Martin Cordemann

Mord inklusive, Ausflüge optional


Скачать книгу

Ja?

      KATE: (lächelt) Ich habe den Mord ja nicht begangen, also was hab ich zu befürchten?

      Szene 3

      (Es klopft an der Tür.)

      KATE: Entschuldigen Sie mich bitte.

      MISSES: (verschwindet im Bad)

      KATE: (öffnet die Tür) Ah, Tony.

      TONY: (tritt auf) Darf ich reinkommen?

      KATE: Es ist gerade etwas ungelegen.

      TONY: Oh.

      KATE: Wegen der Leiche. Im Badezimmer!

      TONY: Oh. Ja. Dafür möchte ich mich im Namen des Hotels, der Hotelkette und des Unternehmens, dem wir angehören, aus tiefstem Herzen entschuldigen.

      KATE: Darf ich mit einem Rabatt rechnen?

      TONY: Nein.

      KATE: Wie schade.

      TONY: Es ist ja nicht so, als wären wir für diese Leichen verantwortlich.

      KATE: Nicht?

      TONY: Nicht... immer.

      KATE: Aber manchmal schon?

      TONY: Wir sind nicht besonders stolz darauf, das dürfen Sie mir glauben. Aber... sagen wir, es ist nicht das erste Mal, dass sich eine Leiche in einem unserer Badezimmer findet.

      KATE: Sollte mich das beunruhigen?

      TONY: Aber nein... (denkt nach) Obwohl, jetzt wo ich darüber nachdenke…

      KATE: Liegt es am Hotelpersonal?

      TONY: Ich möchte das nicht pauschal so sagen.

      KATE: Dann bin ich ja froh.

      TONY: Worüber.

      KATE: Dass ich keine Pauschalreise mache.

      TONY: Das gefällt mir.

      KATE: Wäre da die Leiche denn im Preis inbegriffen?

      TONY: Ich glaube, wir sind noch nicht so weit, für ein solches Angebot zu werben.

      KATE: Das klingt aber fast so, als wäre es nicht ganz ausgeschlossen.

      TONY: Die Urlaubsbranche ist hart umgekämpft, da muss man irgendwann über Leichen gehen, wortwörtlich.

      KATE: Es klingt so, als wäre das schon passiert.

      TONY: Sie meinen die... Zwischenfälle?

      KATE: Ja.

      TONY: Die waren sehr... unangenehm.

      KATE: Für die Opfer.

      TONY: Ja, für die auch. Besonders beim ersten. Der Ermordete sollte gar nicht sterben.

      KATE: Ist das bei Mordopfern nicht immer so?!

      TONY: In diesem Fall kam noch eine besondere Tragik dazu. Denn... wie sich herausgestellt hat, befand sich der Mann im falschen Hotel.

      KATE: Der Ermordete.

      TONY: Der Mörder.

      KATE: Bitte?

      TONY: Komisch, oder? Also auf eine sehr tragische Weise. Er sollte den Herrn in Zimmer 216 ermorden.

      KATE: Und das hat er nicht?

      TONY: Doch. Aber im Park Hotel. Sein eigentliches Opfer befand sich allerdings im Park Motel. Es war also nicht unser Fehler.

      KATE: Hat man den Mann entschädigt?

      TONY: Weil er sich im Hotel geirrt hat?

      KATE: Ich meinte nicht den Killer.

      TONY: Das Opfer? Natürlich nicht!

      KATE: Hat er sein Opfer denn bekommen?

      TONY: Das ist nicht bekannt, er wurde erschossen, bevor er verhört werden konnte.

      KATE: Gab es Blut im Badezimmer?

      TONY: Diesmal nicht.

      KATE: Wann denn dann?

      TONY: Neapel 2015. Das war eine waschechte Tragödie!

      KATE: Welcher Art?

      TONY: Mit tödlichem Ausgang.

      KATE: Das sind oft die besten.

      TONY: Nicht, wenn sie den Begriff Blutbad im Badezimmer wörtlich nehmen. Wissen Sie, wie traumatisch das jedes Mal für das Reinigungspersonal ist?

      KATE: Ich kann es mir in etwa vorstellen. Aber immerhin ist es gefliest.

      TONY: Das ist aber auch der einzige Vorteil. Und so leicht lässt sich Blut auch nicht von Fliesen waschen, falls Sie das denken.

      KATE: Ich habe nicht vor, es auszuprobieren.

      TONY: Das ehrt Sie. (öffnet die Minibar) Darf ich... oh. Wann?

      KATE: Wenn die Polizei fertig ist, nehme ich an.

      TONY: Das... klingt vernünftig. (schließt die Bar wieder) Natürlich berechnen wir Ihnen nichts, wenn Sie sich in dieser schweren Stunde aus der Minibar bedienen.

      KATE: Wie großzügig. Haben Sie der Person in Neapel etwas berechnet?

      TONY: Die hat die Minibar gar nicht angerührt.

      KATE: Das muss Sie erleichtert haben.

      TONY: Nicht ganz. Ihr Mörder hat zwar alles in der Minibar gelassen, aber leider hat er die Minibar selbst dann benutzt, um damit sein Opfer... auf brutale Weise... (macht eine Geste, wie man jemandem etwas Schweres auf den Kopf haut) Er hat drei Anläufe gebraucht. Die Minibar konnten Sie dann natürlich wegschmeißen.

      KATE: Und das Opfer?

      TONY: Das auch.

      KATE: (sieht ihn mit schiefem Kopf an)

      TONY: Also tot.

      KATE: Bessere Formulierung.

      TONY: Ich weiß, danke.

      KATE: Und das Badezimmer.

      TONY: Versaut. Es war genau das Szenario, das man als Hotelbediensteter nicht erleben möchte.

      KATE: Als Hotelgast auch nicht!

      TONY: So hab ich das noch gar nicht betrachtet. Ja, vermutlich haben Sie recht. Vielleicht möchte man so etwas als Gast in einem Hotel wirklich nicht erleben.

      KATE: Hat man den Mörder gefasst?

      TONY: Natürlich. Und mit gefasst meine ich erschossen – und natürlich haben wir ihm die komplette Minibar in Rechnung gestellt, obwohl das gar nicht sein Zimmer war.

      KATE: Das wird ihn sicher sehr geärgert haben.

      TONY: Das denk ich auch. Außerdem hat man in seinem Koffer drei Handtücher und zwei Bademäntel aus dem Hotel gefunden.

      KATE: Also Mörder und Dieb.

      TONY: Da fragt man sich, was schlimmer ist.

      KATE: Tut man das?

      TONY: Wenn man in meiner Branche arbeitet, schon. Ich meine, wie oft finden Sie schon eine Leiche – aber wie oft wird was geklaut?!

      KATE: Ich verstehe, was Sie meinen. Gab es noch andere Zwischenfälle?

      TONY: Mit diesem Gast?

      KATE: Mit Leichen!

      TONY: Mehr als Sie sich vorstellen können. Wo auch immer ich arbeite, es gibt immer Blut und Tränen… und Leichen!

      KATE: Da haben Sie ja eine ganze Menge erlebt.

      TONY: Oh ja, das hab ich. Ich scheine das Pech anzuziehen.

      KATE: Oder die Mörder.

      TONY: Oder die. Und gerade, als ich gehofft hatte, es würde endlich aufhören… (wird aufmerksam) Ist jemand