Walter Brendel

Die Fugger


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nur dank des Fugger’schen Geldes seine Wahl zum Kaiser finanzieren. Daneben betätigte Jakob Fugger sich als Mäzen und in der Armenfürsorge; in Augsburg stiftete er die Fuggerei, eine heute noch bestehende Wohnsiedlung für Bedürftige. Nach Jakobs Tod übernahmen die Söhne seines Bruders Georg (1453-1506), Raimund (1489-1535) und Anton (1493-1560), das Geschäft, das in dieser Zeit den Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Macht erlebte. Anton Fugger finanzierte die Bewerbung Ferdinands I. um die böhmische und die ungarische Krone und die Politik Karls V., z. B. dessen Kriege gegen die protestantischen Fürsten im Reich; im Gegenzug förderten die Habsburger die wirtschaftliche Expansion der Fugger nach Mittel- und Südamerika, und 1530 erhob der Kaiser Anton Fugger in den Reichsgrafenstand. Anton zog sich nach und nach aus dem Handels- und Bankgeschäft zurück und konzentrierte sich verstärkt auf die Konsolidierung und Erweiterung seines Grundbesitzes im Reich. Von Anton ging das Geschäft an seinen Neffen Johann Jakob Fugger (1516-1575) über. Unter diesem gerieten die Fugger an den Rand des Ruins – weniger aufgrund von Johann Jakobs mangelnden kaufmännischen Fähigkeiten, als vielmehr wegen der katastrophalen Finanzlage Spaniens, das, über Karl V., den Fuggern immense Summen schuldete.

      Johann Jakob schied 1564 aus dem Unternehmen aus und trat in die Dienste Herzog Albrechts V. von Bayern. 1571 verkaufte er dem Herzog seine Bibliothek, die mit ihrer berühmten Handschriftensammlung zum Grundstock der Bayerischen Staatsbibliothek wurde. Von Johann Jakob übernahm dessen Bruder Markus (1529-1597) das Unternehmen; er konnte es wieder konsolidieren. Die beiden Hauptlinien der Fugger, die Fugger von Glött und die Fugger von Kirchberg und Weißenhorn, von Anton und Raimund begründet, bestehen noch heute.

      Um sich intensiv mit dem Geschlecht der Fugger zu beschäftigen, müssen erst einige Daten und Fakten des 16. Jahrhunderts betrachtet werden.

      Das Jahrhundert begann mit der Geburt eines Knaben, der wie kein anderer seine Zeit prägte. Am 24. Februar 1500 wurde in Gent, einer der mächtigsten Städte der Burgundischen Niederlande, ein Kind geboren, das zeit seines Lebens Unglück hatte und als 55-Jähriger enttäuscht seine Ambitionen aufgab: Karl V., Enkel Kaiser Maximilians und Sohn des burgundischen Herzogs Philipps I., des Schönen, und der spanischen Prinzessin Johanna der Wahnsinnigen von Aragonien.

      Diesem Kind fiel ein Reich in den Schoß, von dem man sagte, dass in ihm die Sonne nie untergehe und das in der Geschichte bisher beispiellos war: die Burgundischen Niederlande, Kastilien und Aragonien in Spanien, große Teile Italiens und die Neue Welt auf der anderen Seite des Atlantiks. Außerdem erwarb Karl V. die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches. Kein Herrscher vor ihm verfügte jemals über eine derartige Machtfülle, und zudem konnte Karl V. noch die zahlreichen neuen wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten dieses Jahrhunderts nutzen.

      Tizian: Karl V. im Lehnstuhl (1548), Alte Pinakothek, München

      Der Lauf der Geschichte Europas und Amerikas wurde durch ihn und seine Nachkommen maßgeblich geprägt. Karl war dabei immer noch den alten Idealen der Ritterlichkeit verhaftet. So erklärte er am 17. April 1536 gegenüber Papst Paul III. (1534-1549) und der vatikanischen Kurie, dass er bereit sei, den Krieg zwischen Frankreich und den Habsburgern auf ritterliche Art zu beschließen: im Zweikampf.

      Anlässlich des Reichstags in Augsburg malte Tizian 1548 das Porträt des Kaisers Karl V. im Lehnstuhl, das heute in der Alten Pinakothek in München hängt. Im Gegensatz zu seinem Bildnis von Karl V. bei der Schlacht von Mühlberg vermittelt Tizians sitzender Karl V. die Würde und das Selbstbewusstsein des Renaissancefürsten.

      „Ich versichere Eurer Heiligkeit, diesem heiligen Kollegium und allen anwesenden Rittern, dass ich bereit bin, gegen den König von Frankreich zu kämpfen, wenn er bereit ist, gegen mich auf den Kampfplatz zu treten. Ich werde dies in Rüstung oder im einfachen Waffenrock tun, mit dem Schwert oder einem Dolch, zu Lande oder zu Wasser, auf einer Brücke oder einer Insel, innerhalb eines geschlossenen Bereiches oder unter den Augen unserer Armeen. Er selbst soll entscheiden, was er will.”

