ist. -
Vor diesem letztern ist ein Bassin, dessen Wasser theils für den Aqueduc, theils für die in einiger Entfernung vom Fürstlichen Schlosse, angebrachte große Fontaine aufbewahrt wird. Diese wirklich schöne Fontaine, vielleicht das Bemerkenswehrteste der Wilhelmshöhe Anlagen, erreicht nach einer vorgenommenen Verbesserung nunmehr die seltene Höhe von 190 Fuß. Es gibt einen majestätischen Anblick, wenn sich das Wasser, bey Anlassung der Fontaine, mit größter Heftigkeit in die Höhe thürmt, eine vollkommne Wassersäule bildet, bey der erreichten höchsten Höhe in einem Staubregen herabfällt, und eine unaufhörliche Bewegung auf dem Spiegel des Bassins verursacht. Aus diesem letztern schlängelt sich das Wasser in mancherley Krümmungen um kleine Inseln, und stürzt sich über der Natur nachgeahmte Felsen und Klippen durch die sogenannten Elysäischen Felder in den großen See, welcher linker Hand des Fürstlichen Schlosses liegt, und Anfangs dieser Beschreibung vorgekommen ist. Unter diesen Wasserfällen zeichnet sich derjenige aus, wo das Wasser durch die Oefnung eines Felsen wider einen davor liegenden Stein fällt, und durch die Gewalt des Drucks einen besonderen Sprudel verursacht. Ueberhaupt wird der Freund der Natur auch diese kleineren romantischen Wasserfälle mit Gefallen sehen.
Noch gehört hierher ein eingefaßter Blumengarten, hinter dem linken Flügel des Schlosses, dicht am Fuße des sogenannten weißen Steins, dessen Eingangs dieser Beschreibung Erwähnung geschehen, und welcher dem ganzen Orte den vormaligen Namen gegeben hat; sodann hauptsächlich ein alt-Gothisches Gebäude hinter dem Thiergarten. Es ist dieses Letztere auf einer offenen Anhöhe angelegt, und hat die Gestalt der Ruine von einem alten mit Graben und Zugbrücken versehenen Ritterschlosse mit Thürmen bekommen, wovon einer zusammen gestürzt ist, der andere aber in der Höhe von 120 Fuß oben mit einer Galerie versehen worden, und eine Fürtsl. Wohnung, auf der Seite gegenüber aber eine Kapelle, darneben ein Wachthaus und Marstall mit Wohngemächern enthält. Gleich beym Eintritt in diese ehrwürdige Mauern glaubt man sich vollkommen in die grauen Ritterzeiten versetzt, und dies noch mehr, wenn man die inneren Verzierungen und Meublirungen siehet; selbst zu den Portraits, mit welchen die Wände der Zimmer und Vorgänge behangen sind, hat man Stücke meist aus vorigem Jahrhundert hierher zusammengebracht. Der Speise - und der Rittersaal ist vorzüglich; ein Stockwerk höher hat der Durchlauchtigste Bauherr seine Wohnzimmer, nebenbey auch ein Zimmer, worin sich eine besondere kleine Ritter- Bibliothek befindet. Oben auf der Galerie bietet sich ebenwohl die herrlichste Aussicht dar.
Es trägt diese mit dem herkulischen Oktagon wetteifernde, unter dem schon genannten Herrn Baudirektor Jussow verfertigte Partie den Namen: Löwenburg. Unter der Zugbrücke dieser Burg, nach Süden hin, wird in kurzer Zeit noch ein von dem Gebürge herab geleiteter Wasserfall sich durchstürzen und sich mit den Gewässern im philosophischen Thale vereinigen. Sicher gehet man auch hier nicht ohne Bewunderung von dannen. Der Burgvogt, Herr Böger, weiset Jeden nach Verlangen zurechte. -
Uebrigens ist im Ganzen, und in allen Anlagen auf Wilhelmshöhe, Kunst und Natur auf das glücklichste vereinigt, und man sagt nicht zu viel, wenn man den Ort, in seinem ganzen Umfange, für das einzige Werk in seiner Art ausgiebt. Nur ein Landgraf von Hessen-Cassel besitzt ihn; allein vielleicht könnte auch, nach der lokal- Verfassung, kein anderer Fürst ein gleiches Werk in seinem Lande hervorbringen. - Der jetzt regierende Landgraf findet Vergnügen daran, diesen seinen Lieblingsort auf alle Art stets mehr zu verschönern, und sein bekannter feiner Geschmack in Bau- und Garten-Anlagen, wovon das vorhin von Ihm angeordnete Wilhelmsbad bey Hanau einen offenbaren Beweis abgiebt, setzt ihn hierzu vollkommen in Stand, und läßt von jedem neuen Plane alles erwarten.
Längst dem Wege bey erreichter Wilhelmshöhe rechter Hand passirt man eine Reihe neu erbaueter in der Mitte einen Glas- Salon fassender Gewächshäuser, deren innere Einrichtung der Liebhaber ganz zur Absicht finden wird.
Die Wässer auf Wilhelmshöhe werden ordentlicherweise nur an gewissen Tagen im Jahre angelassen; wer solches außer dieser Zeit sehen will, erhält auf Verlangen einen Erlaubnißschein vom hiesigen Hrn. Ober- Baudirektor und Ober-Kammerrath Dury, welcher dann an den Brunnen -Inspektor Herrn Steinhöfer abgegeben wird, als welcher überhaupt alle Wasserleitungen in Bewegung setzt.
