte es nicht, die Stelle eines Obersteuermannes anzunehmen. Obwohl diese Expedition sich mehr durch materielle Resultate als durch Bereicherung der Erdkunde auszeichnete, enthält die Geschichte derselben doch einige bemerkenswerte Züge, welche der Überlieferung wert sind.
Am 2. August 1708 verließen die „DUC“ und die „DUCHESSE“ die königliche Reede von Bristol. Gleich zu Anfang ist hier zu bemerken, dass für die Mannschaft während der ganzen Dauer der Reise eine Art Tagebuch zum Gebrauch ausgelegt wurde, um alles Vorkommende darin zu verzeichnen, damit die geringsten Irrtümer und die kleinsten Versehen gut gemacht werden könnten, bevor sich die Erinnerung der Tatsachen verwischen konnte. Über die Reise selbst ist bis zum 22. Dezember nichts zu sagen. Am genannten Tage kamen die Falklands-Inseln in Sicht, welche nur wenige Seefahrer berührt haben. Rodgers ging jedoch nicht ans Land; er begnügt sich mit der Bemerkung, die Gestade derselben seien denen von Portland ähnlich, nur weniger hoch als diese.
„Alle Hügel“, fügt er hinzu, „scheinen fruchtbaren Boden zu haben; sie senken sich, mit Bäumen bestanden, allmählich zur Küste, der es nicht an guten Häfen gebricht.“
Diese Inseln besitzen jedoch keinen einzigen Baum, und brauchbare Häfen gibt es, wie wir später sehen werden, sehr wenig. Man erkennt hieraus, wie wenig zuverlässig die Angaben Rodgers' sind, und dass die Seefahrer gut daran getan haben, denselben nicht allzu viel Vertrauen zu schenken.
Von genannter Inselgruppe aus steuerten die Schiffer direkt nach Süden und drangen bis 60° 58' der Breite vor. Hier ward es gar nicht mehr eigentlich Nacht; die Kälte war sehr streng und der Seegang so schwer, dass die „DUCHESSE“ verschiedene Havarien erlitt. Die zur Beratung versammelten Offiziere beider Fahrzeuge erklärten es für unzweckmäßig, noch weiter nach Süden zu segeln, und man schlug nun einen westlichen Kurs ein. Am 15. Januar 1709 überzeugte man sich, dass das Cap Horn umschifft und die kleine Flottille in den Stillen Ozean eingelaufen sei.
Jener Zeit enthielten fast sämtliche Seekarten abweichende Angaben über die Lage der Insel Juan Fernandez.
Auch Wood-Rodgers, der daselbst Wasser fassen und sich mit frischem Fleische versorgen wollte, traf auf jene ganz unerwarteter Weise.
Am 1. Februar setzte er ein Boot aus zur Aufsuchung eines geeigneten Ankerplatzes. Während man dessen Rückkehr erwartete, wurde vom Ufer ein großes Feuer sichtbar. Sollten hier spanische oder französische Schiffe ans Land gegangen sein? Werde man sich das Wasser und die so nötigen Nahrungsmittel erkämpfen müssen? Während der Nacht traf man alle, von der Vorsicht gebotenen Anordnungen, doch zeigte sich auch am folgenden Morgen kein feindliches Schiff. Schon glaubte man, die Gegner hätten sich zurückgezogen, als die Rückkehr der Schaluppe aller Ungewissheit ein Ende machte. Mit dem