Margit Schaafberg

Die halbierte Margit


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ich es erwartet hatte. Ich wende den Kopf zu der Schwester, die gerade einen Infusionsbeutel wechselt und frage, ob es tatsächlich schon einundzwanzig Uhr ist. "Nein", sagt sie, "die Operation war gestern, es ist schon neun Uhr morgens."

      Kurz darauf kommt die Visite und ich erfahre, dass man mich noch über Nacht in Narkose und mit künstlicher Beatmung lassen musste, weil ich Probleme mit der Atmung hatte. Genaueres erfahre ich nicht und ich bin mir bis heute auch gar nicht sicher, ob ich es wirklich wissen will. Aber egal.

      Es ist also nicht Freitag der 12. April um 21 Uhr abends, sondern Samstag der 13. April um 9 Uhr morgens. Und mir geht es gut. Wie gesagt, ich habe keine Schmerzen, mir ist nicht schlecht, müde bin ich noch und mir ist langweilig. Wann fangen die wohl mit den Sitz- und Gehübungen an, von denen im Forum geschrieben wurde, dass sie noch am Operationstag statt finden? Hunger habe ich keinen - und auch keinen Durst. Das EKG piepst vor sich hin und ich nicke immer mal wieder kurz ein, um kurz darauf von einer Schwester wieder geweckt zu werden. "Frau Schaafberg, Sie müssen atmen!"

      Ja was will sie denn von mir? Atmen kann ich seit meiner Geburt. Damit hatte ich doch nie Probleme. Oder doch? Schnell habe ich heraus, dass der Alarmton, der mich bald abwechselnd mit den Schwestern weckt, anzeigt, dass meine Sauerstoffsättigung mal wieder zu stark gesunken ist. Also beschäftige ich mich damit, die Anzeige der Vitalwerte zu beobachten, ob sie auch sinkt, wenn ich wach bin. Erwähnte ich schon, dass mir langweilig ist? Und zu schlafen traue ich mich schon gar nicht mehr.

      So beginnt der erste Tag meines neuen Lebens.

      B wie BMI

       B wie BMI

       Mein BMI liegt jetzt bei knapp über 30 und das heißt, ich bin offiziell immer noch adipös, wenn auch genau an der Grenze zum Übergewicht. Die Ärzte schätzen, dass wenn meine Fettschürzen an den Armen, den Beinen, am Bauch und wenn ich Glück habe auch um den Oberkörper herum chirurgisch entfernt sind, ich annähernd normalgewichtig sein werde. Zum ersten Mal in meinem Leben bekomme ich zu hören, dass ich nicht weiter abnehmen, sondern aufpassen soll, dass ich nicht zu wenig esse. Ein seltsames Gefühl und ich kämpfe im Moment noch mit dem Gedanken, was dieser Wert bedeutet.

      Heute weiß ich, dass ich riesiges Glück hatte - trotz aller Probleme dieser ersten Tage nach der Operation. Ich hatte nie Schmerzen, mir war nie schlecht und ich fühlte mich auch nie wirklich schlecht. Langweilig war es. Ich hatte nichts zum Lesen mit auf die Intensivstation genommen, weil ich ja dachte, ich käme nur Stunden später wieder auf mein normales Zimmer. Das Zimmer hatte ich alleine und zur Unterhaltung gab es nur die Anzeigen der Geräte und ab und zu mal Patienten, Ärzte, Schwestern oder Besucher, die an der offenen Tür vorbei gingen. Ich durfte mich immer noch nicht aufsetzen, geschweige denn aufstehen und sollte erst am nächsten Tag auf die Normalstation zurückkehren. Ab und zu gab es etwas Wasser zu trinken, zu Essen würde es erst geben, wenn das Kontrollröntgen zeigte, dass die Naht dicht hielt.

      Aber das ist mir egal, zum ersten Mal in meinem Leben habe ich weder Hunger, noch Durst. Die wenigen Schlucke Wassersind eher Qual als Erleichterung, auch wenn das Schlucken nicht weh tut, es ist ein unangenehmes Gefühl. So vergehen vier Tage, denn nach einem kurzen Abstecher in mein normales Zimmer muss ich wegen einer Infektion, die nichts mit der Operation zu tun hat, zurück auf die Intensivstation.

      Den Abend meines letzten Tags dort feiere ich, indem ich mich endlich auf die Bettkante setze. Niemand hat wirklich erwartet, dass ich es schaffen würde, ohne Hilfe hoch zu kommen, aber es geht. Und ich kann sogar eine Minute stehen, während die Schwestern das Laken wechselten.

      Am Montag den 15. April kehre ich endlich auf die Normalstation zurück, noch versehen mit Katheter, Drainageschlauch und zentralem Venenzugang am Hals, aber fieberfrei. Am nächsten Tag darf ich mit einer Schwester duschen gehen, noch an Krücken und Waschen geht nur mit Hilfe, aber es funktioniert. Die Physiotherapeutin bringt mir einen Atemtrainer und ich übe, mein Lungenvolumen zu steigern. Hätte ich den vor der Operation schon gehabt, wäre mir wohl einiges erspart geblieben.

      Das Schluckröntgen ergibt, dass die Naht dicht ist und programmgemäß bekomme ich nun statt Wasser so genannte hochkalorische Drinks (fantastische 500 kcal pro Fläschchen), von denen ich zwei am Tag trinken soll. Sie schmecken einfach nur grauenvoll süß und nach Chemie und Spaß macht das Schlucken immer noch nicht, aber für die Entlassung muss ich es ja lernen. Schon am Tag nach der Operation sitze ich die meiste Zeit des Tages auf der Bettkante und bin mit meinem Laptop beschäftigt. Das zweite Duschen geht schon ganz alleine und endlich nimmt mich die Physiotherapeutin zu einem ersten Ausflug auf den Flur mit. Zwei Tage vor meiner Entlassung kommen wir dabei an dem Raum vorbei, in dem ich am Tag vor der Operation gewogen wurde und ich frage, ob ich mal auf die Waage darf. Na sicher. Als ich das Ergebnis sehe, weine ich zum ersten Mal, 199 kg, 13 kg weniger als am Tag vor der Operation.

      Nach und nach wird der Speiseplan erweitert um Brühe und Milchsuppe und hurra - ich bekomme Wasser mit medium Kohlensäure, mein allergrößtes Problem, denn stilles Wasser ist mir seit jeher ein Graus. Die Ausflüge werden immer länger, ich traue mich alleine zum Kiosk im Erdgeschoss, um mir eine Zeitschrift zu kaufen und werde beim Anblick des dortigen Angebots an Süßwaren und Limonaden nicht einmal wehmütig. Noch wirkt sich die Operation nicht nur auf die physische Aufnahmefähigkeit, sondern auch auf die Lust, etwas zu essen, aus... Ich sitze vor dem Krankenhaus in der Sonne und frage mich, wie es zu Hause weitergehen wird.

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