Sarah Glicker

Seal Team 9


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gehe, steht er da schon eine Weile und ist nicht glücklich darüber, dass ich erst jetzt komme.

       Ein kleiner Teil von mir hat gehofft, dass er ebenfalls Überstunden machen muss und er nur deswegen versucht hat mich zu erreichen. In der Vergangenheit ist es sogar schon ein paar Mal vorgekommen, dass er die Nacht im Büro verbracht hat, da so viel zu tun hat.

      Mir ist bewusst, dass das auf Dauer kein Zustand ist. Ich kann dieses Spiel nicht ewig so spielen. Früher oder später werde ich eine Entscheidung treffen müssen, ob ich das wirklich für den Rest meines Lebens will. Und vor allem werde ich dann mit den Konsequenzen leben müssen, die folgen werden, egal wie ich mich entscheide. Doch damit werde ich mich nicht jetzt auseinandersetzen.

      In diesem Moment kann ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen, sodass es sicherlich nicht die beste Idee ist, wenn ich mich ausgerechnet jetzt damit auseinandersetze.

       Ewig kann ich es jedoch auch nicht mehr vor mir herschieben.

      Mit einem unguten Gefühl steige ich aus und gehe auf das Haus des Mannes zu, den ich irgendwann heiraten werde.

      Jedes Mal, wenn ich hier bin, spüre ich eine Beklemmung, die ich so noch nie empfunden habe. Ich habe nicht einmal gedacht, dass das wirklich geht. Mein Verstand schreit mich an, dass ich umdrehen und verschwinden soll, bevor es zu spät ist. Und zwar so schnell es nur irgendwie geht. Doch genau das mache ich nicht. Unter anderem auch deswegen, weil es nichts bringen würde. Ich wüsste ja nicht einmal, wo ich hingehen kann.

      Und da wo ich hingehen könnte, würde man mich sofort finden. Es würde also nichts bringen.

      Nicht zum ersten Mal wird mir bewusst, wie aussichtslos meine Lage ist. Man kann auch behaupten, ich sitze in der Falle. Und das ist etwas, was mir überhaupt nicht gefällt.

      Ein letztes Mal atme ich tief durch, ehe ich die Tür leise öffne und ins Innere des Hauses sehe. Alles scheint ruhig zu sein, allerdings weiß ich, dass das nichts zu bedeuten hat.

      Es kann einfach die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm sein.

      „Ich bin da“, rufe ich so laut, dass ich mir sicher bin, dass Damian mich gehört hat.

      Es dauert einen Moment, doch dann geht die Tür zur Küche auf und Damian erscheint. Mit einem Blick, den ich nicht genau zu ordnen kann, sieht er mich von oben bis unten an. Doch ich weiß, dass er nichts Gutes zu bedeuten hat.

      „Schließ die Tür“, fordert er mich mit viel zu ruhiger Stimme auf.

      Erneut höre ich die lauten Rufe in meinem Inneren, die mich auffordern, wegzurennen. Ich höre jedoch nicht auf sie. Stattdessen trete ich ins Haus und schließe die Tür hinter mir.

      Langsam setzt Damian sich in Bewegung und kommt auf mich zu. Dabei sieht er mich von oben bis unten an, während ich gleichzeitig erkenne, dass seine Muskeln angespannt sind. Ich habe keine Ahnung, wie ein Mann eigentlich seine zukünftige Ehefrau ansieht, wenn sie nach einem langen Tag nach Hause kommt. Doch ich bin mir sicher, dass er sie nicht mit diesem Blick betrachtet. Genauso wie ich mir sicher bin, dass eine Frau, die von ihrem Mann geliebt wird, keinen Grund hat, ständig Überstunden zu machen.

      Ein dicker Kloß bildet sich in meinem Hals und sorgt dafür, dass ich kaum noch atmen kann. Mit jedem Schritt, den er sich mir nähert, schlägt mein Herz schneller. Ich gebe zu, dass ich Angst vor dem habe, was nun kommen wird. Das werde ich ihm aber nicht zeigen.

      Wenigstens diese Würde werde ich behalten, schießt es mir kämpferisch durch den Kopf.

       Als Damian dicht vor mir stehen bleibt, spüre ich die Anspannung, die von ihm ausgeht. In diesem Moment weiß ich, dass es ihm schwerfällt, sich zu beherrschen.

       „Ich werde mit deinem Chef sprechen“, verkündet er nun.

       „Wieso?“, frage ich ihn, nachdem ich einen Moment darüber nachgedacht habe.

