Hans Pürstner

Der Gärtner war nicht der Mörder


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es überhaupt nicht, wie er Herr Professor betonte, aber er wollte nicht gerade jetzt wieder das alte Thema aufwärmen. Oft genug schon hatte er sich über den seiner Meinung nach mangelnden Respekt gegenüber Höherrangigen von Woldmann aufgeregt.

      So holte er das Gutachten aus seiner Ablage hervor, setzte seine Lesebrille auf und überflog noch einmal das Schreiben, bevor er kopfschüttelnd antwortete:

      „Dr. Ulrich gibt als Todesursache zwar plötzliches Herzversagen an, meint aber, dass auf Grund nicht näher

      beschriebener Umstände eine Fremdeinwirkung nicht auszuschließen sei. Er spricht von Botulismus oder so..“ setzte der Kriminalrat, immer noch verwundert, hinzu.

      Woldmann, der gerade an einem verzwickten Fall arbeitete, war alles andere als begeistert, sich noch zusätzliche Arbeit aufzuhalsen und fragte mürrisch:

      „Kann das nicht der Kollege bearbeiten, der bei der Tatortbesichtigung dabei war?“

      „Das ist es ja gerade, mein lieber Woldmann“, bekam er fast flüsternd zur Antwort,

      „wir konnten doch nicht gleich mit unserem ganzen Apparat dort aufkreuzen, zumal es ja anfangs wie ein ganz normaler Todesfall aussah“, meinte er eine Spur zu ehrfürchtig

      „Der Notarzt hat aber gegenüber dem anwesenden Beamten des Streifenwagens eine dem entsprechende Vermutung geäußert“, druckste er verlegen herum.

      Das war es also, anscheinend hatte der pflichtbewusste Beamte dies in seinem Bericht vermerkt und dadurch

      überhaupt erst das Misstrauen des Pathologie-Professors geweckt.

      „Gut, Chef, ich lass mir die Akten kommen“, meinte Woldmann resigniert, “aber den Fall mit der ermordeten

      Prostituierten kann ich nicht so einfach zur Seite legen, der Kollege Grabert hat gestern seine Kur bewilligt

      bekommen, das heißt, ab nächste Woche hab ich noch einen Mann weniger!“

      „Ich weiß, Sie haben viel zu tun“, antwortete Berger, „stellen Sie einfach die Beweislage zusammen und wenn alles so ist wie ich vermute, wird mir die Staatsanwaltschaft ohnehin nahe legen, eine Sonderkommission einzurichten!“

      „Das ist wieder typisch“, schoss es Woldmann durch den Kopf, „den Nuttenmörder suchen wir schon wochenlang, haben einfach zu wenig Leute, um wirklich allen Spuren nachgehen zu können. Aber wenn so ein reicher Sack den Löffel abgibt, ist plötzlich genug Personal vorhanden!“

      Aber er ließ sich nichts anmerken und verließ ohne einen weiteren Kommentar das Büro seines Dienststellenleiters.

      Mit leisem Knurren machte Woldmanns Magen auf sich aufmerksam, so beschloss er, an die Landungsbrücken zu Elfriede auf ein Krabbenbrötchen zu gehen.

      Der urige Imbiss war nur zwei Gehminuten vom Bürogebäude entfernt, in dem die Mordkommission des

      Hamburger Landeskriminalamtes untergebracht ist. Er liebte diesen Laden, so schlicht, wenn nicht gar ungepflegt dieser auch aussah.

      Aber Woldmann wusste, dass der äußere Eindruck trog. In Wirklichkeit war Elfriede der sauberste Mensch, den er kannte. Die Brötchen kamen von dem kleinen Bäcker drei Häuser weiter, und die Krabben wie der

      Räucherfisch und die Bismarckheringe konnten hier nicht alt werden. Elfriede kaufte immer nur geringe Mengen ein, und wenn etwas alle war, dann bestellte man sich halt was anderes.

       „Moin, moin, Herr Kommissar!“, begrüßte sie ihn freudig.

      „Was darf´s denn heute sein? Die neuen Matjes sind endlich da. Mit eingelegten Zwiebelringen schmecken sie am besten!“. Mit theatralischer Gestik versuchte sie ihm diese schmackhaft zu machen.

      „Nee, Elfriede, ich nehme lieber eins mit Büsumer Krabben, darauf hab ich heute Appetit!“, lehnte er höflich aber bestimmt die freundliche Offerte ab.

