Thomas Häring

Was spinn` ich und wenn Haar, wie Fiele?


Скачать книгу

die würden mit Sicherheit kein einziges Plagiat entdecken." Ihr Blick fixierte mich und ihre eiskalten blauen Augen, oder waren es ihre eisblauen kalten Augen machten mir Angst. "Du hast also auch abgeschrieben?" hakte sie nach. "Woher soll ich denn das wissen? Ich habe meine Doktorarbeit schließlich nicht selbst geschrieben. Wir hatten da einen Typen in unserem Studiengang, der hat das gern und gut gemacht, bei dem haben wir das alle in Auftrag gegeben. Keine Ahnung, ob der sich das alles selber aus den Fingern gesogen hat oder Hilfsmittel zur Hand hatte. So läuft das übrigens immer und überall. Ganz egal ob in einer Ausbildung, in einem Studium oder bei einer Doktorarbeit: Man muß selber überhaupt nichts können oder machen, sondern nur die richtigen Leute kennen, die das für einen erledigen. Und überhaupt: Kopieren geht über Studieren", reimte ich. Sie nickte zustimmend. "Das kenne ich auch", bestätigte sie, bevor sie hinzufügte: "Das ging bei uns schon in der Grundschule los. Die meisten Eltern waren so scharf darauf, daß ihr Söhnlein oder Töchterchen brillant aufs Gymnasium geschickt wird, daß sie großen Wert darauf legten, daß ihr Fratz neben einem klugen Kind saß, von dem es dann abschreiben konnte." "Ja, das Leben ist nicht nur beschissen, sondern meistens nur ein einziger Beschiß. Du zum Beispiel gehst ja auch nur mit mir ins Bett, damit Du Deine Prüfungen bestehst." Sie zuckte gelangweilt mit den Schultern. "Und wenn schon? Der Mensch braucht immer einen Antrieb und eine Motivation. Sei lieber froh darüber, daß Du die Macht hast, über meine und anderer Leute Zukunft zu entscheiden." Ich gähnte. Das war mal wieder typisch für die Menschen ohne Geld, Ruhm und Einfluß. Die beneideten immer Andere um das, was sie selbst nicht hatten. "So toll ist das alles auch wieder nicht. Mir persönlich bringt das nicht viel", versicherte ich ihr, woraufhin sie schallend zu lachen begann und gar nicht mehr damit aufhören wollte. "Der war echt gut, aber Du hast mal wieder überhaupt keine Ahnung. Schließlich schreibe ich bekanntlich nicht nur bei Dir Prüfungen und ich befürchte, daß Deine Ex es nicht so gerne sehen wird, daß ich mit Dir herummache." Nach diesen Worten schaute sie mich erwartungsvoll an. In meinem Kopf begann ich zu rotieren, denn ich überlegte fieberhaft, wen sie mit den Worten "Deine Ex" gemeint haben könnte. Sie sah mich an und verstand, weshalb sie erläuterte: "Ich sprach gerade von Frau Professorin Altklug, mit der Du nach meinen Informationen drei Jahre lang zusammen gewesen bist." "Was Ihr jungen Leute doch alles über uns alte Knacker wißt", ließ ich dazu lediglich verlauten. "Ja, das Internet ist schon toll. Dort findet man nicht nur die wildesten Gerüchte sowie die absurdesten Verschwörungstheorien; nein, hin und wieder entdeckt man dort sogar ein kleines Fitzelchen von der Wahrheit", faßte sie begeistert zusammen. Ich hatte einen Schluck aus meiner Whiskyflasche genommen und schaute sie erwartungsvoll an. Was wollte die Junge eigentlich von mir? Und warum redete sie von meiner Alten, wegen der ich mir immer noch die Birne zuschüttete, um sie endlich zu vergessen? "Na ja, ich schreibe auch bei Frau Altklug zwei Prüfungen und ich befürchte, die wird mich bestimmt durchfallen lassen, wenn sie herausbekommt, daß da zwischen uns was läuft", klärte sie mich auf. Ich atmete tief durch. Mit so einem kleingeistigen Scheiß mußte ich mich beinahe wöchentlich abgeben und das nur, weil ich so anspruchsvoll war und mich deswegen nicht dazu überwinden hatte können, mit ungebildeten oder asozialen Weibern in die Kiste zu steigen. "Ihr immer mit Eurem Konkurrenzdenken und dazu noch diese exzessive Stutenbissigkeit. Sophia ist eine kluge und vernünftige Frau, die hat so etwas überhaupt nicht nötig. Außerdem ist sie ja inzwischen glücklich mit dem Dekan liiert, was bedeutet, daß auch sie sich erfolgreich hochgeschlafen hat, was für Euch Frauen auch ein allzu typisches Merkmal zu sein scheint." Das hatte gesessen, sie schaute mich mißmutig an. "Ich heiße übrigens Alena", teilte sie mir plötzlich mit. "Na und? Dafür kannst Du doch nichts", entgegnete ich. "Das sage ich nur, weil Du die Gewohnheit hast, die Namen von Deinen Bettgefährtinnen zu vergessen." Ich erstarrte. Dieser Campus war wirklich eine mehr als fürchterliche Tratschhölle, ich mußte dort unbedingt weg, so schnell wie möglich, aber am besten sofort. "Das stimmt so nicht. Ich vergesse die Namen von Euch jungen Damen nie, denn ich merke sie mir nicht einmal. So viele Gesichter und so viele Namen, die ich jeden Tag sehe und mir merken müßte, wenn ich an der Uni bin. Die Speicherkapazität in meinem Gehirn brauche ich definitiv für wichtigere Dinge." Sie war nun ziemlich erbost, weshalb sie beinahe meine Whiskyflasche zerdeppert hätte. Zu ihrem und meinem Glück hatte sie sich gerade noch so unter Kontrolle. "Irgendwie finde ich das ungerecht. Wir Studentinnen, aber auch die Studenten, reden unheimlich viel über Euch Professoren, was bedeutet, daß wir Euch viel mehr Aufmerksamkeit schenken als Ihr uns. Wir bereiten Referate vor und halten sie dann vor Euren kritischen Ohren; wir lesen die Bücher, die Ihr uns empfohlen habt und wir beantworten die Prüfungsfragen, die Ihr uns gestellt habt." "Wie dem auch sei, so ist nun mal der Lauf der Dinge. Aber ganz so einseitig ist das Ganze nun auch wieder nicht. Wir hören uns den Scheiß an, den Ihr vortragt, machen gute Miene zum bösen Spiel und lassen Euch durchkommen, obwohl Ihr oft lauter hanebüchenen Schwachsinn labert. Wir korrigieren Eure vermurksten Prüfungen und geben Euch immer wieder eine Chance, auch wenn wir schon längst wissen, daß Ihr einfach zu blöd seid und eigentlich keinen Abschluß verdient hättet und wir geben Euch das Gefühl, daß Ihr es wert wärt uns zuzuhören, obwohl das überhaupt nicht der Fall ist", dozierte ich und ließ mich danach total erschöpft aufs Bett fallen. "Das macht mich so wütend und immer wenn ich sauer bin, dann werde ich geil!" platzte es aus ihr heraus und danach fiel sie ein weiteres Mal über mich her. Das Leben als Hochschulprofessor war wirklich extrem hart.

