Bridget Sabeth

Die Ehre meiner Seele


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nur Widerwillen hervorrief. Sie schloss die Augen und ließ Mathias gewähren, wie es ihm beliebte. Beide sanken ins Heu.

      

      *

       April 1883

       Eine Droschke hielt direkt vor dem Schloss des Freiherrn Carl Königshofer von Eichstätt. Hastig stürzte eine junge Frau mit gerundetem Bauch, der auf eine baldige Niederkunft hinwies, heraus. So schnell es ihr möglich war, schritt sie die Steinstufen zum Eingangsprotal hinauf. Ohne anzuklopfen, trat sie ein, sah sich suchend in der Empfangshalle um, als sich vom Ostflügel die Hofmeisterin näherte.

       »Magdalena!«, rief die Frau. Sie atmete schwer. »Was ist mit Carl? So sag doch! Wo befindet er sich?«

       »Frau Böhmer, macht Euch keine Sorgen. Doktor Huber ist gerade bei ihm und untersucht ihn.«

       »Ist er in seinem Schlafgemach?«

       Magdalena nickte.

       »Ich muss zu ihm! Auch wenn es unschicklich wirkt.«

       »Natürlich. Ihr kennt den Weg.«

       Über die Haupttreppe gelangte Teresa Böhmer ins Dachgeschoss. Sie hielt kurz inne, schnappte nach Luft, da die Aufregung und Schwangerschaft ihr sichtlich zusetzten.

       Plötzlich öffnete sich eine Tür.

       »Doktor Huber!« Sie eilte zu ihm hin.

       »Psst! Der Freiherr ist soeben eingeschlafen. Ich habe ihm ein Schmerzmittel gegeben.«

       »Dann bitte ich Euch um ein kurzes Gespräch im Weißen Salon. Wenn Ihr mir folgen würdet.« Teresa wartete keine Erwiderung ab, sondern wendete sich um und schritt voraus.

       Der Arzt kam ihrer Aufforderung nach. Sie gelangten in den Salon. Die heitere Ausstrahlung des Zimmers durch das helle Interieur im Verbund mit den Teilvergoldungen wirkte auf Teresa wie blanker Hohn. An Wänden und der Zimmerdecke befand sich Stuck. Im Konsolenspiegel entdeckte sie ihre vor Angst geweiteten Augen.

       »Nehmt bitte Platz!« Sie deutete auf den mit Seidendamast bespannten Stuhl. »Darf ich Euch etwas zum Trinken anbieten?«

       »Nein. Danke. Meine Zeit drängt.«

       Teresa blieb ebenfalls stehen.

       »Euch ist allerdings bewusst, dass ich ohne die Billigung Eures Verlobten nicht über die Einzelheiten seiner Verletzung sprechen darf.«

       »In wenigen Wochen bin ich seine Gemahlin! Ich denke, dass Carl diese Zustimmung keineswegs verweigern würde.«

       »Wie Ihr meint.«

       »Also, gibt es Grund zur Besorgnis?«

       »Wie soll ich sagen … Der Freiherr hatte Glück im Unglück.«

       »Damit wollt Ihr was zum Ausdruck bringen?«

       »Der heftige Hufschlag des Rosses hat die Hoden Eures Verlobten sehr in Mitleidenschaft gezogen.«

       »Oh, mein Gott!«, hauchte sie. »Was bedeutet das?«

       »Das ist eine Verletzung, die ich keinem Mann wünsche. Aber seid unbesorgt, sein Leben ist in keiner Weise in Gefahr. Allerdings gehe ich aufgrund der massiven Schwellung davon aus, dass der Baron dadurch seine Zeugungsfähigkeit verlieren wird.«

       Entsetzt sank Teresa auf einem Stuhl nieder. »Was erzählt Ihr da? Das darf Carl niemals erfahren! Oder habt Ihr es ihm schon gesagt?«

       »Nein. Dennoch möchte ich dem Freiherrn das nicht verschweigen, sondern mich ihm offenbaren, sobald die heftigen Schmerzen abgeklungen sind und seine Aufnahmefähigkeit besser ist.«

       »Weshalb die Pferde scheu machen, wenn vielleicht eine minimale Chance besteht, es könnte anders sein?«

       Doktor Huber kratzte sich nachdenklich am Kinn.

       »Dieses Wissen möchte ich meinem künftigen Gemahl nicht zumuten. Was kann ich tun, damit Ihr den entsetzlichen Verdacht für Euch behaltet? Vor allem wird die Zeit zeigen, ob Ihr richtig liegt.«

       »Ihr bringt mich tatsächlich ins Wanken. Ich verstehe Eure Besorgnis, natürlich auch die Hoffnung, dass der Freiherr eines Tages einen Nachfolger zeugt. Dass Ihr fruchtbar seid, habt Ihr ja schon bewiesen.« Doktor Huber wies auf den gerundeten Bauch.

       Teresa erhob sich. »Raubt uns diese Hoffnung nicht! Ich bitte Euch. Aufs Innigste!« Sie griff an ihr Collier und öffnete den Verschluss. »Hier, nehmt das. Eure Verschwiegenheit soll keineswegs unbelohnt bleiben.«

       »Nein, das kann ich niemals annehmen.«

       »Ihr müsst! Es ist sehr wertvoll mit den Diamanten und Smaragden. Tauscht es ein bei einem Händler und sucht Euch stattdessen etwas Schönes für Eure Frau aus. Wie ich gehört habe, wollt Ihr demnächst ebenfalls den Ehebund eingehen.«

       »Ist diese Kette ein Geschenk Eures Verlobten?«

       »Es ist für mich nur ein Stück unter vielen. In Wahrheit ist all der Schmuck im Vergleich zu Carls Seelenwohl bedeutungslos.«

       »Damit kann ich Eurer Ansinnen immer weniger ablehnen.«

       »Tut es nicht!« Teresa ließ ihre Kette in die offene Hand des Arztes gleiten.

       »Ich werde meine Vermutung auf ewige Zeiten bewahren.« Er verbarg das Schmuckstück in seiner Arzttasche. »Am Abend sehe ich nochmals nach dem Baron. Wichtig sind im Augenblick eine gute Kühlung und absolute Schonung. Sollte er in den nächsten Tagen fiebern, so ist das eine natürliche Reaktion des Körpers.«

       Teresa legte die Hand auf ihren Bauch und stöhnte leise auf.

       »Ihr seid ganz blass. Ich hoffe, es ist nur die Aufregung, oder möchte das Kind schon kommen?«

       »Nein. Es sind noch ein paar Tage Zeit.«

       »Seid Ihr sicher? Es würde mich nicht wundern …«

       »Mein Körper bereitet sich nur auf die Geburt vor, aber es sind keine regelmäßigen Wehen.«

       »Woher nimmt eine junge Frau diese Sicherheit und das Wissen?«

       »Ich habe schon viel gesehen und erlebt. Wichtig ist im Augenblick nur, dass es meinem Mann bald besser geht, und wenn wir in einigen Monaten unsere Hochzeit feiern, ihn keine Beschwerden mehr plagen.«

       »Bis dahin ist er wiederhergestellt. Ich bin mir allerdings sicher, dass er sogar auf allen vieren zum Altar kriechen würde, um Euch zur Gemahlin zu nehmen.«

       Teresa errötete. »Mir bleibt im Augenblick nur mein verbindlichster Dank!«

       Sie reichte ihm die Hand.

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