der Fahrt nach Quimper war Ewen sehr still. Paul hatte den Eindruck, dass sein Kollege mit seinen Gedanken weit entfernt war. Dann, sie waren schon seit fast einer halben Stunde unterwegs, begann Ewen zu sprechen.
„Wenn einer von den Männern der Liste der Mörder ist, dann geht es bei dieser Tat doch um Rache. Rache wofür? Durch den Tod der Frau bekommt keiner der Männer sein Geld zurück. Meine Fragen sind also:
Erstens, hat die Frau das Geld erpresst?
Zweitens, hat sie das Geld von den Männern geschenkt bekommen?
Oder drittens, hat man ihr das Geld geliehen?
Wenn man ihr das Geld geschenkt hat, gibt es keinen Grund sie zu töten, es sei denn, aus Enttäuschung, weil sie den jeweiligen Mann verlassen hat. Also aus Rache für das Verlassen.
Wenn sie das Geld erpresst hat, dann macht der Mord nur einen Sinn, wenn der Erpresste damit weiteren Zahlungen aus dem Weg gehen kann. Das setzt aber voraus, dass sie ihn erneut erpresst hat. Wir haben aber, jeweils nur eine Einzahlung der jeweiligen Männer. Wenn man ihr das Geld geliehen hat, dann macht der Mord gar keinen Sinn. Wie soll der Mörder wieder an sein Geld kommen, nachdem die Frau tot ist? Wir sollten über andere Motive nachdenken.“
Paul hatte Ewen bei seinen Ausführungen nicht mit Zwischenfragen gestört. Ihm erschienen die Überlegungen durchaus sinnvoll. Aber was gab es an weiteren Motiven?
„An welches andere Motiv denkst du?“, fragte Paul Ewen.
„Ein Verehrer, der die Frau nicht bekommt und sie auch keinem anderen gönnt, ein Familienstreit, eine Affekthandlung, eine Verwechslung, es gibt noch viele Möglichkeiten. Wir müssen mehr über ihr Leben erfahren und über ihr Umfeld. Was hat sie gemacht? Wo war sie in den letzten Tagen vor der Ermordung? Mit wem hat sie zusammengelebt, oder ist sie Single gewesen? “
Ewen warf einen kurzen Blick in den Spiegel, bevor er von der Voie Express abbog.
„Mir scheint, dass wir eine Menge Arbeit vor uns haben. Da sitzt man in der Provinz, von der gesagt wird, dass das Leben hier ruhig fließt und hat dann mehr Morde aufzuklären, als in der Großstadt.“
„Na ja Paul, so schlimm ist es in Quimper nun auch nicht. Seit dem Mord, an den vier Vergewaltigern vor drei Jahren und an dem Geheimagenten im letzten Jahr, der diesen Geldfälschern auf der Spur gewesen ist, hat es bei uns doch keinen Mord mehr gegeben. Der letzte Fall, der dann doch kein Mord gewesen ist, liegt doch auch schon einige Monate zurück.“
„Du hast ja Recht, Ewen, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass die Straftaten dramatisch zunehmen. Vor etlichen Jahren ist doch ein Mord etwas Besonderes gewesen. Heute gehört er schon zu den täglichen Nachrichten. An jedem Tag erscheint in dem Ouest France ein Artikel über einen Mord in der Bretagne. Früher sind es doch eher die großen Städte, Paris oder Marseille gewesen, wenn man von solchen Verbrechen gehört hat.“
„Willkommen in der Neuzeit, kann ich da nur sagen!“
Ewen steuerte den Wagen auf den Hof des Kommissariats und stellte den Motor ab. Die beiden Kommissare stiegen aus und gingen in ihr Büro.
„Wie wollen wir mit der Überprüfung der Liste vorgehen? Wir können die Kollegen in Rennes, Lorient, Saint-Malo, Nantes usw. bitten, die Befragungen durchzuführen, aber ich bin der Meinung, dass es immer besser ist, die Informationen aus erster Hand zu bekommen. Nourilly wird aber bestimmt nicht erfreut sein, wenn wir ihm sagen, dass wir durch den ganzen Osten der Bretagne fahren müssen, um die Liste unserer Verdächtigen abzuarbeiten.“ Paul sah Ewen mit einem Grinsen an.
„Da könntest du Recht haben. Ich sehe auch, dass es besser wäre, wenn wir die Befragungen selber durchführen könnten, aber wir werden es zeitlich nicht schaffen. Wir fangen erst einmal bei uns in der Gegend an. Es ist ja durchaus möglich, dass der Mörder von hier stammt, denn die Tat hat hier stattgefunden. Danach sehen wir weiter. Jedenfalls hat sich die Fahrt nach Morlaix gelohnt. Diese Liste bringt uns ein Stück weiter.“
Ewen zog die Liste aus der Akte und überlegte bereits, wen sie als erstes befragen sollten.
„Wir sollten uns zuerst diesen Le Meur vornehmen, am besten gleich morgen früh. Danach können wir nach Riec-sur-Belon zu diesem Austernzüchter Salaun und nach Loctudy zu dem Schriftsteller Guy de Moros, fahren. Der de Moros steht zwar nicht mit einer Geldsumme auf der Liste, aber vielleicht gehört er in die Kategorie enttäuschter Liebhaber. Als letzten würde ich dann den Werftbesitzer Gilles Coray, in Lorient, sprechen wollen. Ich bringe nur schnell noch den Laptop zur Kriminaltechnik, dann können sie ihn schon untersuchen.
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