Tina Engel

Ab heute ohne mich


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getauscht hatte.

       Ich mache Party.“

       Einfach so oder warum das?“ fragte Lisa neugierig, doch insgeheim schwante ihr schon etwas.

       Ich werd' einfach so neunundzwanzig und wollte in meinen Geburtstag reinfeiern.“

       Da machen wir doch glatt mit“, meinte Dennis, Lisa nickte ebenfalls begeistert. Endlich gab's mal wieder eine von Leos berühmt-berüchtigten Partys. Wenn er feierte, ging es nicht so spießig zu und es gab immer was zu lachen.

       Moment mal“, stutzte Lisa im nächsten Moment und tippte sich gegen die Stirn. „Neunundzwanzig bist du letztes Jahr auch schon geworden…“

       Leo tat, als wäre er nun total verlegen. Da klopfte Lisa ihm auf die Schulter und meinte grinsend: „Na, vielleicht tut sich ja beziehungstechnisch in den nächsten Tagen noch was. Wir lassen uns deine Party auf keinen Fall entgehen.“

       Supi, dann sehen wir uns. Ich muss erst mal wieder – und ihr repräsentiert mal noch schön fleißig hier“, meinte Leo und drehte nun weiter seine Runde, um nebenbei noch ein paar anderen Leuten Bescheid zu geben.

       Dennis drehte sich zu Lisa um und zog sie im nächsten Moment zu sich.

       Er deutete ihren Gesichtsausdruck wohl richtig. „Hey, mir tun auch schon die Füße weh. Aber wir haben das hier bald geschafft.“

       Schön wär’s“, seufzte sie leise und ließ sich flüchtig von ihm küssen.

       Zwei seiner Kumpels kamen, kurz darauf gesellten sich zwei von Lisas Freundinnen zu ihnen und irgendwann war der ganze Stand plötzlich voller bekannter Gesichter.

       Langsam begann diese Sache doch noch, Lisa ein wenig Spaß zu machen. Dennis holte unter dem Tisch einen Karton Sekt hervor, sein Kollege kramte aus einem anderen Karton Plastikbecher hervor – es wurden zwei Flaschen geöffnet und das sprudelnde Zeug in die Becher gegossen.

       Von einem der Karussells tönte schon die ganze Zeit Musik aus den Charts herüber, seit ein paar Minuten sogar etwas lauter. Prompt wippten die Mädchen im Takt mit und kicherten.

       Einer der Jungs gab eine witzige Story über einen tollpatschigen Typen aus seiner Firma zum Besten, die Leute am Stand lachten immer wieder amüsiert.

       Lisa ebenfalls. Sie hatte sich gerade wieder etwas gefangen, als sie in der Menschenmenge auf dem Platz jemanden entdeckte. Ralf.

       Ihr Herz schlug plötzlich bis zum Hals. Warum auf einmal? Es war doch schon lange vorbei. Seit dem hatten sie sich - zumindest inoffiziell - nicht wieder gesehen.

       Lisa sah nun auch das Mädchen an seiner Seite. Lara. Mit ihr war er schon genauso lange zusammen wie Lisa mit Dennis.

       Lara zeigte nun auf Dennis. Lisa wäre am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken. Jetzt kamen die Beiden auch noch auf direktem Weg zu ihnen an den Stand!

       Lisa trank ihren Becher in einem Zug leer. Sie musste jetzt ganz locker und relaxt bleiben. Konnte sie das in Anbetracht der Lage überhaupt? Ihr blieb keine Wahl.

       Da standen die Beiden auch schon vor ihnen. Ralfs Augen strahlten wie eh und je, immer hatte er den Schalk im Blick, egal zu welcher Gelegenheit. Verstohlen blinzelte er kurz zu Lisa herüber.

