Franz Treller

Verwehte Spuren


Скачать книгу

etwa hundert Schritten, deutete auf das Ufer und sagte: »Hier bringen Kanoe ins Wasser.« Sie hielten dicht am rechten Ufer und Jones gewahrte nun auch Fußspuren, die ungeschickt verwischt waren und den Eindruck, den das Boot bei seinem Herablassen ins Wasser gemacht hatte.

      »Du hast recht, John. Hier muß der Iltis ein Boot versteckt gehalten haben. Aber was meinst du, ist nun zu tun?«

      »Gleich sehen. Er sitzen in Boot und lassen Pferd an langem Strick hinter her schwimmen, werden gleich sehen, wo gelandet.«

      Er führte das Boot in den Fluß zurück und ruderte dann, sich am linken Ufer haltend, kräftig stromauf. Sie mochten etwa tausend Schritt zurückgelegt haben, als das Ufer höher anstieg und der Indianer sagte: »Hier nicht landen, drüben.«

      Er fuhr quer über den Strom, noch einige hundert Schritt am rechten Ufer hinauf, wandte dann und ruderte, sich immer dicht am Lande haltend, zurück. Das Wasser wurde hier flacher und war von dichtem Schilfe eingefaßt. Plötzlich hielt er an. Aus dem Rohre, am Rande desselben, ragten einige junge, dichtbelaubte Bäume hervor.

      »Hier er gehen an Land.«

      »Hier, John? Du irrst dich hier ist ja absolut nichts zu bemerken.«

      »Hier er gehen an Land,« sagte der Indianer, ergriff einen der Bäume und hob ihn mit leichter Mühe aus dem Wasser empor, er war abgehauen und das zugespitzte Ende in den weichen Uferschlamm gesteckt. Mit den andern machte er es ebenso und warf sie in den Strom. Nun ward klar, daß diese nur die Stelle verbergen sollten, wo Boot und Pferde durch das Schilf gebrochen waren. Athoree trieb das Kanoe in das Schilf, in die, nachdem die deckenden Büsche entfernt waren, deutlich wahrnehmbare Oeffnung hinein, wo sie alsbald auch in dem weichen Boden voll ausgetretene Hufspuren erblickten.

      »Also hier?«

      »Hier. Er sehr dumm, wenn glauben, damit Indianer zu täuschen.«

      »Aber wo wollen die Halunken hier auf dem rechten Ufer hin?«

      »Werden sehen,« sagte Athoree, »er andre holen, dann weiter reiten,« und beide stiegen ins Boot. Vom Flusse aus riefen sie den Gefährten zu, das Ufer zu wechseln und alsbald setzte die Schar durch die ziemlich seichte Furt, die Pferde Jones' und des Indianers mit sich führend. In Eile ward das Kanoe so gut als möglich am Ufer versteckt und der Indianer voran, trabte die Schar das Ufer entlang durch den Wald.

      Sie erreichten in wenigen Minuten die breite Fährte, welche in den Wald hineinführte quer vom Wasser ab.

      Die Reiter hielten einen Augenblick und betrachteten die Spuren.

      »Meine schönen Tiere,« murmelte Jones ingrimmig, »wehe den Halunken, wenn ich sie erwische.«

      »Wo die Spitzbuben eigentlich hier hin wollen? Nach Norden zu an den Pineriver? Das möchte ich bezweifeln,« sagte nachdenklich der Konstabel. »Hier herum ist weder Haus noch Straße, nur Wald und Sumpf, und was wollen sie auch am Pineriver?«

      »Der Iltis kennt die Wälder hier gut, er wird schon wissen, wo er hin will, verlaßt Euch darauf, Weller, aber ich denke, wir werden ihm und seiner Schlauheit gewachsen sein. Hier müssen wir sie erreichen. Ich fürchtete einen Augenblick, sie hätten weiter unten wieder das Ufer gewechselt, um den Pineriver zu gewinnen.«

      Sie verfolgten nun rasch die tief eingetretene Spur.

      Nach einiger Zeit hielt der Indianer und alle ahmten ihm nach.

      »Was hast du, John?«

      »Gehen und sehen.« Alle schwiegen.

      Er sprang aus dem Sattel und schlich zur Seite der Spur durch die Büsche. Nach einiger Zeit kehrte er zurück.

      »Pferde in Sumpf.«

      »In den Sumpf? Wie ist das möglich?«

      »Selbst sehen, Konstabel und Jones.«

      Die beiden stiegen ab und schlichen dem vorangehenden Indianer nach. Nach einigen hundert Schritten standen sie an einem rechts und links sich weit ausdehnenden, mit schlammigem Wasser bedeckten Sumpf.

      Die Spur führte direkt hinein. Die drei Männer standen einen Augenblick stumm.

