der Geist eines Volkes im Staate, und die Sittlichkeit besteht in beiden in dem Gefühle, dem Bewusstsein und dem Wollen nicht der individuellen Persönlichkeit und Interessen, sondern der allgemeinen aller Glieder derselben. Aber diese Einheit ist in der Familie wesentlich eine empfundene, innerhalb der Naturweise stehenbleibende; die Pietät der Familie ist von dem Staate aufs höchste zu respektieren; durch sie hat er zu seinen Angehörigen solche Individuen, die schon als solche für sich sittlich sind (denn als Personen sind sie dies nicht), und die für den Staat die gediegene Grundlage, sich als eines mit einem Ganzen zu empfinden, mitbringen. Die Erweiterung der Familie aber zu einem patriarchalischen Ganzen geht über das Band der Blutsverwandtschaft, die Naturseiten der Grundlage hinaus, und jenseits dieser müssen die Individuen in den Stand der Persönlichkeit treten. Das patriarchalische Verhältnis in seinem weiteren Umfang zu betrachten, würde namentlich auch dahin führen, die Form der Theokratie zu erwägen; das Haupt des patriarchalischen Stammes ist auch der Priester desselben. Wenn die Familie noch überhaupt nicht von der bürgerlichen Gesellschaft und dem Staate geschieden ist, so ist auch die Abtrennung der Religion von ihr noch nicht geschehen und umso weniger, als ihre Pietät selbst eine Innerlichkeit des Gefühls ist.
Wir haben zwei Seiten der Freiheit betrachtet, die objektive und die subjektive; wenn nun als Freiheit gesetzt wird, dass die einzelnen ihre Einwilligung geben, so ist leicht zu ersehen, dass hier nur das subjektive Moment gemeint ist. Was aus diesem Grundsatze natürlich folgt, ist, dass kein Gesetz gelten könne, außer wenn alle übereinstimmen. Hier kommt man sogleich auf die Bestimmung, dass die Minorität der Majorität weichen müsse; die Mehrheit also entscheidet. Aber schon J. J. Rousseau hat bemerkt, dass dann keine Freiheit mehr sei, denn der Wille der Minorität wird nicht mehr geachtet. Auf dem polnischen Reichstage musste jeder einzelne seine Einwilligung geben, und um dieser Freiheit willen ist der Staat zugrunde gegangen. Außerdem ist es eine gefährliche und falsche Voraussetzung, dass das Volk allein Vernunft und Einsicht habe und das Rechte wisse; denn jede Faktion des Volkes kann sich als Volk aufwerfen, und was den Staat ausmacht, ist die Sache der gebildeten Erkenntnis und nicht des Volkes.
Wenn das Prinzip des einzelnen Willens als einzige Bestimmung der Staatsfreiheit zugrunde gelegt wird, dass zu allem, was vom Staat und für ihn geschehe, alle einzelnen ihre Zustimmung geben sollen, so ist eigentlich gar keine Verfassung vorhanden. Die einzige Einrichtung, der es bedürfte, wäre nur ein willenloser Mittelpunkt, der, was ihm Bedürfnisse des Staates zu sein schienen, beachtete und seine Meinung bekannt machte, und dann der Mechanismus der Zusammenberufung der einzelnen, ihres Stimmgebens und der arithmetischen Operation des Abzählens und Vergleichens der Menge von Stimmen für die verschiedenen Propositionen, womit die Entscheidung schon bestimmt wäre. Der Staat ist ein Abstraktum, der seine selbst nur allgemeine Realität in den Bürgern hat, aber er ist wirklich, und die nur allgemeine Existenz muss sich zu individuellem Willen und Tätigkeit bestimmen. Es tritt das Bedürfnis von Regierung und Staatsverwaltung überhaupt ein, eine Vereinzelung und Aussonderung solcher, welche das Ruder der Staatsangelegenheiten zu führen haben, darüber beschließen, die Art der Ausführung bestimmen und Bürgern, welche solche ins Werk setzen sollen, befehlen. Beschließt z. B. auch in Demokratien das Volk einen Krieg, so muss doch ein General an die Spitze gestellt werden, welcher das Heer anführe. Die Staatsverfassung ist es erst, wodurch das Abstraktum des Staates zu Leben und Wirklichkeit kommt, aber damit tritt auch der Unterschied von Befehlenden und Gehorchenden ein. Gehorchen aber scheint der Freiheit nicht gemäß zu sein, und die befehlen, scheinen selbst das Gegenteil von dem zu tun, was der Grundlage des Staates, dem Freiheitsbegriffe entspreche. Wenn nun einmal der Unterschied von Befehlen und Gehorchen notwendig sei, sagt man, weil die Sache sonst nicht gehen könne, – und zwar scheint dieses nur eine Not, eine der Freiheit, wenn diese abstrakt festgehalten wird, äußerliche und selbst ihr zuwiderlaufende Notwendigkeit zu sein, – so müsse die Einrichtung wenigstens so getroffen werden, dass so wenig als möglich von den Bürgern bloß gehorcht und den Befehlen so wenig Willkür als möglich überlassen werde, der Inhalt dessen, wofür das Befehlen notwendig wird, selbst der Hauptsache nach vom Volke, dem Willen vieler oder aller einzelnen bestimmt und beschlossen sei, wobei aber doch wieder der Staat als Wirklichkeit, als individuelle Einheit, Kraft und Stärke haben soll. Die allererste Bestimmung ist