       Hi“, hauchte sie lautlos und erwiderte seinen fröhlichen Blick. Sie meinte, seine Gedanken zu hören: Hey, wir wissen was, was die nicht wissen…

       Vor zwei Jahren, auf Leos vorletzter, groß angelegter Geburtstagsparty, hatte es zwischen ihnen gefunkt. Gewaltig. Von einer Sekunde auf die andere. Dabei kannten sie sich schon länger, hatten sich bis dahin immer irgendwie geheimnisvoll umschwänzelt - wie zwei Katzen, die nicht wussten, was sie voneinander zu halten hatten. Doch auf der Party dann hatten sich nicht nur ihre Blicke auf ganz seltsame Art berührt, sondern am Buffet auch ihre Hände, als sie aus Versehen im gleichen Moment zum gleichen Häppchen greifen wollten.

       Ein erschrockener und zugleich faszinierter Blick in die Augen des anderen - und schon war alles gesagt.

       Ich muss dich wiedersehen, allein“, hatte er ihr in jener Nacht leise zugeflüstert. Mit diesen Worten war die Lawine ins Rollen gebracht worden.

       Wehmütig hatte Lisa später oft daran zurück gedacht.

       Hin und wieder hatten sie sich heimlich in dem kleinen Wald am Stadtrand getroffen, hatten viel geredet, geträumt, gelacht. Dann waren sie ein paar Mal miteinander im Bett eines auswärtigen Hotels, einer Pension, auf der Rückbank eines Autos oder wo auch immer gelandet. Sie hatten eine kurze, wahrlich heiße Affäre ausgelebt. Bis beide nach ein paar Wochen ganz abrupt aus ihrem erotischen Traum aufwachten und einsahen, dass sie sich mit jedem Mal, das sie sich trafen, nur noch tiefer ins Chaos hineinritten. Dass sie sich damit gegenseitig nur unnötig wehtaten, da für beide zu dem Zeitpunkt feststand, dass sie sich nicht von ihren Partnern trennen konnten. Lara war damals im fünften Monat schwanger gewesen. Für Lisa ein Grund mehr, dem Baby nicht die Familie zu zerstören.

       Leider war das ungeborene Wesen zwei Monate später noch in Laras Bauch aus unerklärlichen Gründen gestorben.

       Oft war Lisa versucht gewesen, den Kontakt zu Ralf wieder aufzunehmen, ihm in der schweren Zeit beizustehen. Aber was wäre daraus geworden?

       Sie wären wieder zusammen im Bett gelandet, alles wäre von vorn losgegangen, Gefühle wieder hoch gekocht.

       Um stark zu bleiben und diese traurige Geschichte irgendwie zu überstehen, brauchte Lara ihren Freund Ralf zu jener Zeit mehr denn je an ihrer Seite.

       Lisa hatte damals nur eine einzige SMS auf Ralfs Handy geschickt: „Nicht traurig sein.“

       Nun stand er auf einmal wieder vor ihr. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen. Sie vergrub ihre Hände tief in den Jackentaschen, so sehr zitterten sie vor Aufregung. So sehr brachte er ihr Herz noch in Wallung.

       Lara wurde in diesem Augenblick von einem der Jungs angesprochen. Das musste Lisa ausnutzen.

       „Na, wie geht’s?“ fragte sie, so locker sie konnte. Dabei sah sie Ralf mit großen Augen an.

       In diesem Moment – super!“ Seine Augen lachten sie an. Wie kannst du nur fragen? Wenn ich dich sehe, dann geht es mir einfach gut, dann ist die Welt in Ordnung!

       Diese Zweideutigkeit seiner Antwort hatte nur Lisa herausgehört. Also hieß das, dass es ihm sonst nicht gut ging? Leider war dies nicht der richtige Ort, um das näher zu erörtern.

       Und selbst?“ fragte er.

       Wie immer“, antwortete sie. Es hat sich nichts geändert, ich habe dich vermisst , sagte ihm ihr Blick.

       Da wandte sie sich von ihm ab und meinte zu Dennis, der etwas abseits bei ein paar anderen Leuten stand: „Habt ihr noch was zu trinken?“

       Dennis wurde auf Ralf und dessen Begleiterin aufmerksam. „Aber klar doch.“ Er kam kurz zu ihnen, um Ralf und Lara zu begrüßen. Dann füllte er sämtliche Becher um sich herum. Schon stießen sie alle noch einmal an.