Bridget Sabeth

Die Ehre meiner Seele


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       Vorbemerkung

      Die Handlung dieses Romans ist frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Das Schloss in Eichstätt hat es nie gegeben.

      Einige historische Aspekte sind eingeflossen, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, und gelegentlich etwas abgeändert wurden.

      

      

      

      

      

      

       Zweites Buch

       Prolog

       August 1882

       Es war ein herrlicher Sommertag. Zahlreiche Gäste hatten sich zum Gartenfest auf dem Böhmer-Hof eingefunden. Heinrich galt als großzügiger Gastgeber und viele kamen gerne seinen Einladungen nach. Die Tische bogen sich unter den aufgetragenen Köstlichkeiten: diversen Pasteten, frisch gebackenem Brot und Obst aus der Region. Ringsum standen Blumenarrangements. Auf der eigens aufgebauten Tanzfläche befanden sich am höher gelegenen Podest Musikanten, die mit ihrem Spiel beginnen würden, sobald der Gastgeber das Zeichen erteilte. Die Stimmung war ausgelassen und zeigte sich in heiteren Gesichtern, angeregtem Austausch und fröhlichem Lachen.

       Heinrich Böhmer hatte sich vor Jahren von einem einfachen Mann emporgearbeitet. Die Offene Handelsgesellschaft florierte. Als er vom Ableben des Besitzers dieses Anwesen vernahm, zögerte er keinen Augenblick und konnte nun ein Haus aus dem siebzehnten Jahrhundert sein Eigen nennen. Hinzu kamen ein angrenzender Stall, in dem Heu lagerte, etwas Wald sowie eine entlegene Hütte. Der Besitz brachte es auf ein Gesamtausmaß von zweihundert Morgen Land.

       Es ertönte ein helles Klingen, als Heinrich mit einem Löffel gegen ein halbgefülltes Weinglas schlug. Die Gäste unterbrachen ihre Gespräche und starrten gebannt zum Hausherrn, der sich von seinem Platze erhoben hatte und alle willkommen hieß. »Schön, dass so viele meiner Einladung gefolgt sind. Heute haben wir wahrlich Grund zur Freude, nicht nur, weil sich das Wetter von der schönsten Seite zeigt, sondern ich möchte diesen Zeitpunkt nicht ungenutzt verstreichen lassen und darf euch allen meine künftige Braut präsentieren.«

       Erstaunen breitete sich unter den Besuchern aus und ein zufriedenes Grinsen offenbarte sich auf Heinrichs Antlitz. Er genoss die Verwunderung der anderen, immerhin war er eher dafür bekannt, seine Gunst keiner speziellen, sondern allen willigen Frauen zu schenken. Doch diese Zeiten waren vorbei. Er sehnte sich nach einem Erben. Heinrich reichte seine Hand einem jungen Mädchen mit blondem Haar. »Darf ich euch Teresa vorstellen, mein zukünftiges Weib.«

       Das Mädchen erhob sich folgsam, hielt den Kopf gesenkt und starrte auf den Boden.

      Bin ich eine Kuh auf einem Viehmarkt? Teresa spürte all die prüfenden Blicke auf ihrem Leib, als würde sie gerade feilgeboten werden. Sengende Hitze stieg ihr ins Gesicht.

       Heinrich hielt ihre zarten Finger mit seiner fleischigen, schweißnassen Hand. Er war ein halbes Jahrhundert älter als sie. Es graute ihr vor den ehelichen Pflichten, die in absehbarer Zeit auf sie zukommen würden. Ihr zukünftiger Gemahl humpelte stark und litt an einer schweren Form der Gicht. Der Gedanke an den massigen Körper, seine großen Pranken und die verlebte Haut, ließ sie vor Ekel erschauern. Sie hatte keine Wahl. Ihre Eltern sahen in Heinrich eine hervorragende Partie, der sie aus dem Elend führte. Ihr wurde übel.

      Ohne zu zögern, verkaufen sie meinen Leib und meine Seele.

      Teresa sah direkt in Heinrichs Augen. Sein Blick glitt lüstern über ihren Körper. Sie zählte die Tage, bis die Gnadenfrist abgelaufen war: Zwanzig. Dann würde sie mit diesem Greis vor dem Traualtar stehen und durch ihn zur Frau werden.