       „Du bist meine zukünftige Ehefrau. Da hast du noch mehr zu tun, als den ganzen Tag auf der Arbeit zu sitzen und Überstunden zu machen, die auch jemand anderes auf sich nehmen kann. Daher werde ich ihm sagen, dass du nun nur noch halbtags arbeiten wirst.“

       Es dauert einige Sekunden, bis seine Worte bei mir angekommen sind. Doch dann sehe ich ihn geschockt an. Im ersten Moment weiß ich überhaupt nicht, was ich darauf erwidern soll. Doch schließlich öffne ich meinen Mund.

       „Du kannst nicht einfach zu meinem Chef gehen und ihm das sagen. Es ist mein Leben“, verkünde ich, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben.

       In der nächsten Sekunde gibt er mir allerdings schon klar zu verstehen, dass ich in diesem Punkt nichts zu melden habe. Seine Hand landet so hart in meinem Gesicht, dass mein Kopf zur Seite fliegt.

       Mit Tränen in den Augen hebe ich meine Hand und lege sie an die Wange. Kurz sehe ich auf den Boden, um mich wenigstens wieder einigermaßen zu fangen, bevor ich langsam meinen Kopf hebe und ihn mit Tränen in den Augen ansehe.

       Mit angespannten Muskeln steht er vor mir und nimmt einen Schluck aus der Bierflasche, die er in der Hand hält.

       „Eigentlich solltest du es mittlerweile wissen, dass du das machst, was ich dir sage, wenn ich es dir sage. Aber anscheinend habe ich es dir noch nicht gut genug zu verstehen gegeben. Du wirst nur noch halbtags arbeiten und dich dann um den Haushalt kümmern. Du solltest froh sein, dass ich dir nicht auftrage, deinen Job zu kündigen.“

       Während er spricht, sieht er sich demonstrativ zu allen Seiten hin um, als wäre es hier total dreckig. Doch wir sind beide kaum hier, daher würde es mich sehr wundern, wenn das der Fall wäre.

       „Und jetzt will ich, dass du hier endlich sauber machst. Ich werde mich mit meinen Freunden treffen, schließlich hatte ich ja keine Ahnung, wann das Fräulein nach Hause kommt. Ich weiß nicht, wann ich wieder hier sein werde, allerdings solltest du dir nicht zu viel Zeit lassen.“

       Mit diesen Worten greift er nach meinem Arm, umklammert ihn so fest, dass ich vor Schmerzen das Gesicht verziehe, und zieht mich so schnell zur Seite, dass ich das Gleichgewicht verliere und gegen den Esstisch pralle.

       Ein scharfer Schmerz durchfährt meinen Körper und ich bin mir sicher, dass es eine dicke Prellung geben wird.

       In diesem Moment kann ich die Tränen nicht mehr für mich behalten. Ungehindert laufen sie mir über das Gesicht, während er mir einen abfälligen Blick zuwirft und dann verschwindet.

       Weinend und alleine bleibe ich zurück.

       Nicht zum ersten Mal wird mir bewusst, dass es nicht das ist, was ich mir für meine Zukunft wünsche. Ich habe schon immer davon geträumt, einen Mann zu finden, den ich liebe und der mich liebt. Ich wollte eine glückliche Partnerschaft und Ehe führen, mich darauf freuen, nach Hause zu kommen. Dass genau das bei uns nicht der Fall ist, ist für jeden erkennbar. Egal, ob man uns kennt oder nicht.

       Doch ich kann mich nicht von ihm trennen. Es gibt einige Gründe, wieso das der Fall ist.

       Da mir bewusst ist, dass es mich jetzt jedoch nicht weiterbringt, fange ich mit dem Putzen an.

      3

      Riley

      „Ich dachte schon, dass du überhaupt nicht mehr kommst. Wir werden noch zu spät zum Dienst erscheinen“, begrüßt mich Caiden, als ich ihn zwei Tage später abhole. Dabei wirft er mir einen strengen Blick zu, was mich allerdings nicht beeindruckt. „Du weißt, was wir dann machen müssen.“

       „Wie wäre es, wenn du endlich deinen Wagen reparieren lässt? Dann müsstest du nicht mehr auf mich oder einen der anderen warten“, schlage ich ihm vor und spiele damit auf den Grund dafür an, wieso ich ihn abholen muss. „Der steht schon seit einer Ewigkeit in der Werkstatt“, erinnere ich ihn, obwohl ich mir sicher bin, dass er das eigentlich genau weiß.

       „Ich gebe zu, dass er dort schon länger steht, als ich es eigentlich geplant habe. Und ich glaube, die Mechaniker sind auch nicht davon ausgegangen. Allerdings habe ich erst