Heike Greiner

Liebeskummer - nichts für Weicheier


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      „Überlege dir gut, was du tust.“ –

      „Eines Tages wird er dir sehr weh tun.“ –

      „Hartmut ist nicht der Richtige für dich.“

      Solches oder Ähnliches bekam ich zu hören. Aber ich wollte es nicht hören. Nein, sie täuschten sich alle oder waren vielleicht sogar neidisch. Ich wollte mit Hartmut glücklich werden. Ja, wenn man die rosarote Brille auf der Nase hat und rechts und links auch noch die sprichwörtlichen Scheuklappen trägt, dann ist die Welt ein Paradies.

      Die „äußeren Umstände“ waren schwierig. Wir wohnten rund 30 Kilometer voneinander entfernt, und Hartmut hatte damals kein eigenes Auto, sondern musste sich regelmäßig eines ausleihen. Es war schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen: seine Situation, meine Situation, seinen Job, meinen Job, seine Kinder, zwei Wohnungen und so weiter. Aber so oft es möglich war, haben Hartmut und ich uns getroffen. Wir haben täglich – bis zum letzten Tag unserer Beziehung – stundenlang telefoniert. Täglich schrieben wir uns liebe und verliebte SMSs.

      Schon bald machte ich mir mehr Gedanken über seine Situation, als über mich:

      Wie konnte man alles so regeln, dass wir irgendwann ein gemeinsames Zuhause hatten, in denen nach Bedarf auch seine Kinder Unterschlupf finden konnten? Ich machte mich auf die Suche nach Häusern, obwohl ich genau wusste, dass weder er noch ich zu dieser Zeit die finanziellen Mittel hatten, um dieses Vorhaben zu realisieren.

      Hartmut sprach oft von Heirat: „Sobald die Situation besser ist, heiraten wir. Wir bleiben für immer zusammen, das verspreche ich dir.“

      Solche Sätze bekam ich regelmäßig zu hören. Er verwöhnte mich, war überaus aufmerksam und liebevoll und erklärte mir mindestens drei Mal täglich, wie sehr er mich liebte. Und das – wie gesagt – bis zum bitteren Ende unserer Beziehung. Ich vertraute ihm blind und wäre nie auf die Idee gekommen, dass er mich betrügen oder mich wegen einer Anderen verlassen könnte. Nie hätte ich gedacht, dass er ein so „wunderbarer“ Schauspieler ist. Das mit der Anderen lief bereits mehrere Monate, bevor er sich dann endgültig von mir trennte. Doch auch seine neue Beziehung war nicht ohne Komplikationen: Seine „Neue“ war mit einem circa 30 Jahre älteren Mann verheiratet, der furchtbar eifersüchtig reagierte und sogar Drohungen gegen Hartmut ausstieß. Hartmuts Familie fand sein Verhalten unverständlich bis unmöglich. Ihm schien es egal zu sein. Selbst die Beziehung zu seiner Familie setzte er aufs Spiel, um mit der Anderen zusammen zu sein.

      Und ich? Obwohl ich im Laufe meines Lebens schon mehrfach Liebeskummer und Trennungen hinter mich gebracht hatte, war es noch nie so schlimm gewesen wie dieses Mal. Zum einen, weil ich ihm blind vertraut hatte. Zum anderen, weil ich nichts bemerkt hatte oder nichts hatte merken wollen. Und natürlich hatte ich ihm geglaubt, dass er es ernst mit mir meinte. Immer hatte ich eine gemeinsame Zukunft mit ihm gesehen. Wie naiv ich gewesen war!

      Doch der entscheidende Grund für meinen extremen Schmerz war, dass ich noch nie einen Mann so sehr geliebt hatte wie ihn.

      Wumm! Das war’s dann! Gleich nach der Trennung hat er die üblichen Floskeln geäußert:

      „Es wäre schön, wenn wir Freunde bleiben würden.“ –

      „Wir können uns jederzeit zum Kaffee oder Essen treffen. Meine neue Freundin hat nichts dagegen.“ –

      „Du kannst dich jederzeit bei mir melden, wenn irgendetwas sein sollte.“ –

      „Du bist so eine tolle Frau, aber es hat eben nicht sein sollen mit uns. Wir können uns jederzeit zum Quatschen treffen.“

      Bla bla bla. Selbstverständlich hat sich nichts von diesen vermeintlichen „Abschiedsleichtmachern“ bewahrheitet. Man kann nicht mit jemandem befreundet sein, der einen wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen hat und von dem man so tief verletzt wurde. Vielleicht hätten wir Kumpels werden können. Freundschaft wäre das nicht.