      »Sie sind richtig in den Sumpf gebracht. Was bedeutet das? Indessen wo die durchkommen, kommen wir auch durch, wir reiten nach.«

      »Wollen im Schlamm versinken, wie?«

      Der Konstabel sagte nachdenklich: »Wir hörten schon vor Jahren, als die Pferdediebstähle bei uns so arg waren, daß in einem der Sümpfe hier oben am Muskegon sich ein Schlupfwinkel der Gesellen befinde. Wir konnten nur nie erfahren, wo. Also das war hier? Die Kerls haben darin festen Boden und kennen natürlich eine sichere Furt, die ja wohl hier in der Nähe sein muß.«

      Der Indianer betrachtete das Wasser dicht am Ufer und ging, langsam und vorsichtig, die Büchse schußfertig in der Hand, daran hin. Nach etwa hundert Schritten blieb er stehen und sagte zu den beiden Männern, die ihm leise und vorsichtig, gleichfalls mit schußfertigen Waffen, gefolgt waren: »Hier Furt.«

      »Woran siehst du das?«

      »Er führen, um zu täuschen, Pferde am Ufer im Wasser hierher. Da gegangen, Pferde treiben auf ihrem Wege Blätter und Wasserlinsen hinweg, er kommen hinter ihnen wieder langsam zusammen aber nicht ganz dicht er kleiner dünner Streifen bis hierher dort nicht mehr Streifen, hier Furt, Pferde nicht weiter am Ufer gehen.«

      »Bei Jove, Indianer,« sagte Weller, »du bist ein bewundernswerter Bursche auf der Fährte. Jetzt,« wandte er sich an den nicht minder über den Scharfsinn des Indianers erstaunten Jones, »erhaltet Ihr Eure Pferde und ich hoffentlich meinen Morris, und zwar lebendig. Gehen wir zurück.«

      Leise wurde den andern mitgeteilt, was das Resultat ihres Forschens gewesen sei.

      »Ja,« sagte Grover zu Edgar, »wenn John nüchtern ist, ist er im Walde nicht mit Gold aufzuwiegen.«

      »Was aber nun?« begann der Konstabel. »Die Nacht bricht bald herein, wir müssen hier in der Nähe lagern und die Furt bewachen lassen, Männer, kalkuliere ich. Können heute nichts mehr tun, müssen alles auf morgen versparen. Ist's nicht so, Männer?«

      »Hast recht, Konstabel, wollen so tun. Möchte in den blutigen Sumpf heute nicht hineinreiten. Wollen ein Lager beziehen, etwas in den Wald hinein, und morgen dann sehen,« sagte Jones. Alle waren damit einverstanden. Zwei der jüngeren Leute wurden bestimmt, die Furt zu bewachen, bis man sie ablösen würde, mit dem strikten Befehl, sowie etwas Verdächtiges sich zeige, eine Büchse abzufeuern, und die andern ritten langsam einige hundert Schritte in den Wald hinein, wo sie eine lichtere Stelle fanden. Dort stiegen sie ab und richteten sich, zu lagern. Die Pferde wurden angebunden und von dem mitgebrachten Hafer gefüttert, die Männer nahmen ihre wollenen Decken und legten sich nieder. Mundvorrat wurde hervorgezogen und ihm nach scharfem Ritte kräftig zugesprochen. Während anfänglich die Meinung vorherrschte, es sei unvorsichtig und werde die Verfolgten warnen, wenn Feuer angezündet würden, glaubte man endlich doch bei der Entfernung vom Feinde und der bewachten Furt es wagen zu dürfen, besonders da die Kühle des Abends sich bemerklich machte, das erwärmende Element hervorzurufen. Bald loderten Holzstöße empor, um welche sich die Farmer behaglich niederließen. Grover und seine beiden Gäste saßen zusammen.

      »Nun, Fremde, wie gefällt euch eine solche Jagd?«

      Die beiden Deutschen hatten während des Rittes alle Vorgänge aufmerksam verfolgt, und absonderlich die von so scharfer Beobachtungsgabe zeugenden Wahrnehmungen des Indianers angestaunt, ohne sich indessen durch Fragen etwa störend in den Gang der Dinge einzumischen. Beide waren erfahrene Waldleute nach europäischer Art und erprobte Krieger und wußten, daß man auf der Jagd oder vor dem Feinde Schweigen beobachtet.

      »Es ist für mich,« entgegnete Graf Edgar, »ungewöhnlich interessant, einer solchen Aktion beizuwohnen, und ich bewundere die Energie und die Klugheit, mit welcher hierbei zu Werke gegangen wird, besonders von Leuten, die doch eigentlich das Kriegshandwerk nicht treiben.«

      »Kalkuliere, Mann,« sagte lächelnd sein Wirt, »seid in einem gewaltigen Irrtum. Sind kaum zwei