Dante Alighieri

Die Göttliche Komödie


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hütest

       Herabzugehn zum Mittelpunkt vom Licht,

       Wohin du schon zurückzukehren glühtest.

       Willst du es denn so tief ergründen, spricht

       Die Hohe darauf, so will ichs kürzlich sagen.

       Ich fürchte mich vor diesem Dunkel nicht.

       Vor solchem Übel ziemt sich wohl zu zagen,

       Das mächtig ist und leicht uns Schaden tut,

       Vor solchem nicht, bei welchem nichts zu wagen.

       Gott schuf mich so, daß ich in seiner Hut

       Frei von den Nöten bin, die euch durchschauern,

       Und nicht ergreift mich dieses Brandes Glut.

       Ein edles Weib im Himmel sieht mit Trauern

       Das Hindernis, zu dem ich dich gesandt,

       Drum kann der harte Spruch nicht länger dauern.

       Sie flehte, zu Lucien hingewandt:

       Dein Treuer braucht dich jetzt im harten Streite,

       Darum empfehl ich ihn in deine Hand.

       Lucia, die sich ganz dem Mitleid weihte,

       Bewegte sich zum Orte, wo ich war,

       In Ruhe sitzend an der Rahel Seite.

       Sie sprach: Beatrix, Gottes Preis fürwahr!

       Hilfst du ihm nicht, ihm, der aus großer Liebe

       Für dich entrann aus der gemeinen Schar,

       Als ob dein Ohr taub seinen Klagen bliebe,

       Als sähest du ihn nicht im Wirbel dort,

       Bedroht, mehr als ob Meeressturm ihn triebe?

       Nicht eilt so schnell auf Erden einer fort,

       Den Gier nach Glück und Furcht vor Leid betören,

       Wie ich herabgeeilt bei solchem Wort,

       Von meinem Sitz in jenen selgen Chören,

       Vertraund auf deiner würdgen Rede Macht,

       Die Ruhm dir bringt und allen, die sie hören—

       Als nun Beatrix solches vorgebracht,

       Da wandte sie die Augenstern in Zähren,

       Und dies hat mich nur schneller hergebracht.

       So komm ich denn daher auf ihr Begehren,

       Das Untier von dir scheuchend, dems gelang,

       Den kurzen Weg des schönen Bergs zu wehren.

       Was also ist dir? Warum weilst du bang?

       Was herbergst du die Feigheit im Gemüte?

       Was weicht dein Mut, dein kühner Tatendrang,

       Da sich drei heilge Himmelsfraun voll Güte

       Für dich bemühn und dir mein Mund verspricht,

       Daß ihre treue Sorge dich behüte?"

       Gleichwie die Blum im ersten Sonnenlicht,

       Beim nächtgen Reif gesunken und verschlossen,

       Den Stiel erhebt und ihren Kelch entflicht;

       So hob die Kraft, erst schmachtend und verdrossen,

       In meinem Herzen sich zu gutem Mut,

       Und ich begann, frohsinnig und entschlossen:

       "O wie ist sie, die für mich sorgte, gut!

       Wie freundlich bist auch du, der den Befehlen

       Der Herrlichen so schnell Genüge tut l

       Schon fühl ich mich zu heißer Sehnsucht stählen

       Von deinem Wort, schon fühl ich, nicht mehr bang,

       Vom ersten Vorsatz wieder mich beseelen.

       Drum auf, in beiden ist ein gleicher Drang,

       Herr, Führer, Meister, auf zum großen Wege!"

       Ich sprachs zu ihm, und, folgend seinem Gang,

       Schritt ich daher auf waldig rauhem Stege.

      Dritter Gesang

      Durch mich gehts ein zur Stadt der Qualerkornen,

       Durch mich gehts ein zum ewgen Weheschlund,

       Durch mich gehts ein zum Volke der Verlornen.

       Das Recht war meines hohen Schöpfers Grund;

       Die Allmacht wollt in mir sich offenbaren;

       Allweisheit ward und erste Liebe kund.

       Die schon vor mir erschaffnen Dinge waren

       Nur ewige; und ewig daur auch ich.

       Laßt, die ihr eingeht jede Hoffnung fahren.

       Die Inschrift zeigt in dunkler Farbe sich

       Geschrieben dort am Gipfel einer Pforte,

       Drum ich: Hart, Meister, ist ihr Sinn für mich.

       Er, als Erfahrner, sprach dann diese Worte:

       "Hier sei jedweder Argwohn weggebannt,

       Und jede Feigheit sterb an diesem Orte.

       Wir sind zur Stelle, die ich dir genannt,

       Hier wirst du jene Jammervollen schauen,

       Für die das Heil des wahren Lichtes schwand."

       Er faßte meine Hand, daher Vertrauen

       Durch sein Gesicht voll Mut auch ich gewann.

       Drauf führt er mich in das geheime Grauen.

       Dort hob Geächz, Geschrei und Klagen an,

       Laut durch die sternenlose Luft ertönend,

       So daß ich selber weinte, das begann.

       Verschiedne Sprachen, Worte, gräßlich dröhnend,

       Handschläge, Klänge heiseren Geschreis,

       Die Wut, aufkreischend, und der Schmerz, erstöhnend—

       Dies alles wogte tosend stets, als seis

       Im Wirbel Sand, durch Lüfte, die zu schwärzen

       Es keiner Nacht bedarf, im ewgen Kreis.

       Und, ich vom Wahn umstrickt und bang im Herzen,

       Sprach: Meister, welch Geschrei, das sich erhebt?

       Wer ist doch hier so ganz besiegt von Schmerzen?

       Und er: "Der Klang, der durch die Lüfte bebt,

       Kommt von den Jammerseelen jener Wesen,

       Die ohne Schimpf und ohne Lob gelebt.

       Gemischt find die Nicht-Guten und Nicht-Bösen

       Den Engeln, die nicht Gott getreu im Strauß,

       Auch Meutrer nicht und nur für sich gewesen.

       Die Himmel trieben sie als Mißzier aus,

       Und da durch sie der Sünder Stolz erstünde,

       Nimmt sie nicht ein der tiefen Hölle Graus."

       Ich drauf: Was füllt ihr Wehlaut diese Gründe?

       Was ist das Leiden, das so hart sie drückt?

       Und er: "Vernimm, was ich dir kurz verkünde.

       Des Todes Hoffnung ist dem Volk entrückt.

       Im blinden Leben, trüb und immer trüber,

       Scheint ihrem Neid jed andres Los beglückt.

       Sie kamen lautlos aus der Welt herüber,

       Von Recht und Gnade werden sie verschmäht.

       Doch still von ihnen—Schau und geh vorüber."

       Ich schaute hin und sah im Kreis geweht,

       Ein Fähnlein ziehn, so eilig umgeschwungen,