Frank Hille

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 24


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      Drei Musketiere

      Eine verlorene Jugend im Krieg

      Band 24

      1945

      Copyright: © 2021 Frank Hille

      Published by: epubli GmbH, Berlin

      www. epubli.de

       Fred Beyer, 16. April 1945, Lindendorf bei Seelow

       Günther Weber, 16. April 1945, Friedersdorf, Gebiet Seelow

       Martin Haberkorn, 17. April 1945, Kiel

       Fred Beyer, 16. April 1945, Lindendorf bei Seelow

       Günther Weber, 16. April 1945, Friedersdorf, Gebiet Seelow

       Martin Haberkorn, Kattegat, 16. April 1945

       Östlich von Beeskow bei Grunow, 16. April 1945

       Martin Haberkorn, Kattegat, 16. April 1945

       Frankfurt/Oder, Fliegerhorst, 17. April 1945

       5 Kilometer südlich von Friedersdorf, 16. April 1945

       Martin Haberkorn, Kattegat, 17. April 1945

       Fred Beyer, 17. April 1945, Lindendorf bei Seelow

       Martin Haberkorn, Kattegat, 17. April 1945

       Östlich von Beeskow bei Grunow, 17. April 1945

       Günther Weber, 17. April 1945, Verlegung

       Fred Beyer, Abend des 17. April 1945, Seelow

      Erst nur tastend, aber dann immer mehr an Intensität gewinnend, hatte sich die sowjetische Artillerie auf die deutschen Stellungen auf den Seelower Höhen eingeschossen. Es war jetzt kurz vor 13 Uhr, und seit dem Angriffsbeginn früh 3 Uhr mussten die gegnerischen Geschütze eine wahnwitzige Anzahl von Granaten verschossen haben. Das Ergebnis der Kanonade war bislang allerdings recht bescheiden geblieben, denn der Großteil der Geschosse hatte nur das Vorfeld der deutschen Linien umgewühlt und zu allem Unglück auch noch in den eigenen Reihen der Russen eingeschlagen und dort erhebliche Verluste verursacht. Um die Vernichtung und das auf dem Schlachtfeld herrschende Chaos noch zu vergrößern, hatten die deutschen Artilleriebatterien in dem Todeskonzert ebenfalls alles hergegeben, was ihre vergleichsweise geringen Anzahl an Geschützen noch leisten konnte. Deren Sperrfeuer hinderte die Russen sehr wirksam am weiteren Vorankommen. Das Tageslicht zeigte jetzt das ganze Ausmaß des verfehlten Angriffsplans: überall waren tote Infanteristen zu erkennen, dazwischen steckten abgeschossene Panzer fest. Fred Beyer hatte als Panzermann in seinen Gefechten mit den Roten immer vor zwei Dingen Respekt gehabt: den berüchtigten Divisionskanonen als PaK-Waffen, und der russischen Artillerie. Mehr als in anderen Armeen war die Artillerie in der Roten Armee immer die bevorzugte schwere Waffengattung gewesen. Woher diese Ausrichtung gekommen war hatte er nie richtig ergründen können. Womöglich lag es an den unterschiedlichen Militärdoktrin der einzelnen Mächte. Die Wehrmacht hatte zeitig und erfolgreich auf eine sehr bewegliche Kriegsführung gesetzt, und diese mit dem „Blitzkrieg“ umgesetzt. Zwangsläufig, wegen der begrenzten Kapazitäten und Ressourcen in Deutschland, hatten die schweren und sehr unbeweglichen Waffen der Kanonenartillerie dort nicht die erste Geige gespielt, sondern die Panzer. Unverständlicherweise war Deutschland trotz der Fokussierung auf die Panzerwaffe bei einer weitestgehend handwerklichen Fertigung geblieben, und konnte so nie nennenswerte Produktionsstückzahlen an Kampfwagen erreichen. Ganz anders waren die Sowjets und Amerikaner vorgegangen, die eine Massenfertigung weniger Modelle aufgezogen hatten. Das Ergebnis dieser unterschiedlichen Herangehensweisen zeigte sich bei Seelow eindrucksvoll. Zirka 500 deutschen Panzern standen mehr als 3.100 russische gegenüber. Bei den Soldaten betrug das Kräfteverhältnis etwa 1 zu 5, in Bezug auf die Artillerie 1 zu 10. Es war von vornherein eine verlorene Schlacht für die Wehrmacht.

