Marianne Le Soleil Levant

Gottes wundersame Faktorei - Erster Teil: Apokalypse


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2003

      Eugen Ralph Faaß

      * 30.April 1929 † 01.August 1990

      gewidmet

      1 Vorbereitung der Apokalypse

      Petrus erscheint zum morgendlichen Report. Petrus wie immer sehr beflissen. Gott wie immer voll trockenem Gleichmut angesichts dessen, was er angerichtet hat.

      Petrus: Wir haben verifizieren können, dass wir alle Daten sichern können. Anschließend könnten wir die Apokalypse umsetzen und neu anfangen.

      Gott: Aha.

      Petrus: Ja, alles dabei: Beethoven, Piroschka, Schach, Upanishaden, Fußball, Sudoku ...

      Gott: Was ist Sudoku?

      Petrus: Ein japanisches Zahlenspiel. Wie ein Kreuzworträtsel mit Zahlen.

      Gott: Ja, das mit den Worten war ein Fehler.

      Petrus: Das meinst du nicht so. Es gibt so viele schöne Sprachen.

      Gott: Es ist so ausgeufert.

      Petrus: Das hast du wissen müssen. Ist doch typisch. Sind ja nach deinem Bild erschaffen.

      Gott: Als die Juden ihre Sprache erfunden haben, hielten sie sich gleich für auserwählt. Das haben sie dann auch noch geglaubt. Obwohl die Chinesen schon lange eine Sprache hatten. Sehr schön bildhaft. Die dann auch ausgeufert ist.

      Petrus: Es war doch wegen der Buchstaben.

      Gott: Egal. Kann man bei der Neuauflage zuvor Daten löschen? Das unangenehme Zeug.

      Petrus: Das müsste gehen. Wir haben das nicht probiert. Es ging ja erst um´s Sichern. Rock´n´Roll, Bikini, die ganzen Rezepte.

      Gott: Kann man die Mikrowellen-Rezepte löschen?

      Petrus: Wie gesagt: Wir müssen das ausprobieren. Aber wenn´s weiter nichts ist.

      Gott: Meine Güte. (von der sprach er nur ungern) Die ganzen Kriege, den Hitler. Was für ein blöder Hund.

      Petrus schweigt.

      Gott: Hat sich auch für auserwählt gehalten. Wie kommen die nur darauf? Wir haben ausdrücklich gesagt: Alle gleich. Also Hitler und Nazi-Kram löschen.

      Petrus: Wir müssen das wirklich erst prüfen.

      Petrus geht ab.

      2 Apokalypse der Apokalypse

      Petrus kommt zum morgendlichen Report

      Petrus: Löschen geht.

      Gott: Hört sich nach Aber an.

      Petrus: Es ist ungeklärt, was mit den Leerstellen in der Historie passiert.

      Gott: Aha.

      Petrus: Erstens muss anstatt der gelöschten Daten irgendetwas anderes passieren.

      Gott (unterbricht spöttisch): Denen fällt schon was ein.

      Petrus: Ja, aber zweitens bestehen im ganzen Rest der Geschehnisse Bezüge zu den Ereignissen in den gelöschten Stellen. Alles hängt doch zusammen. Alles ist eins.

      Gott: Genau. Auch so eine dumme Idee. Klang so gut. Wenn alles zusammenhängt, muss es doch zu einem Durcheinander führen.

      Petrus: Jedenfalls wäre das, als wollte man ein Programm laden, das nicht alle verlinkten Dateien findet. Kurz: Probleme.

      Gott: Du meinst, selbst wenn alle Nazi stattdessen Sanyasins würden, hätten wir mit den vielen Neo-Sanyasins einen überhöhten Bevölkerungsanteil und die ganze Wiederaufarbeitung hätte ein echtes Bezugsproblem. Orange ist immerhin schöner als das braun.

      Petrus: So ähnlich und jetzt bedenke, was es alles über die Zeit zu korrigieren gäbe. 30 Jähriger Krieg. Machtmissbrauch in der Kirche. (Petrus verzieht das Gesicht)

      Gott (lacht): Schiefgegangen.

      Petrus: Die Indo-China-Kriege zu löschen wäre noch leichter als die Massaker der Spanier an den Indios. Wenn man statt der Nazi-Herrschaft die Amerikaner früher ins Boot holt, mit ihrem kommerziellen Elan, dann den Rock`n`Roll und die Hippie Zeit vorziehen, vielleicht klappt´s dann noch mit dem Friedensreich zur Jahrtausendwende. Aber das alte Zeug. Finger weg.

      Gott: Du meinst wir können den Esoterik-Schmarrn nicht löschen.

      Petrus neigt den Kopf.

      Gott: Irgendwie stellt sich das zu kompliziert dar. Wenn man wieder nicht weiß, was dabei rauskommt, wenn man etwas ändert oder weglässt, kann man´s auch gleich lassen. Wozu das Ganze? Die könnten ja auch einfach jetzt mal anfangen, mit dem Scheiß aufzuhören.

      Petrus: Also keine Apokalypse.

      Gott: Nein. Vielleicht nächste Woche.

      Petrus geht ab.

      Petrus kommt ins Labor: Alles umsonst. Apokalypse abgeblasen. Weiter wie bisher. Wir sind wieder auf uns selbst gestellt. Und kein Mensch weiß, was er als nächstes ausheckt.

      Als sich gerade ein mitfühlendes Lachen unter den Engeln ausbreiten wollte, ruft die neue Praktikantin: Jesus.

      Petrus sieht sie an.

      Die Praktikantin: Jesus kennt seine Pläne. Er ist ein Mensch. Wir können bei ihm anrufen.

      Sie klang aufgeregt, weil sie nur Praktikantin ist und zu Petrus sprach.

      Petrus: Das ist auch immer dasselbe. Wir rufen ihn fast jedesmal an. Mach du das diesmal.

      Jetzt kam das Lachen der Engel auf. Das mitfühlende.

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