      Erschrocken blickte sie ihn an. Ein Ausdruck, halb besorgt, halb traurig befiel ihr Gesicht und sie sagte

      „Haben Sie denn heute keine Zeitung gelesen, Herr Kommissar? Die Ökos haben doch schon wieder den neuesten Skandal ausgegraben“, meinte sie mit leicht angewiderter Miene. „Bald weiß man wirklich nicht mehr, was man essen soll. Nun soll der Konservierungsstoff in den Krabben bei Mäusen Krebs ausgelöst haben. Und schon kauft kein Mensch mehr die köstlichen Dinger!“.

      „Aber ich bin doch keine Maus“, meinte Woldmann ärgerlich, „diese Hysterie mach ich nicht mit. Geben Sie mir ein Krabben-Brötchen!“

      Doch Elfriede musste bedauernd ablehnen, „Tut mir Leid, ich hab deswegen erst gar keine bestellt, sonst bleib ich am Ende darauf sitzen!“

      So nahm er wohl oder übel einen Rollmops, dazu ein frisch gezapftes Pils und vertiefte sich in den Bericht, den ihm Dr.Berger mitgegeben hatte. Bei der Sektion, las er angewidert, waren im Mageninhalt unter anderem Reste von Nordseekrabben gefunden worden. Das verdarb ihm nun endgültig den Appetit und er bezahlte eilig seine

      Rechnung.

      „Hätte ich Ihnen bloß nichts davon erzählt!“, meinte Elfriede mit zerknirschter Miene. Da musste Woldmann doch wieder lächeln, und er beruhigte schnell ihr schlechtes Gewissen.

      „Nein, ich hab nur eben eine ziemlich unappetitliche Stelle in meinem Untersuchungsbericht gefunden, Elfriede. Keine Angst, mich werden Sie nicht los, dazu schmeckt es bei Ihnen einfach zu gut!“ Seine Antwort stellte sie zwar nicht richtig zufrieden, dennoch strahlte sie ihn an und entgegnete:

      „Na, ja, dann bin ich ja beruhigt. Auf Wiedersehen bis morgen, Herr Kommissar“.

      Woldmann ging zurück in sein Büro und gab telefonisch Anweisung, den Bericht der Streifenwagenbesatzung, die zusammen mit dem Notarztwagen zu der Villa gefahren war, nach oben zu bringen. Kurze Zeit später klopfte es an Woldmanns Tür und nach dessen Aufforderung, einzutreten, kam ein noch ziemlich junger uniformierter Polizist mit etwas linkischen Bewegungen an seinen Schreibtisch.

      „Guten Tag, Herr Oberkommissar“, grüßte er höflich, „Mein Name ist Rauball von der Schutzpolizei,

       Polizeikommissariat 26 in Blankenese. Der Revier-Leiter hat mich zu Ihnen geschickt.

      Ich war vorgestern zusammen mit meiner Kollegin Frau Möller in dem Peterwagen, der zusammen mit dem Notarzt in die Elbchaussee 489 gerufen worden war.“

      „Tag Kollege“ grüßte Woldmann jovial zurück, “Nehmen Sie doch Platz. Schön, dass Sie selbst gekommen sind. Informationen aus erster Hand sind eben doch die besten!“.

      Der junge Polizist nahm das Angebot dankbar an und setzte sich. Woldmann blätterte in der dünnen Akte, die er von Dr. Berger erhalten hatte und fragte:

      „Wie war das eigentlich genau bei Ihrer Ankunft in der Villa, wart ihr vor oder nach dem Notarzt da?“

      „Wir sind gleichzeitig in der Einfahrt angekommen, haben aber natürlich dem Doktor den Vortritt gelassen“,

       berichtete er diensteifrig.

      “Ein aufgeregter Mann, er war wie sich hinterher herausstellte einer der Söhne des Opfers, stand an der Eingangstür und winkte uns ungeduldig zu. Kommen Sie doch, schnell! hat er gerufen. Er war außer sich vor Aufregung.

      Der Doktor ist natürlich gleich hinein geeilt, während der Rettungsassistent erst die Notfalltasche aus dem Wagen nahm und ihm hinterher lief.

       Danach sind wir beide, Kollegin Möller und ich, ebenfalls ins Haus gegangen. In der Halle standen ungefähr zehn meist ältere Herrschaften mit betretener Miene und diskutierten eifrig das Geschehene“.

      Woldmann fragte weiter, „Was war denn ihr Eindruck, Herr Kollege, dachte man an einen Herzanfall oder so was, oder zogen die Anwesenden auch das Essen als Ursache in Betracht? Dann hätten ja auch die anderen besorgt um ihre eigene Gesundheit sein müssen!“

      Dem Streifenpolizist konnte man direkt ansehen, wie angestrengt er nachdachte. Wahrscheinlich war es das erste Mal,