      Fred Beyer hatte sich noch kurz mit dem Stab besprochen und sich in sein Führungsfahrzeug abgemeldet. So wie er es angekündigt hatte, würde er seine Panzerabteilung von vorn führen und selbst in die Kämpfe eingreifen. Bevor er in den Panzer eingestiegen war hatte er sich noch einen Moment auf den Turm gestellt und das Gefechtsfeld vor sich mit dem Feldglas beobachtet. Ohne Pause stiegen Explosionswolken auf und brachten Tod und Verderben. Die russischen Truppen kamen nur im Schneckentempo voran, weil sie vor allem der schlammige Boden daran hinderte. Eine übliche Angriffsformation, Panzer werden von der Infanterie begleitet, konnte er nirgendwo erkennen. Jeder dort vor ihm schien auf eigene Faust zu handeln und hatte wohl das Ziel, schnell möglichst nah an den Höhenzug heranzukommen, um dem Artilleriebeschuss zu entkommen. Dass er dann in Reichweite der deutschen Panzerkanonen und der auf den Bodenkampf eingerichteten brachialen 8,8-Zentimeter-Flak geraten würde war wohl weniger fürchterlich als das vernichtende Sperrfeuer. In der letzten Phase des Angriffs würden die MG 42 aber noch ganze Brechen in die Reihen der Stürmenden reißen.

      Witali Ryschkin lag mit den Männern seines Infanteriezuges im Dreck. Er war mit insgesamt 28 Männern in drei Gruppen angetreten. Nachweislich hatte es bis jetzt 13 erwischt. Da sie beim Vorgehen eng zusammengeblieben waren hatte er mit ansehen müssen, wie die Granaten unter seinen Leuten aufgeräumt hatten. Eine Gruppe von drei Soldaten war von einem Volltreffer keine zehn Meter von Ryschkin entfernt zerrissen worden. Die hochgerissene Erde war mit Körperteilen der Männer vermischt gewesen und zu Ryschkins Entsetzen war ein noch in einem Stiefel steckendes abgerissenes Beinteil fast vor seinem Gesicht gelandet. Vier andere hatten sich hinter einem der wenigen vorwärtsgekommenen T 34 wohl in Sicherheit gefühlt und wollten hinter dem Panzer geduckt her stapfend vorrücken. Zu diesem Zeitpunkt waren sie noch schätzungsweise 3.000 Meter von dem Höhenzug entfernt gewesen. Die Bedrohung lag jetzt vor allem im Artilleriebeschuss durch die Deutschen als auch durch die eigenen Waffen. Ryschkin hatte einmal gehört, dass sich Panzer auf kürzere Entfernungen so um die 1.000 Meter bekämpfen würden, die auf der Höhe waren jetzt vermutlich noch nicht in der Lage sie zu beschießen. Er war gerade dabei sich wieder aufzurichten um weiter zu gehen, da hörte er in dem tobenden Explosionslärm einen peitschenartigen Knall. Ein paar Schritte links neben dem Panzer sprang eine Detonationssäule auf. Es war offensichtlich keine Sprenggranate gewesen, deren Explosion wäre größer ausgefallen. Während er noch darüber nachdachte und nun endlich auf die Beine kommen wollte, schien der T 34 plötzlich wie von einer gewaltigen und unsichtbaren Faust gerüttelt zu werden. Es gab einen harten metallischen Schlag, und das Fahrzeug blieb abrupt stehen. Im Bruchteil einer Sekunde sprangen alle Luken des Panzers auf und daraus züngelten lodernde und fauchende Flammen meterhoch empor. Nach einem weiteren winzig kurzen Augenblick wurde der über 30 Tonnen schwere Stahlkoloss durch die Explosion der im Inneren gelagerten Munition zerrissen. Der Turm wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert, aus dem Motor- und Kampfraum wurden Einbauten, Teile von Aggregaten,