      Die Stunde der Narrheit

      Sophia Altklug war eine gebildete Frau, auch ihren Professorinnentitel trug sie mit Würde, nur eine Sache beschäftigte sie nach wie vor. "Ich kann immer noch nicht begreifen, wie ich so dumm sein konnte, mich mit diesem Dummkopf einzulassen", bekannte sie beim Kaffeetrinken mit ihrer besten Freundin Frida. Jene schenkte sich Kaffee nach, biß herzhaft in ein Stück Kuchen, krümelte dabei ein wenig herum wie das Krümelmonster, kaute, schluckte und ließ danach Folgendes von sich hören: "Warum machst Du es Dir so schwer? Im Leben geht es nun mal meistens Schritt für Schritt hoch auf der Leiter. Ganz gleich ob in der Karriere oder im Privatleben. Die Liaison mit Professor Dummkopf hat Dich auf die Beziehung mit dem Dekan vorbereitet. Ohne Dummkopf wärst Du heute nicht mit Dekan Hohlschuh zusammen." Sophia wiegte nachdenklich mit dem Kopf hin und her. "Mag sein, aber daß ich es nicht gemerkt habe, daß dieser Dummkopf die ganze Zeit nur junge Studentinnen flachlegt, das werde ich mir nie verzeihen", bekräftigte sie mit entschlossenem Blick und holte sich danach noch ein Stück Kuchen auf ihren Teller. Ihre Freundin beobachtete kurz das Geschehen um sie herum, bevor sie sich wieder Frau Altklug zuwandte. "Ich finde, daß Du es Dir dabei zu leicht machst. Zu einer Beziehung gehören immer zwei und zu einer flotten Bettgeschichte erst recht. Dummkopf ist nicht der Täter, aber natürlich auch nicht das Opfer. Die Studentinnen machen sich ja schließlich auch an ihn heran, nicht nur umgekehrt." "Aber daß er seine Macht dermaßen mißbrauchen muß. Ich meine, ich schlafe ja auch nicht mit meinen 25jährigen Studenten, obwohl denen das bestimmt gefallen würde." Frida warf Sophia einen verwunderten Blick zu. "Was soll das heißen? Willst Du etwa Deinen Dekan hintergehen?" "Natürlich nicht. Schließlich bin ich überglücklich mit Frederik. Trotzdem, ich hätte es wissen und merken müssen. Mein Ex ist ja auch während unserer Beziehung fremdgegangen." "Alles Schnee von gestern. Außerdem hättest Du es durchaus vorher schon wissen können. Namen sagen schließlich oft viel mehr als alle anderen Worte." "Da hast Du leider völlig Recht. Ich weiß noch, wie lustig und faszinierend ich es fand, mit Professor Doktor Dummkopf zusammen zu sein. Damals hat er mir seine ganze Familie so präsentiert: "Mein Vater war Kain Dummkopf. Seine Frau hatte einen anderen Namen und wollte seinen auch nicht annehmen, was ihn sehr verletzt hat. Mein ältester Bruder, Reiner Dummkopf. Meine Schwester, Vara Dummkopf. Dann bin da ich selbst, Merwin Dummkopf und zu guter Letzt mein jüngerer Bruder, Jan Dummkopf." Ich hätte mich seinerzeit bepissen können vor Lachen." "Das kann ich gut verstehen", gab Frida zu und schüttete sich etwas Schnaps in ihren Kaffee. "Du und Dein Alkoholproblem, Ihr seid mir schon zwei so Kameradinnen. Wenigstens säufst Du nicht so viel wie mein Verflossener. Egal, ich meinte damals zu ihm einmal ganz beeindruckt, er wäre weise und da erwiderte er nur: "Von wegen, ich bin Vollwaise"." "Ja, er hatte wohl wirklich eine schwere Kindheit, Dein Ehemaliger. Aber Schluß jetzt mit den alten Geschichten! Vorbei ist vorbei, Du bist schon längst nicht mehr mit ihm zusammen und er wird den Sinn des Lebens wohl auch nicht für immer zwischen den Schenkeln von jungen Studentinnen suchen und finden", vermutete Frida. "Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich war ja