Alois Wilhelm Schreiber

Deutschland und die Deutschen: Ein Geschichtsbuch aus dem Jahre 1823


Скачать книгу

wurden, und dergleichen mehr. Es waren Schiffe, welche die Gestalten solcher Tiere hatten.

      Außerdem brachte man noch allerlei Schnitzwerk und Malereien an den Schiffen an. Die Masten waren schon im Gebrauch; der Anker bestand aus einem Stein mit einem hölzernen Doppelhaken.

      Einige behaupten, die alten Deutschen hätten auch Taue aus Seehundsfellen verfertigt. Das Teeren war ebenfalls schon üblich, und die Planken wurden mit eisernen Nägeln befestigt, der gleichen oft in alten Gräbern gefunden werden.

      Die Deutschen konnten mit ganzem und halbem Winde segeln, was die römischen und griechischen Schiffleute nicht verstanden, auch mussten sich diese auf die Uferfahrt beschränken, während jene gleich in die hohe See gehen konnten. Bei trübem Wetter war dies freilich eine missliche Sache, da der Kompass noch fehlte.

      Bei hellem Wetter aber ließ man Vögel in die Luft fliegen, welche die Schiffer in dieser Absicht mit sich führten, und folgte dann der Richtung ihres Fluges.

      Auf solche Weise wurde Island durch einige Raben entdeckt. Man ließ sie auf einem Schiffe los, wo sie gerade aufwärts stiegen, und bald hierauf landwärts flogen.

      Wann der Gebrauch des Kompasses entdeckt worden, wissen wir nicht. Wohl aber ist es kaum zu bezweifeln, dass es in früherer Zeit durch Deutsche geschehen, denn die Punkte desselben werden – von allen europäischen Nationen – in Deutscher Sprache genannt, so wie die Ausdrücke des Seewesens noch jetzt in allen europäischen Sprachen gleichfalls deutsch sind.

      Auch wussten die alten Germanen schon das Geheimnis, durch Ausgießung von Öl die Wut der Wellen zu besänftigen. Überhaupt waren unsere Väter eben so unerschrocken und furchtbar zur See als auf dem festen Lande.

      Seit dem dritten Jahrhundert beunruhigten die Sachsen, Friesen und Franken mit ihren Schiffen Gallien und Britannien. Der römische Kaiser Probus hatte im Jahr 281 eine Kolonie von Franken an das schwarze Meer versetzt, wo sich dieselben einiger Schiffe bemächtigten, und die asiatischen und griechischen Ufer verheerten.

      Sie landeten nachher in Libyen und in Sizilien, wo sie Syrakus plünderten, durchstreiften die römische Provinz in Afrika, und schifften – mit reicher Beute beladen – durch die gaditanische Meerenge wieder in ihr Vaterland zurück. Die Seeräuberei wurde von den nordischen Völkern zuletzt so ins Große getrieben, dass es im baltischen Meer eigene Könige gab, die keinen Fuß breit Landes besaßen, und doch über große Küsten- und Inselvölker geboten. Sie hießen Seekönige.

      Wenn ein solcher Seeheld starb, so wurde sein bestes Schiff entweder auf dem Lande mit ihm verbrannt, oder samt dem Leichnam in die Tiefe des Meers versenkt.

      Vom Bernstein und den Handelswegen der alten Deutschen:

      Bei den Alten wurde der Bernstein sehr hoch gehalten, und dem Golde gleich geschätzt.

      Die Steinschneider behandelten ihn sehr häufig, und zierten ihn oft mit den schönsten kleinen Figuren, teils in erhabener, teils in vertiefter Arbeit. Auch wurden allerlei kostbare Gefäße daraus verfertigt; die Frauen trugen Halsbänder aus Bernstein, und die Kinder der Reichen und Vornehmen wurden damit geschmückt.

      Den größten Wert legte man darauf, wenn sich eine Fliege, Mücke, Ameise, oder sonst ein Landinsekt darin fand. Der Bernstein ist nämlich ein gelbliches Erdharz, und so lange er noch weich ist, bleiben oft Insekten daran kleben, die dann bei der Verhärtung in den Stein eingeschlossen werden, und so ein kostbares Grab finden.

      Nach der Erzählung eines alten Schriftstellers hätte eine Kamee oder eine Gemme (Bildhauerei) aus Bernstein mit einer menschlichen Figur oft dreimal mehr gegolten, als ein wirklicher Mensch auf dem Sklavenmarkt (Kameen nennt man die hochgeschnittenen Steine, Gemmen die tiefgeschnittenen).

      Die Römer, welche zur Zeit ihres nahen Falls in wahnsinniger Verschwendung alle Völker übertrafen, ließen ganze Jagdzeuge mit Bernstein verzieren: Griffe zu Dolchen, Messern, und allerlei Gerätschaften daraus verfertigen.