Verzeichniß einiger Sehenswürdigkeiten, in und bey Cassel
1) Das ansehnliche Gebäude des Museums, das eine Sammlung von Alterthümern von Gemmen und Münzen, von Naturalien, von mathematischen, physicalischen und optischen Instrumenten, von Kunstsachen verschiedener Art und die Bibliothek in sich begreift, hat den Haupteingang mit drey Bogen-Thüren von der Seite des Friedrich- Platzes. Der gewöhnliche Eingang jedoch ist der, den man hinten im Vorhofe nimmt. Die Direktion über das Ganze hat Se. Excellenz der Herr geheime Rath und Oberhofmarschall von Veltheim. Ueber die Alterthümer, Münzen und Kunstsachen hat der Herr Rath Völkel: über die Naturalien der Herr Hofrath Grandidier: über die Bibliothek der Herr Hofrath Strieder auch Herr Rath Völkel, und über die mathematischen ect. Instrumente der Herr Professor Matzko die Aufsicht. Zu einem Zimmer von musikalischen Instrumenten verschiedener Zeitalter und Völker ist der Herr Hoforganist Becker, bestellt. Wer die Schätze dieses Hauses sehen will, lässet sich zuvor bey dem Herrn Professor Matzko oder dem Herrn Rathe Völkel, oder auch dem Herrn Hofrathe Strieder anmelden, worauf dann der Inspektor Herr Döring nach der bestimmten Zeit bereit stehet, den Gemeldeten zu empfangen und zu führen. Es pflegt auf der westlichen Seite der Anfang zur Besichtigung gemacht zu werden. Eine Treppe hinan tritt man zuerst in ein Kabinet mit optischen, nachher in eins mit mathematischen und mit physikalischen Instrumenten; ein Tschirnhausisches und ein Hartsoekersches Brennglas und der Villettische Brennspiegel sind hier besonders merkwürdig. In dem Hauptgebälke darüber ist ein Saal mit vielen Modellen und mechanischen Erfindungen, wo selbst die Thür davon ein mechanisches Meisterstück heißen kann. Ein Paar kleine Zimmer enthalten alte und seltsame musikalische Blase- und Saiten- Instrumente. Beym heruntergehen von hier kommt man in ein kleines mit Schmetterlingen und Insekten angefülltes Kabinet, sodann in ein anderes daneben von Musaischen und Florentinischen Arbeiten, wo sich besonders ein heiliger Johannes und ein Petrus, auch die Tafel von der Vestung Rheinfels auszeichnet. Nun folgt ein Zimmer mit Muscheln und Seegewächsen, Fischen, See- Schildkröten, Skeletten von Wallrossen und andern See-Thieren, Paradisvögeln ect. und einer egyptischen Mumie; hierauf ein Salon mit vielen Seltenheiten aus dem Thierreiche, wo fürnemlich ein ausgestopfter Elephant, ein junges Kameel und 2 junge Leoparden, die hier ehedem in der Menagerie gelebt haben, in die Augen fallen. Jetzt folgt ein Saal mit Mineralien und Versteinerungen, in Glasschränken; dann kommt man in einer Galerie von neuen Statuen und Gruppen, wo vorzüglich die zwischen den Säulen stehende bronzene Florenzer Figuren zu bemerken sind. Beym Ausgange dieser Galerie durch eine Glasthür befindet man sich in der Mitte des Gebäudes und gehet nun durch eine andere Glasthür in eine gegenüber liegende Galerie, wo man meist antike marmorne Statuen und Gruppen, Urnen und viele aus Korkholz in Italien verfertigte Modelle der vorzüglichsten römischen Ruinen siehet. Ein hieran stoßender Saal ist mit egyptischen, hetrurischen, griechischen, römischen und deutschen Alterthumsstücken besetzt; der in der Mitte stehende Glaspult enthält eine reiche Sammlung hohl und erhaben geschnittener antiken und modernen Steine. In dem Pretiosen- Zimmer hiernächst sind in Glasschränken sehr viele goldene und silberne Gefäße und Kleinodien, andere Kunstarbeiten von Bernstein, Elfenbein, Holz, Kristall und Glas, auch in dem zwischen den Säulen stehenden pyramidenförmigen Schränken eine Anzahl römischer Münzen befindlich; auf einem Gestelle in einem Fensterraum erblickt man eine mit Armaturen umgebene silberne Tafel mit zehn goldenen Medaillen von der Königl. Schwedischen Familie aus dem Hause Vasa, nebst einer großen und sechs kleinen Kronen mit Diamanten, Perlen und Sapphiren besetzt. Das folgende Zimmer dient zur Aufbewahrung einer beträchtlichen Anzahl sonderbarer künstlicher großer und kleiner Uhrwerke und Automaten von vielerley Gattung. Jetzt wird man in das dritte Stockwerk des Gebäudes hinauf geführt und kommt zuerst in ein Zimmer, dessen Wände mit alter und neuer Rüstung und Waffen verschiedener Nationen behangen sind; in einem hiermit verbundenen Kabinette siehet man, neben andern Kunstarbeiten in Wachs, alle regierende Landgrafen seit Philipp dem Grosmüthigen und ihren Gemalinnen, deren nach Portraits genau nachgeahmte Köpfe von kolorirtem Wachs, mit dergleichen Händen, in Figuren nach Lebensgröße, sitzend und mit Kleidungsstücken ihres Zeitalters versehen, vorgestellt sind.
Ein paar hier noch befindliche kleine Zimmer fassen Schildereyen von verschiedener Kunst und eine Sammlung europäischer Kleidungen