      Er gab mir meinen Wohnungsschlüssel zurück, die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und ich war allein. Allein mit meinen Gedanken, meiner Trauer, meiner Wut, meiner Verzweiflung, meinem Selbstmitleid. Für ihn war es einfach. Er konnte sich sogleich in die zärtlichen Arme seiner neuen Liebsten begeben.

      Unvorstellbar, wie ich mir die Treffen zwischen ihm und ihr ausmalte. Die reinste Selbstzerstörung!

      Und so begannen sie, die Phasen des Liebeskummers. Ich musste durch jede einzelne hindurch. Vergnügen ist wahrlich etwas anderes. Die beschriebenen Phasen sind meine ganz persönlichen. Für Liebeskummer gibt es kein Schema. Jeder Mensch geht anders mit dem Schmerz einer Trennung um. Jeder Mensch benötigt unterschiedlich lange, um über solch ein Erlebnis hinwegzukommen.

      Ich kenne Leute, die schon nach zwei bis drei Monaten eine neue Liebe hatten. Doch ich kenne auch andere, die nach Jahren noch nicht über die Trennung hinweg waren.

      Vielleicht findet sich mancher Leser in der ein oder anderen von mir beschriebenen Phase wieder. Mich würde es freuen, wenn das Büchlein Betroffenen ein wenig helfen würde, durch ihren eigenen Liebeskummer zu gehen, mit einem Tränchen ebenso wie mit einem Lächeln.

      „Alles geht einmal vorüber.“ Als Freunde mir den Satz sagten, konnte ich nicht daran glauben.

      Wer erfahren will, ob in dieser Floskel ein Körnchen Wahrheit steckt, darf mich gerne durch meine Liebeskummer-Phasen begleiten …

      Erstarrung

       1. Liebeskummer-Phase: Erstarrung

       Aus

      Ein Schlag ins Gesicht.

      Es ist aus.

      Ein Schlag in den Magen.

      Es ist aus.

      Stummer Schrei.

      Höllenschmerz.

      Starker Schock.

      Ein Stich ins Herz.

      Du bist fort.

      Ein Stich in die Seele.

      Du bist fort.

      Stummer Schrei.

      Höllenschmerz.

      Starker Schock.

      Gefühle erfroren.

      Liebe erloschen.

      Herz zerbrochen.

       A U S!

      

      In der Erstarrungsphase war ich direkt nach der Trennung. Das Wort Erstarrung traf wirklich genau das Gefühl beziehungsweise den Zustand, in dem ich mich zu diesem Zeitpunkt befand. Die Erstarrungsphase trat ein, als sich die Tür nach der Schlüsselübergabe hinter Hartmut geschlossen hatte, und sie beinhaltete tatsächlich sämtliche „Symptome“, die man sich unter einer Starre vorstellen kann. Ich war regelrecht bewegungsunfähig vor Schreck, so kann man es am besten formulieren. Als ich mich im Spiegel betrachtete, sah mir ein leichenblasses Gesicht entgegen. Mit glasigen ausdruckslosen Augen. Ich konnte nicht fassen, was passiert war. Hartmut hatte mich verlassen. Er hatte mich einfach ausgetauscht gegen eine andere Frau. Ich fühlte mich wie das berühmte, alte Möbelstück – ausrangiert und weggeworfen.

      Warum? Warum ich? Wieso passierte so etwas mir? Ich liebte ihn doch, ich vertraute ihm, wir waren doch einander so nah und glücklich gewesen. Ich liebe ihn doch so sehr …

      Ich war weit davon entfernt, einen klaren Gedanken zu fassen. Schock. Erstarrt. Schockstarre. Stumm. Handlungsunfähig. Gelähmt. Alles, was ich spürte, war mein Herzschlag, der in meinen Schläfen pochte. Diese Phase kam mir wie eine Ewigkeit vor, innerhalb der die Zeit stehen zu bleiben und zugleich über mich hinweg zu rollen schien.

      Dann begann ich, in der Wohnung auf und ab zu laufen. Unruhig – von einer Zimmerecke zur nächsten und wieder zurück. Schließlich brach alles aus mir heraus. Damit schloss