      Von der Entstehung des Bernsteins erzählt die alte Fabel folgendes Mährlein:

      Als Jupiter den Phaeton (hier Sohn des griechischen Gottes Helios; aber auch alte Bezeichnung für einen hypothetischen Planeten) in den Eridanus (ein Fluss in der griechischen Mythologie) hinab schleuderte, weil er mit den Sonnenpferden so ungeschickt umging, da standen die Schwestern des Jünglings – die Heliaden (in der griechischen Mythologie die Töchter des Helios) – am Ufer und wehklagten. Sie wurden in schwarze Pappeln verwandelt, und jährlich, am Todestag ihres Bruders, weinen die Verwandelten noch bittere Tränen, die aus der Rinde hervordringen, in den Strom fließen, und dort zu Bernstein werden.

      Dieser Stein wurde zuerst an der Einmündung des Rheins in die Nordsee gefunden, und erst später an den Küsten der Ostsee. Dort entdeckten ihn die Phönizier, die schlauesten Seefahrer und Handelsleute jener Zeit.

      Um aber den Gewinn für sich allein zu haben, und andere Völker von der Fahrt an die germanische Küste abzuschrecken, ersannen sie eine furchtbare Erzählung:

      Der Weg dahin, sagten sie, führe durch ein Meer voll Schrecken und Gefahren, nahe den Pforten der Unterwelt vorbei, und zuletzt gelange man zu einem himmelhohen Fels, von welchem der Quell der Ozeans herabstürze.

      Aus diesem Mährlein leuchtet doch einige Wahrheit hervor. Der Rhein bildete damals noch einen ungeheuren See und war bei Bingen durch eine gewaltige Felsenwand geschlossen. Über diese Wand herab stürzte er nun als ein furchtbarer Katarakt (Stromschnelle), und nahm seinen Weg in das Deutsche Meer oder die Nordsee.

      Die Massilioten – griechische Kolonisten, die sich im heutigen Marseille niedergelassen hatten, und gleichfalls sehr unternehmend waren – fanden später das Geheimnis der Phönizier und holten den Bernstein am Rheine. Sie legten einen Handelsweg an, am Strom aufwärts, bis zum Po und zur Rhone.

      Der Bernstein an der preußischen Küste wurde von Normännern, besonders Jüten abgeholt (einst ein germanischer Volksstamm auf der Halbinsel Jütland), und an die Massilioten vertauscht.

      Drei Handelswege gab es von dort, für dieses damals so wichtige Produkt: Einen auf dem Ozean durch massilische Schiffe; einen zu Lande, bis zum adriatischen Meerbusen und einen auf dem Dnipr (2201 Kilometer langer Strom durch Russland, Ukraine, Weißrussland) zum schwarzen Meere hin.

      Der Kaiser Nero konnte des Bernsteins nicht genug haben. Er sandte darum einen römischen Ritter an die preußische Bernsteinküste, der ihm von da eine ungeheure Menge zurückbrachte. Von dem Könige der Esten allein hatte der Römer 13.000 Pfund zum Geschenk erhalten.

      Den Weg den Dnipr hinauf in die Ostsee nahmen auch manchmal asiatische Kaufleute. Einst wurden mehrere derselben durch Sturm an die Deutsche Küste verschlagen, und nach dem abscheulichen Strandrecht, welches noch bis in unsere Zeiten ausgeübt worden ist, von einem Könige oder Häuptling daselbst zu Sklaven gemacht, der sie nachher dem römischen Prokonsul in Gallien zum Geschenk sandte.

      Die ersten Schiffe waren so eingerichtet, dass sie zu Lande fortgetragen oder auf Walzen fortgeschafft werden konnten. Jene asiatischen Kaufleute kamen vom schwarzen Meer den Dnipr herauf, gingen mit ihren Schiffen an die Düna (ein in die Ostsee mündender, 1020 km langer Strom), und steuerten von da ins baltische Meer.

      Überhaupt waren Schifffahrt und Handel in den früheren Zeiten unserer Väter mehr ausgebreitet, als man gewöhnlich glaubt. In den alten Rheinstädten Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Köln befanden sich viele römische Handelsleute, die mit den benachbarten Deutschen verkehrten. Im mittleren Germanien verkauften die Einwohner bloß an die Römer, duldeten aber keine römischen Waren.

      Marbod, der Markmannen-König, nahm auf seiner Burg die römischen Handelsleute auf, und man findet auch in den Rhein- und Donaugegenden eine Menge Grabsteine mit den Namen römischer Kaufleute. Auch gereicht es unsern Vätern zur Ehre, dass mitten unter kriegerischen Bewegungen der fremde Kaufmann meist sicher und ungestört seine Straße ziehen konnte.