Thomas Ahrendt

Extropia


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Erde endet. Und das immerhin für viele Millionen von Jahren, denn das Leben wird aus negativer Entropie gespeist. Die Weltraumtechnik verspricht eine Vielzahl von Anwendungen und Nutzungsmöglichkeiten, die der wirtschaftlichen (stofflichen) Entropieerzeugung in entscheidenden Punkten entgegenwirken. Zum einen in dem wohl hauptsächlichen Punkt der negentropischen Energieversorgung und zum anderen durch die Erschließung neuer Stoffressourcen und damit die Öffnung des geschlossenen Entropiesystems Erde zu einem offenen entropischen Lebensraum. Danach ist die Erde (heute) ein geschlossenes Entropiesystem, sie bekommt Energie von der Sonne und strahlt ihrerseits Energie in den Weltraum zurück. In diesem für das Leben und Weiterbestehen der Art Mensch so existenziellen Punkt kann Weltraumtechnik die große Wende herbeiführen: Im extropianischen Raumzeitalter verwandelt der Mensch die Erde zu einem offenen System, das Energie und Materie mit seiner kosmischen Umwelt austauschen kann. Angestoßen und realisiert wird diese Öffnung durch die kulturelle Leistung des Menschen, die Barth, um im entropischen Bild zu bleiben, als kulturelle Negentropie bezeichnet.

      Der Transhumanismus hat zum Ziel, die weitere Evolution des Menschen durch wissenschaftliche und technische Mittel zu beschleunigen - über die derzeitigen menschlichen Formen und Grenzen hinaus (frei von Religionen und Dogmen) und die Ausweitung des menschlichen Lebensraums (nicht zuletzt mit den Mitteln der Raumfahrt). Die Ziele der Transhumanisten sind Lebensverlängerung bzw. Unsterblichkeit, Abschaffung des Alterns, Steigerung der Intelligenz und der Konstitution des menschlichen Körpers. So wie Humanismus basiert der Transhumanismus auf dem Wert der Humanität und sieht keinen Grund, an unbekannte, übernatürliche Kräfte, die angeblich unser Schicksal kontrollieren, zu glauben. Das Ziel bzw. das Endstadium des Transhumanismus ist der „Posthumanismus“ – die Verkörperung von Extropie, Hyperintelligenz, Information, Energie, Vitalität, Erfahrung, Verschiedenheit, Anpassungsfähigkeit und Wachstum sowie die Konstruktion von Computern, deren Rechenleistung um Größenordnungen über der heute erreichbaren liegt, zum Zwecke künstlichen Bewusstseins und des „Uploadings“, des (menschlichen) Bewusstseinstransfers, d.h. die Übertragung der kompletten menschlichen Persönlichkeit auf Computern mit ausreichender Rechenleistung und künstliche Hardware, um praktisch Unsterblichkeit zu erreichen (Sicherungskopien des Gehirns machten dies möglich), aber auch um viele einzelne Geister zu einem "Super-Bewusstsein" planetaren Maßstabs zu verbinden, was der Beginn einer Intelligenz wäre, die auf kosmischen Skalen agiert (sogenannte Kardaschow-Superzivilisationen vom Typ I – III).

      Posthumane werden aber nicht wie wir auf ordinären Planeten leben, sondern „Cybertopia“ bewohnen: ein Reich der Freiheit im Cyberspace. Dazu werden Nanomaschinen die Gehirninhalte der Cybernauten Synapse für Synapse auf elektronische Speichermedien übertragen und in die interkontinentalen, interplanetaren, interstellaren und vielleicht in intergalaktische Computernetze hochladen. Cybertopia wird aus „Computronium“ bestehen, aus zu Computern umgewandelter Materie (vielleicht auch Dunkle Materie?). Die Synthese von Computronium wäre eine Gipfelleistung der materiell-kosmischen Evolution, denn Computronium hat das Potenzial, "Stoff" unserer postbiologischen Existenz und darüber hinaus zu einer Eigenschaft der Raumzeit zu werden - wie etwa die Schwerkraft. Dabei ist Computronium weit mehr als nur Werkzeug und Objekt, es ist einerseits Lebensraum für (künstliches) Leben, andererseits aber auch selbst lebendig. Im ausgereiften Cyberspace wird jedes Staubkörnchen (durch Nano- oder Femtocomputer) zu Computronium, zum Teil einer wichtigen Rechnung oder zum Speichern von Daten werden. Als virtuelle Lebewesen wären die posthumanen Extropianer unsterblich, wobei die digitalisierten Gehirninhalte jederzeit auf Roboterkörper (Avatare) oder Klone herunterkopiert werden könnten. Und selbstverständlich böte die Digitalisierung unserer Persönlichkeit ebenfalls die angenehme Option, sie wie alle digitalen Dokumente zu bearbeiten, um unerwünschte Charakterzüge und schlechte Erinnerungen zu löschen, zumindest aus unserem aktiven Gedächtnis, und statt dessen Fähigkeiten und Erfahrungen einspeichern, die uns angenehmer sind oder mehr Vorteile bieten.

