Antonio De Matteis

MIT 6 EURO DURCH EUROPA


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Hunde sind ganz nervös. Es ist später geworden, als wir dachten und bald wird es dunkel. Also mache ich etwas Druck, daraufhin hebt der Bürgermeister endlich die Fahne hoch.

      Auf die Plätze, fertig, los!

      Die Leute jubeln, wünschen uns Glück, klatschen die Hände und winken.

      „Ciao, wir sehen uns hoffentlich in mehr als einem Jahr wieder.“,

      brüllen wir in die Menge zurück.

      Jetzt noch eine Ehrenrunde durch die wichtigste Arterie der Stadt.

      Viele begleiten uns mit dem Fahrrad, auch das Fernsehteam ist mit einem Roller mit dabei. Die Fahrt durch die hügelige Stadt erweist sich für uns, mit dem schweren Gespann, als eine Tortur, besonders für Sabine.

      Sie ist froh, wenn wir das hier hinter uns gebracht haben. Nach und nach verlassen uns die Begleiter. Nun geht auch der Letzte. Wir sind endlich aus der Stadt.

      Es ist fast dunkel. Wir müssen schnell irgendwo ein Nachtlager ausfindig machen. Nur gut, dass ich die Gegend hier kenne. Ich weiß in etwa wo ein Platz ist, der für uns in Frage kommt.

      Keine zwei km aus der Stadt schlagen wir unser Zelt, neben einem bewohnten Haus in einem Olivenhain, auf. Für heute reicht es. Wir machen nur das Nötigste. Die Hunde bekommen zu fressen und dann die verdiente Nachtruhe. Für alle war heute ein sehr anstrengender, ereignisreicher und turbulenter Tag. Gute Nacht!

      Tag 6 - km 137

      22. August 2008

      Abb.8- Die offizielle Abfahrt aus Ostuni in Süditalien.

      Abb. 9-Der Empfang der Gemeindedelegation in Latiano.

      KAPITEL 4

      VON OSTUNI ÜBER LATIANO NACH TARANTO

      23. BIS 25. AUGUST 2008

      Ich liebe es, wenn mich frühmorgens die Vögel mit ihrem sanften Gesang vom Schlaf erlösen. Es ist herrlich, wie hunderte verschiedene Töne zu einer Sinfonie zusammen gezaubert werden. Eine Improvisation der Natur und das, bevor ich überhaupt die Augen geöffnet habe. Es ist schön so aufzuwachen.

      Ich stehe auf und gehe zuerst mit den Hunden Gassi, Sabine soll noch eine Weile schlafen. Der gestrige Tag war sehr anstrengend für sie.

      Der ganze Rummel war auch für die Kleinen nicht so toll, aber ich denke, sie werden sich an neue Situationen gewöhnen. Es wird alles neu sein.

      Jeden Tag ständig wechselndes Terrain, neue Leute, neue Gerüche, neue Schlafplätze und auch der Tagesablauf hat nichts gemeinsam mit dem, was sie von zu Hause her kennen.

      Aber sie sind sehr flexibel. Es sind glückliche und zufriedene Tiere, solange sie uns und ihr Futter haben. Ganz egal wo das ist. Mehr verlangen sie nicht.

      Sie spüren unsere Gefühlslage. Bei Freude spielen und freuen sich mit uns und bei Traurigkeit schmiegen sie sich an. Das sind Anpassungskünstler. Für sie ist diese Abenteuerfahrt das Aufregendste, was ihnen passieren konnte.

      Das Frühstück schmeckt uns an diesem schönen Sommermorgen besonders gut. Wir haben das Gefühl, dass wir alle gestern optimale Arbeit geleistet haben. Alles was wir gemacht haben, war nahezu professionell. Dabei haben wir nichts davon geprobt.

      Die Filmaufnahmen zum Beispiel oder das Auftreten vor einem Publikum, die Interviews vor laufender Kamera. Selbstbewusst die vielen Fragen der Leute und Reporter beantwortet.

      Es ist unglaublich, was man alles schaffen kann, wenn man seine Ideale mit einer gewissen Leidenschaft, Ehrgeiz und Erfolgsdurst durchsetzen will.

      Man fühlt sich stark. Man merkt plötzlich, wie viel Potenzial in einem steckt! Ich glaube, diese Reise hat noch mehr Überraschungen für uns parat.

