Franz Kugler

Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz"


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sanfter Ton wiederum dem Vater wenig zusagte. Mehr noch hing er literarischen Beschäftigungen nach; der Glanz der französischen Poesie, besonders das blitzende mutwillige Spiel, mit welchem die jugendlichen Geister Frankreichs gerade zu jener Zeit den Kampf gegen verjährte Institutionen begonnen hatten, zog ihn, der gleichen Sinn und gleiche Kraft in sich fühlte, mächtig an. Aber solche Interessen waren gar wenig nach dem Sinne des Vaters. Dann liebte er es auch, wenn der Letztere fern war, den engen Soldatenrock abzuwerfen, bequeme, französisch moderne Kleider anzuziehen, sein schönes Haar, das er aus den Händen jenes Chirurgen gerettet hatte, aufzuflechten und in zierliche Locken zu kräuseln. Dies allein war schon hinreichend, wenn der Vater davon Kunde erhielt, seinen Zorn zu erwecken. So ward manch eine böse Stunde herbeigerufen; der König gedachte mit Strenge durchzugreifen, aber er machte sich dadurch das Herz des Sohnes nur immer mehr abwendig. „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet“, so rief der König oft im Unmut aus; „er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben!“

      Diese Missstimmung warum so trauriger und sie machte umso verderblichere Fortschritte, als es an einer Mittelsperson fehlte, die zugleich das Vertrauen des Vaters und des Sohnes gehabt und nach beiden Seiten hin begütigend und abmahnend gewirkt hätte. Die Mutter hätte in solcher Stellung für den Frieden des königlichen Hauses äußerst wohltätig wirken können; leider jedoch war alles, was sie tat, nur geeignet, das Missverhältnis immer weiter zu fördern. Die angeborene Güte ihres Herzens war nicht so stark, dass sie es über sich vermocht hätte, sich mit Aufopferung ihrer eigenen Wünsche dem Willen des Königs unterzuordnen. Schon in früheren Jahren, wenn sie zu bemerken glaubte, dass die Kinder dem Vater größere Liebe bewiesen als ihr, fand sich hierdurch ihr mütterliches Gefühl gekränkt; um ihre vermeintlichen Vorrechte zu behaupten, ging sie sogar so weit, den Kindern in einzelnen Fällen Ungehorsam gegen den Vater einzuprägen. Leicht mag hierdurch der erste Same zu dem unerfreulichen Verhältnis zwischen Vater und Sohn ausgestreut worden sein. Von schlimmeren Folgen war ein Plan, den sie, zunächst zwar mit Einstimmung des Königs, gefasst hatte und den sie mit Hartnäckigkeit, trotz der widerwärtigsten Zustände, die daraus entsprangen, festzuhalten strebte. Es war der Plan, das Haus ihres Vaters durch eine Doppelheirat aufs Neue mit dem ihrigen zu verbinden, um dereinst die Krone von England auf dem Haupte ihrer ältesten Tochter zu erblicken; diese, die Prinzessin Wilhelmine, sollte nämlich dem Sohne des damaligen Kronprinzen von England, ihres Bruders, und ihrem eigenen Sohne, dem Kronprinzen Friedrich, sollte eine englische Prinzessin verlobt werden.

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      Schwester Wilhelmine

      (Siehe Band 140 in dieser gelben Buchreihe)

      Schon früh war von diesem Plane gesprochen worden, und man hatte sich von beiden Seiten dazu bereit erklärt; auch kam es, trotz verschiedener Zögerungen, die durch unwürdige Zwischenträgereien hervorgerufen waren und die dem Könige von Preußen manchen Verdruss verursacht hatten, in der Tat zu einigen näheren vorläufigen Bestimmungen zwischen beiden Höfen. Ja, die Folgen hiervon waren so bedeutend, dass Friedrich Wilhelm sich, im Jahre 1725, zu einem Bündnis mit England und Frankreich, welches einem zwischen Österreich und Spanien abgeschlossenen Bündnisse die Waage halten sollte und welches ihm zugleich besondere Vorteile zu eröffnen schien, überreden ließ, so sehr er im Grunde seines Herzens überzeugt war, dass für Deutschland nur aus dem festen Zusammenhalten seiner einzelnen Glieder Heil erstehen könne. Aber immer und immer wieder wurde von England der letzte Abschluss rücksichtlich jener beabsichtigten Doppelheirat hinausgeschoben. Es trat eine Spannung zwischen beiden Höfen ein. Das Unglück wollte endlich, dass sich die preußischen Werber, wie überall, so auch an der hannöverschen Grenze schwere Ungebührlichkeiten erlaubten, was denn keineswegs dazu diente, das schwankende Verhältnis wiederherzustellen. Bald wollte König Friedrich Wilhelm gar nichts mehr von jener Doppelheirat wissen.