      Leben und Bewusstsein

      Was ist Leben: Leben lässt sich definieren als Besitz der Organisation von Materie und nicht als Besitz einer Materie, die organisiert ist. Bei der Definition von Leben braucht man sich nicht nur auf organische (Kohlenstoff) Chemie beschränken, ja nicht mal auf einen physikalisch aufgebauten Körper, solange die Prozesse, die Verhaltensweisen, die für Leben typisch sind, realisiert sind (Selbstreproduktion, Stoffwechsel, Wachstum, angepasste Reaktionen usw.) Nach der üblichen Vorstellung ist "Leben" ein zwar komplexer, aber vor allem ein carbaquistischer Prozess[1], der stark abhängig von der Materie bzw. dem Substrat ist. Wenn ich eine Kopie meines Gehirns mit derselben Struktur machen könnte, jedoch unter Verwendung anderer Materialien, würde die Kopie dann denken, dass sie gleich ich ist? Ist Materie die Grundlage von Bewusstsein, dann können Leben und Bewusstsein niemals von Fleisch und Blut, das heißt von der Biologie wegevolvieren und intelligente Computer sind unmöglich. Kohlenstoff- Leben kann dann nur solange existieren, wie die Bedingungen dafür günstig sind, solange also flüssiges Wasser und freie Energie verfügbar sind. Aber auch dann ist die Lebensdauer begrenzt, da es nur einen endlichen Vorrat an freier Energie hat. Die Quellen der freie Energie, auf die Leben für seinen Stoffwechsel angewiesen ist, werden durch die fortschreitende kosmische Expansion schließlich erschöpft sein. Sollte „Struktur” die Bewusstseinsgrundlage sein, dann kann Leben jede nur mögliche materielle Verkörperung annehmen, die für seine Zwecke optimal ist und dann sind intelligente Computer möglich (und in der Biologie können Skalengesetze angewandt werden).

      Wenn aber analoge Prozesse auch auf anderen Systemen basieren können, scheint für Leben nicht die Substanz bzw. das Substrat entscheidend zu sein, sondern das Muster und Muster ist nur ein anderer Name für Information. Wobei Leben konkreter ein dynamisches Muster, ein Prozess ist. (Die ersten Lebewesen waren möglicherweise sich selbst kopierende Muster von Defekten in Metallkristallen, die auf Kohlenstoffmoleküle übertragen wurden.) Das Fortdauern lebender Muster beruht auf einer Wechselwirkung mit ihrer Umwelt, wodurch sich die in dem Muster codierte Information zwar ständig (leicht) verändert, aber diese Varianz wird durch das Feedback auf eine enge Bandbreite eingeschränkt. Neben Information ist Komplexität ein weiterer grundlegender Faktor für Leben; es ist abhängig von einem Maß an Komplexität. Jenseits dieser kritischen Masse können sich (Proto-)Lebensformen fortlaufend selbst reproduzieren, wobei sie nicht nur Ihresgleichen erschaffen, sondern sogar Ursprung für kompliziertere Objekte sein können (Evolution). Bestes Beispiel dafür ist die Entwicklung von der RNA-Welt über relativ einfache, einzellige Organismen zu so komplexen Lebewesen wie den Säugetieren und den Menschen (als vorläufigen Höhepunkt). Außerdem ist diese These das beste Gegenargument für den "Vitalismus". Trotzdem es die mystische Vis vitalis nicht gibt, die lebende von toter Materie trennt, existiert tatsächlich eine Art Lebenskraft in biologischen Systemen - eben Komplexität. Als 3. Faktor ist "Selbstorganisation" grundlegend mit der Entstehung des Lebens verbunden. Selbstorganisation muss als eine Kraft der Natur verstanden werden, die die Evolution unterstützt und das System so in Richtung einer größeren Komplexität schiebt. Leben will sich entwickeln , auch gegen scheinbar unüberwindliche Hindernisse. Verantwortlich dafür ist weder eine Lebenskraft noch Zauberei, sondern ein substantieller Kern der Natur, der selbst reproduzierende Objekte möglich, wenn nicht sogar unvermeidlich macht, wenn alle 3 Faktoren (Information, Komplexität, Selbstorganisation) ausreichend vorhanden sind. Leben wie wir es kennen, ist aus der Perspektive der Thermodynamik ein sogenanntes offenes System: Lebewesen tauschen mit ihrer Umwelt Materie (über Nahrung und Stoffwechselendprodukte) und Energie (über Stoffwechselprozesse und Schwitzen) aus. In weit entfernter Zukunft wird die Entropie soweit zugenommen und sich die nutzbare Energie derart verringert haben, dass Leben nicht mehr möglich sein wird. Ein Ausweg wäre nun, die kosmische Entropie in ihr Gegenteil umzukehren, also die Negentropie zu erhöhen (was Leben auf der Erde ja schon seit Gigajahren macht). Dabei stellt sich heraus, das die Evolution - in Verbindung mit der Selbstorganisation - entgegengesetzt zur Zunahme der Entropie im Universum verläuft; sie offensichtlich ein Gegenspieler des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik ist.

       Hans Hass – Energontheorie und Theorie der Hyperzeller

       Die vom Meeresforscher und theoretischen Wissenschaftler Hans Hass entwickelte Energontheorie besagt, dass sich Berufstätigkeit