       Ihre Kehle verengte sich. Dass sie ihre Jungfräulichkeit an Heinrich verlor, war widerlich genug, doch noch schlimmer war die Gewissheit, diesem herrischen Mann schutzlos ausgeliefert zu sein.

       Heinrich führte vor aller Augen ihre Finger an seine Lippen und drückte einen besitzergreifenden Kuss in die Handinnenfläche. »Die unschuldige, körperliche und geistige Reinheit hat mich von Anbeginn verzaubert«, fuhr er enthusiastisch fort, »und in absehbarer Zeit, meine lieben Gäste, wird mich dieses Wesen nicht nur mit ihren herrlichen Rundungen in meinen Nächten wärmen, sondern mir auch einen Erben schenken.«

       Teresas Knie zitterten, sie schwankte. Von hinten griff stützend ihre Mutter ein und zog sie auf den Stuhl, ehe die Beine völlig den Dienst versagten. Es erklang allgemeines Gelächter, was Teresa zusehends beschämte. »Wie kannst du so ein Bündnis befürworten?«, zischte sie fassungslos der Mutter zu.

       »Schweig still! Das ist deine Pflicht!«

       Teresa drehte sich von ihrer Mutter weg, Tränen rannen über das Gesicht hinab und der Kehle entflohen gequälte Seufzer. Musik erklang. Während sich die anderen vergnügten, blieb Teresa allein auf ihrem Platz zurück.

      

       »So traurig, meine Schöne?« Jemand reichte ihr ein Tuch. Sie wischte damit rasch die Tränen fort.

       »Du heißt Teresa, wie ich vernommen habe. Ein hübscher Name. Darf ich mich vorstellen: Mathias Krüger.«

       Sie schüttelte die gereichte Hand, ehe sie sich umsah. Ihr Zukünftiger stand inmitten seiner Gäste, die Eltern entdeckte sie nicht.

       »Keine Sorge, ich habe Heinrichs Erlaubnis, mit dir ein Tänzchen zu wagen.«

      Erstaunt blickte sie empor in seine grünen Augen. Er sah stattlich aus, mit dem vollen braunen Haar und einem gepflegten Vollbart. Welch ein Kontrast zu Heinrich! Sie ergriff den dargebotenen Arm und ließ sich von Mathias auf die Tanzfläche führen.

       »Bist du immer so schweigsam?«

       »Verzeiht.« Teresa räusperte sich, damit ihre Stimme fester klang. »Für alle ist heute ein Freudentag, nur für mich ist es der grausamste meines Lebens. Da finde ich kaum Worte.«

       »Dann ist die Wahl des Bräutigams ein Diktat deiner Eltern?«

       »Seht Euch den alten Bock an, den sie gewählt haben. Wie könnte ich … jemals … Allein beim Gedanken, ihm nah zu sein …«

       Sie spürte selbst, wie ihre Rundungen an seinem Leib vibrierten.

       »Komm! Folge mir!« Ohne auf eine Entgegnung zu warten, zog Mathias sie an der Hinterseite vom Tanzparkett herunter.

       »Wohin …?«, fragte Teresa atemlos, während sie sich von der ausgelassenen Stimmung entfernten. Sie lief neben ihm her.

       »Dorthin, wo du die künftigen Gräuel mit einer wahrhaft schönen Erinnerung überdecken kannst.«

       Beide eilten zum nahegelegenen Stadel. Kaum hatte Mathias die große Holztür verschlossen, spürte Teresa seine Lippen auf dem Mund. Das gefiel ihr, mehr, als sie erwartet hatte. Sie stieß angenehme, lustvolle Laute aus.

       Mathias nestelte an ihrem ecrufarbenen Baumwollkleid, das mit Volants, Spitzen und Seiden-Schleifen verziert war und legte ihre Brüste frei, deren Spitzen sich ihm knospenartig entgegenstreckten.

       »Schon der erste Blick, den ich auf dich werfen durfte, zeigte mir, dass sich in dir ein Juwel verbirgt. Deine Süße ist herrlich.«

       »Ich … Ihr …«

       »Vertrau mir. Ich schmecke, dass du reif bist und ich werde dich pflücken. Ganz zart, aber unwiederbringlich, sodass ich ewiglich in dir eingebrannt bleibe.«