überhaupt: der Unterschied von Regierenden und Regierten; und mit Recht hat man die Verfassungen im allgemeinen in Monarchie, Aristokratie und Demokratie eingeteilt, wobei nur bemerkt werden muss, dass die Monarchie selbst wieder in Despotismus und in die Monarchie als solche unterschieden werden muss, dass bei allen aus dem Begriffe geschöpften Einteilungen nur die Grundbestimmung herausgehoben, und damit nicht gemeint ist, dass dieselbe als eine Gestalt, Gattung oder Art in ihrer konkreten Ausführung erschöpft sein solle, vornehmlich aber auch, dass jene Arten eine Menge von besonderen Modifikationen, nicht nur jener allgemeinen Ordnungen an ihnen selber, sondern auch solche zulassen, welche Vermischungen mehrerer dieser wesentlichen Ordnungen, damit aber unförmliche, in sich unhaltbare, inkonsequente Gestaltungen sind. Die Frage in dieser Kollision ist daher, welches die beste Verfassung sei, das ist, durch welche Einrichtung, Organisation oder Mechanismus der Staatsgewalt der Zweck des Staates am sichersten erreicht werde. Dieser Zweck kann nun freilich auf verschiedene Weise gefasst werden, zum Beispiel als ruhiger Genuss des bürgerlichen Lebens, als allgemeine Glückseligkeit. Solche Zwecke haben die sogenannten Ideale von Staatsregierungen und dabei namentlich Ideale von Erziehung der Fürsten (Fénelon) oder der Regierenden, überhaupt der Aristokratie (Plato) veranlasst, denn die Hauptsache ist dabei auf die Beschaffenheit der Subjekte, die an der Spitze stehen, gesetzt worden und bei diesen Idealen an den Inhalt der organischen Staatseinrichtungen gar nicht gedacht worden. Die Frage nach der besten Verfassung wird häufig in dem Sinne gemacht, als ob nicht nur die Theorie hierüber eine Sache der subjektiven freien Überzeugung, sondern auch die wirkliche Einführung einer nun als die beste oder die bessere erkannten Verfassung die Folge eines so ganz theoretisch gefassten Entschlusses, die Art der Verfassung eine Sache ganz freier und weiter nicht als durch die Überlegung bestimmter Wahl sein könne. In diesem ganz naiven Sinne beratschlagten zwar nicht das persische Volk, aber die persischen Großen, die sich zum Sturz des falschen Smerdis und der Magier verschworen hatten, nach der gelungenen Unternehmung, und da von der Königsfamilie kein Sprössling mehr vorhanden war, welche Verfassung sie in Persien einführen wollten; und Herodot erzählt ebenso naiv diese Beratschlagung.
So ganz der freien Wahl anheimgegeben, wird heutiges Tages die Verfassung eines Landes und Volkes nicht dargestellt. Die zugrunde liegende, aber abstrakt gehaltene Bestimmung der Freiheit hat zur Folge, dass sehr allgemein in der Theorie die Republik für die einzig gerechte und wahrhafte Verfassung gilt, und selbst eine Menge von Männern, welche in monarchischen Verfassungen hohe Stellen der Staatsverwaltung einnehmen, solcher Ansicht nicht widerstehen, sondern ihr zugetan sind; nur sehen sie ein, dass solche Verfassung, so sehr sie die beste wäre, in der Wirklichkeit nicht allenthalben eingeführt werden könne, und wie die Menschen einmal seien, man mit weniger Freiheit vorliebnehmen müsse, so sehr, dass die monarchische Verfassung unter diesen gegebenen Umständen und dem moralischen Zustande des Volkes nach die nützlichste sei. Auch in dieser Ansicht wird die Notwendigkeit einer bestimmten Staatsverfassung von dem Zustande, als einer nur äußern Zufälligkeit, abhängig gemacht. Solche Vorstellung gründet sich auf die Trennung, welche die Verstandesreflexion zwischen dem Begriffe und der Realität desselben macht, indem sie sich nur an einen abstrakten und damit unwahren Begriff hält, die Idee nicht erfasst oder, was dem Inhalt, wenn auch nicht der Form nach, dasselbe ist, nicht eine konkrete Anschauung von einem Volke und einem Staate hat. Es ist noch späterhin zu zeigen, dass die Verfassung eines Volkes mit seiner Religion, mit seiner Kunst und Philosophie oder wenigstens mit seinen Vorstellungen und Gedanken, seiner Bildung überhaupt (um die weiteren äußerlichen Mächte, sowie das Klima, die Nachbarn, die Weltstellung nicht weiter zu erwähnen) eine Substanz, einen Geist ausmache. Ein Staat ist eine individuelle Totalität, von der nicht eine besondere, obgleich höchst wichtige Seite, wie die Staatsverfassung, für sich allein herausgenommen, darüber nach einer nur sie betreffenden Betrachtung isoliert beratschlagt und gewählt werden kann. Nicht nur ist die Verfassung ein mit jenen andern geistigen Mächten so innig zusammen Seiendes und von ihnen Abhängiges, sondern die Bestimmtheit der ganzen geistigen Individualität mit Inbegriff aller Mächte derselben ist nur ein Moment in der Geschichte des Ganzen und in dessen Gange vorherbestimmt, was die höchste Sanktion der Verfassung sowie deren höchste Notwendigkeit ausmacht. Die erste Produktion eines Staates