      Karl war zu dieser Zeit 36 Jahre alt, sein Gegenspieler Franz I. von Frankreich 42, dieser reagierte nicht einmal auf seinen Vorschlag. Bei all seiner Ritterlichkeit war Karl V. ein modern denkender Herrscher, der die Zentralisierung des Staates anstrebte und seine Macht auf Kosten des Adels ausbaute, ein Mann auch, der die modernen Finanzmärkte zu nutzen wusste, stehende Heere unterhielt und die zynischen Methoden der aufkommenden Diplomatie beherrschte. Er war außerdem ein zutiefst gläubiger Mann, der von der Wahrheit und Allgemeingültigkeit des katholischen Glaubens so überzeugt war, dass er den Fortbestand seines Reiches aufs Spiel setzte, um die Ketzerei und die Ketzer zu besiegen.

      Er träumte davon, das alte christliche Europa von seiner Bedrohung durch die Türken zu befreien. 1535 leitete er persönlich einen Feldzug nach Nordafrika und beklagte sich bitter über den Mangel an Unterstützung durch die anderen christlichen Mächte.

      Aber er ließ auch protestantische Söldner gegen den Papst antreten, Rom plündern und den Papst in der Engelsburg festhalten. Und als seine Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches anstand, nahm er 850 000 Goldtaler auf – 540 000 davon bei der Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger –, um die Stimmen der Kurfürsten zu kaufen.

      Karl erwarb sein Weltreich durch eine Reihe von Todesfällen. 1504 starb seine Großmutter Isabella von Kastilien, die 1469 heimlich Ferdinand II. von Aragonien geheiratet und damit die Einigung Spaniens herbeigeführt hatte. 1506 starb Karls Vater, Philipp der Schöne, und 1516 sein Großvater mütterlicherseits, Ferdinand von Aragonien. Karls Mutter Johanna, die rechtmäßige Thronerbin Ferdinands und Isabellas, verwand den Tod ihres Mannes nie und wurde als außerstande betrachtet, die Herrschaft zu übernehmen. Sein Großvater väterlicherseits, Maximilian von Österreich, der durch seine Ehe mit Maria von Burgund Nachfolger der Herzöge von Burgund geworden war und 1493 zum deutschen Kaiser gekrönt worden war, starb 1519. Dadurch fielen Karl die österreichischen Erblande zu: Österreich, die Steiermark, Kärnten und Tirol. Mit dieser Hausmacht wurde Karl zu einem aussichtsreichen Kandidaten für die deutsche Kaiserkrone.

      Wenig später eroberte Hernán Cortés das Reich der Azteken, und 1532 fügte Francisco Pizarro den spanischen Überseebesitzungen das Reich der Inka hinzu. Mit 30 Jahren war Karl der mächtigste Mann der Welt. Nie zuvor war das alte Ideal der zwei Schwerter, das geistliche Schwert in den Händen des Papstes und das weltliche in denen des Kaisers, so nah an seiner Verwirklichung gewesen. Dem Heiligen Römischen Reich mit seinem Anspruch, die gesamte Christenheit zu vertreten, hatten sich durch dynastische Zufälle und durch technische Entwicklungen die Möglichkeiten eröffnet, seine Universalität wiederherzustellen. Die Schaffung eines starken, geschlossenen Reiches stand Karl deutlich vor Augen. Diese Idee hatte ihm sein Großkanzler Mercurio de Gattinara 1519 nach seiner Wahl zum Kaiser in klaren Worten eingeschärft.

      In seinem jugendlichen Idealismus mögen Karl vor allem Gedanken an Ritterlichkeit und Kreuzzüge vor Augen gestanden haben, während der nüchterne Gattinara zweifellos an konkrete machtpolitische und organisatorische Maßnahmen dachte. Die politischen Widerstände gegen eine Reichsreform waren allerdings fast unüberwindlich. Karl V. musste sich mit dem Kleinmut des Adels, dessen Beharren auf die Wahrung der eigenen Interessen, mit Geldmangel und der Langsamkeit der Kommunikation und des Verkehrs auseinander setzen. Wenn es darum ging, dem Kaiser Steine in den Weg zu legen, standen die Kurfürsten in der ersten Reihe.

      Der französische König, der sich selbst um die Kaiserkrone bemüht hatte, stand dem Habsburger Alleinvertretungsanspruch unversöhnlich entgegen. Außerdem wurde die Einheit der Kirche, welche die Basis des Reichsgedankens bildete, durch die Erfolge Luthers in Frage gestellt. Karl V. begegneten also überall politische und religiöse Widerstände.

      In Süddeutschland, Tirol und in der Steiermark erhoben sich die Bauern zu Aufständen, die nur mit Mühe von den Landesfürsten niedergeschlagen wurden. Karl musste überdies einen Krieg nach dem anderen führen, um sein zentralisiertes Europa gegen Feinde von innen und von außen zu verteidigen.

      In diesem Jahrhundert erlebte Europa kein einziges Jahr des Friedens. Die Zeit der Feudalheere mit Rittern, die selbst für ihren Lebensunterhalt sorgten und ihre Ausrüstung bezahlten,