      Es geht auf einem geteerten Feldweg weiter, meine „Ragazza“ strampelt sich warm durch die sehr farbenprächtige Campagna, dann schaut sie kurz zu mir nach hinten und leicht hechelnd sagt sie:

      „Im Gegensatz zu gestern sind die Gespanne etwas schwerer geworden oder?“

      Ich erlaube mir einen Witz und antworte ihr:

      „Du hast bestimmt den Anker noch nicht rein geholt!“

      In der nächste Sekunde, ganz unangekündigt, legt sie eine Vollbremsung hin, so dass ich, der ja die ganze Zeit über direkt hinter ihr, quasi Stoßstange an Stoßstange fuhr, nicht mehr reagieren kann und es kommt wie es kommen muss.

      Ich fahre schon seit meinem achtzehnten Geburtstag Fahrzeuge verschiedenster Art und Größe, bestimmt schon einige Millionen Kilometer weit.

      Das ist aber mein erster Auffahrunfall!

      Ich bin sprachlos, sogar schockiert, oder habe ich ein Auffahrunfall-Trauma? Wie soll ich mich jetzt rechtfertigen? Soll ich mich überhaupt rechtfertigen oder habe ich gar keine Chance?

      In Carovigno machen wir kurz am Brunnen im Stadtpark halt und waschen uns etwas von den Schweiß ab.

      Sabine hält mir immer noch Vorträge, wie schlecht meine Reaktion doch ist! Sie meint, meine Fahrweise lässt zu wünschen übrig. Ich solle mir an ihr ein Beispiel nehmen!

      Ich bin ruhig und gelassen, dabei denke ich, dass sie eine Frau ist und DNA-bedingt immer Recht hat. Also kaue ich an meinem Stück Brot und singe in Gedanken „La Paloma“, mit der Hoffnung, dass sie noch vor der französischen Grenze mit den Vorwürfen aufhört!

      Hier waren wir schon während der Trainingszeit. Daher kennen wir die Strecke gut und wissen genau, wo die streunenden Hunde sind.

      Das ist aber nicht unbedingt von Vorteil, denn man kann ihnen nicht ausweichen. Wir können nur hoffen, dass sie sich während unserer Durchfahrt woanders aufhalten. Einfach um uns etwas Ärger zu ersparen.

      In einem kleinen Geschäft kaufe ich eine italienische Fahne ein und stecke sie hinten an mein Wägelchen an. So flattert sie im Fahrtwind und erfüllt gleich zwei Funktionen. Die Autofahrer sehen uns besser und man weiß, aus welchem Land man kommt.

      Auch heute stehen große Artikel in den Tageszeitungen über uns. Viele Leute haben uns im Fernsehen gesehen. Das merken wir, weil sie uns zuwinken und grüßen.

      Gegen Mittag kommen wir in San Vito dei Normanni an und würden uns gerne kurz auf der Piazza aufstellen.

      Aber es ist Mittagszeit. Das heißt, alle Geschäfte sind schon geschlossen. Folglich sind keine Leute mehr unterwegs und obendrein ist es sehr heiß. 36 Grad zeigt das Thermometer an. Das ist auch für uns zu heiß, deswegen flüchten wir regelrecht aus der Stadt raus und machen eine lange Pause mit Siesta unter einem Olivenbaum.

      Um 18 Uhr kommen wir in Latiano an. Vor dem Touristenbüro wartet ein Empfangskomitee auf uns.

      Die Delegation der Stadt setzt sich aus einigen Assessoren zusammen. Der Leiter des Touristenbüro Prof. Galasso hat die Ehrung initiiert, zusammen mit Signor Zizzi, dem Bürgermeister, der aber leider nicht kommen konnte.

      Ich kenne diese Leute persönlich. Letztes Jahr haben sie mich für meine Fahrradreise durch Europa 2006 mit einem Pokal geehrt. Unser Weg führt nicht zufällig durch diese Stadt, die sich nochmal geehrt fühlt, uns auf unserer neuen Reise begrüßen zu dürfen.

      Das ist der Satz, den Professor Galasso bei den Interviews immer wieder ausspricht. Sicher machen sie Werbung für sich und ihre Partei, aber wir haben auch unsere großen Auftritte in den Medien und das ist es, was wir immer anstreben werden. Nur so kommt unsere Botschaft an die Masse.

      Sie haben einen großen Tisch mit