      Zugleich aber hatte das Bündnis Preußens mit England die Besorgnis des österreichischen Kaiserhofes erweckt; durch dasselbe war die Macht der Gegner nicht unbedeutend verstärkt und dabei einem einzelnen Reichsfürsten, der schon halb unabhängig dastand und dessen kriegerische Macht nicht übersehen werden konnte, ein Übergewicht gegeben, welches der Oberherrschaft, die Österreich in Deutschland zu erhalten und zu vergrößern bemüht war, gefährlich werden konnte. Man sah die dringende Notwendigkeit ein, Preußen von jenem Bündnisse wieder abzuziehen und, wenn möglich, für Österreich zu gewinnen. Es wurde zu diesem Zwecke der kaiserliche General Graf Seckendorf nach Berlin gesandt.

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      Friedrich Heinrich von Seckendorf

      Dieser wusste die eingetretene Spannung zwischen England und Preußen so klug zu benutzen und das ihm aufgetragene Werk mit solcher Geschicklichkeit auszuführen, dass schon im Oktober 1726, zu Wusterhausen, ein Traktat Preußens mit Österreich zustande kam, der nicht geradezu gegen England gerichtet sein sollte. Als Hauptbedingung dieses Traktates hatte Friedrich Wilhelm die Anforderung gemacht, dass der Kaiser seine Ansprüche auf die Erbfolge von Jülich und jedenfalls auf die von Berg garantieren sollte, wogegen er der sogenannten pragmatischen Sanktion – die den Töchtern des Kaisers, in Ermangelung männlicher Nachkommen, die Erbfolge zu sichern bestimmt war – beizutreten versprach.

      Der Kaiser, Karl VI., hatte sich jener Anforderung des Königs von Preußen scheinbar gefügt; aber er war so wenig ernstlich bedacht, die preußische Macht vergrößern zu helfen, dass er gleichzeitig auch mit Pfalz-Sulzbach einen Vertrag schloss, der diesem Hause die in Anspruch genommene Erbfolge in Jülich und Berg sicherte.

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      Kaiser, Karl VI.

      Durch die mannigfachsten Kunstgriffe wusste er jedoch den König von Preußen, der natürlich auf einen festen, vollkommenen Abschluss dieser Angelegenheiten drang, eine Reihe von Jahren hinzuhalten. Auch gelang dies so gut, dass Friedrich Wilhelm vor der Hand dem Kaiser treu ergeben blieb, denn sein deutsches Gemüt fühlte eine innere Genugtuung in solcher Verbindung; zugleich hatte Seckendorf dafür gesorgt, dass der vorzüglichste Günstling des Königs, der General (später Feldmarschall) von Grumbkow, durch ein stattliches Jahrgeld in das Interesse des österreichischen Hofes gezogen wurde.

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      General Joachim Ernst von Grumbkow

      Dieser war nun fort und fort bemüht, den König in seiner Gesinnung zu befestigen.

      So teilte sich der preußische Hof in zwei Parteien, eine österreichische und eine englische, die von beiden Seiten alles aufwandten, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Denn was die Königin anbetrifft, so war sie keineswegs geneigt, ihren Lieblingsplan in Betreff jener Doppelheirat aufzugeben; im Gegenteil nahm sie jede Gelegenheit wahr, die sich ihr zum Wiederanknüpfen der Verbindungen mit England darbot. Ihre ebenso hartnäckigen wie fruchtlosen Bemühungen erbitterten aber den König so sehr, dass der häusliche Friede fast ganz entwich. Misstrauisch belauschten die beiden königlichen Eheleute einander, und verderbliche Zwischenträger, auf gemeinen Gewinn bedacht, schürten die Flamme. Vor allen hatten die beiden ältesten Kinder, die dem Plane der Königin gern Beifall schenkten, unter dem Zwist der Eltern zu leiden. Vater und Sohn wurden durch alles dies einander immer mehr entfremdet, und die Herstellung eines liebevollen Verhältnisses schien in weite Ferne hinausgerückt. Es sollte noch manches andere hinzukommen, die Entfremdung zu vergrößern.

      * * *

      Fünftes Kapitel – Zwiespalt zwischen Vater und Sohn

       Fünftes Kapitel – Zwiespalt zwischen Vater und Sohn

      Je lebhafter das Gefühl der Selbständigkeit in Friedrich erwacht war, umso weniger Neigung empfand er, sich den Anordnungen des Vaters zu fügen, die mit seinen Wünschen fast stets im Widerspruch standen; umso strenger aber drang auch der Vater auf genaue Befolgung seiner Befehle, so dass die unangenehmen Szenen sich zu häufen begannen. Dem Kronprinzen