Edi Mann

Problemzone Gelassenheit


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Lösung scheint darin zu bestehen, das LosLASSEN loszuLASSEN. Aber nicht als aktive Tat ausgeführt, sondern als negative Nicht-Tat. Und wie könnte eine solche negative Nicht-Tat aussehen? Vielleicht kommt ihr der Begriff Akzeptanz am nächsten. Akzeptanz, dass nichts wirklich losgeLASSEN werden kann. Akzeptanz, dass alle Bemühungen in diese Richtung vergebliche Bemühungen sind. Und aus dieser Akzeptanz heraus kann die Erkenntnis aufkeimen, dass die Gefängnistür überhaupt nicht verschlossen ist. Dass das, was man losLASSEN will, nur eine Vorstellung ohne jegliche Substanz ist. Es verliert seine Wichtigkeit und damit die Kraft, einen Einfluss auszuüben.

       Ein weiterer Punkt, warum das aktive LosLASSEN so selten zu einem befriedigenden Ergebnis führt, könnte folgender sein: Nicht wir haften an den Dingen, die wir loswerden möchten, sondern die Dinge haften an uns. Zum Beispiel unliebsame Erinnerungen, Prägungen, Erfahrungen, Charaktereigenschaften, Konditionierungen... Meist sind das doch Dinge, die man ungefragt übergestülpt bekam, die sich durch eine ominöse Hintertür in unser Leben schlichen, um fortan ihre Wirkung zu entfalten und uns so sein LASSEN, wie wir sind. Zu dem Erscheinen dieser Dinge oder Eigenschaften hat das bewusste Ich in den seltensten Fällen seinen Beitrag geleistet. Doch nun kommt dieses Ich auf die glorreiche Idee, einen Teil (natürlich nur den unliebsamen) dieser Dinge loszuLASSEN. Euphorisch und voll der guten Absichten stürzt es sich in die Arbeit... und scheitert ein ums andere mal.

       Warum? Weil nicht das Ich die Eigenschaften und Gewohnheiten festhält, sondern die Eigenschaften halten am Ich fest. Sie sind es, die das Ich zu dem machen, was es ist. Sie sind das Ich. Da das Ich und seine Eigenschaften eine untrennbare Einheit bilden, bleibt auch in diesem Fall die Akzeptanz der beste Lösungsansatz: „Ich bin nicht diese Eigenschaften, aber momentan sind sie da und machen mich zu dem, der ich zu sein scheine.“

       Akzeptanz. Man hört auf zu kämpfen, und plötzlich wird alles friedlich. Man nimmt sich an, so wie man ist, und plötzlich wird der Umgang mit sich selbst leicht, man beginnt sich zu verstehen. Man ist nicht mehr auf Veränderung aus, weil man weiß, dass sie von alleine geschieht, ohne sein Zutun... wenn es an der Zeit ist.

      2. Fließen-LASSEN

       Ein natürlicher Flusslauf, beginnend an einer aus dem Fels sprudelnden Quelle und irgendwann im unendlichen Ozean mündend, ist eine gute Metapher für unser Leben. Vielleicht ist aus diesem Grund des öfteren von einem (unserem) Lebensfluss die Rede, den wir bereisen.

       Das sich als eigenständiges Subjekt fühlende Ich sieht sich dabei gerne als Kapitän, der den Kahn (“seinen“ Körper-Geist-Organismus) durch die Gewässer steuert. Es hält das Ruder fest in der Hand, um das Leben, den unberechenbaren Lebensfluss, zu meistern und zu bezwingen.

       Unter den Kapitänen findet man die unterschiedlichsten Charaktere. Angefangen bei den eher geLASSENen Gesellen, die nur im Bedarfsfall eingreifen, bis hin zu den absoluten Kontrollfanatikern, die sich schon im Voraus einen genauen Plan ihres Lebensflusses erstellten und nun verzweifelt versuchen, den natürlichen Flusslauf ihrem Plan anzupassen. Im übertragenen Sinne werden da Dämme und Staumauern errichtet, Begradigungen vorgenommen und Kanäle angelegt, die den Lebensfluss kontrollierbar machen sollen. Ein solches Unterfangen ist natürlich hoffnungslos, bringt meist mehr Schwierigkeiten als Nutzen. Überschwemmungskatastrophen oder ähnliches sind die Folgen, doch einen Fanatiker bringt so schnell nichts zum Aufgeben.

       Aufmerksame und weniger verblendete Kapitäne erkennen im Laufe ihrer Reise, dass großartiges Planen in eine unbestimmte Zukunft hinein nicht allzuviel bringt. Zu oft mussten die mühevoll ausgearbeiteten Pläne über den Haufen geworfen werden, da sich die erscheinende Wirklichkeit kaum danach richtet. (Wenn du Gott zum lachen bringen willst, erzähl im von deinen Plänen).

       So gut wie allen Ich-Kapitänen ist aber gemeinsam, das Ruder in der Hand zu behalten. In ruhigen Gewässern eher locker und relaxt, wenn es wilder und stürmischer zugeht meist krampfhaft und verbissen.

       Der Gedanke, das Ruder aus der Hand zu legen, also das Boot sich selbst zu überLASSEN, ist für das Ich eine absurde Idee. Zumindest bei gefahrvollen Ereignissen, in stürmischen Zeiten, betrachtet es eine feste Hand und einen klaren Verstand als absolut notwendig, um die aufkommenden Probleme zu meistern. Doch in Wirklichkeit verhält es sich eher entgegengesetzt. Wenn uns der Fluss des Lebens mit Problemen konfrontiert, dann deshalb, weil wir uns diesem Fluss, diesem Fließen, entgegenstellen. Wir akzeptieren nicht das, was momentan erscheint, sehen es als Problem und unternehmen den Versuch, etwas zu ändern.

       Das Ich hat Schwierigkeiten mit dem unkontrollierten Fließen-LASSEN, weil es ein Ziel vor Augen hat. Es braucht so ein Ziel oder einen Sinn, um sein Dasein und seine Bemühungen zu rechtfertigen. Der Fluss selbst hat kein Ziel, er folgt einfach seinem Lauf. Es ist nicht das Ziel des Flusses, das Meer zu erreichen.

       Stauungen im Lebensfluss entstehen durch das Festhalten. Das Festhalten an Gewohnheiten, an Meinungen oder Überzeugungen. An einem Wissen, das man zu haben scheint, an einer Wahrheit, die man zu kennen glaubt. Doch irgendwann kommt dann die Erkenntnis, dass man es selbst ist, das am freien Fließen hindert. Aber auch Erkenntnisse können Stauungen verursachen, wenn sie festgehalten werden.

       Was sind denn Erkenntnisse? Doch nichts anderes als Hinweisschilder auf dem Weg durchs Leben. Wie absurd wäre es, sich an den Schildern festzuhalten oder sie einzusammeln und beim weitergehen mit sich zu schleppen. Vor allem angesichts der Tatsache, dass bei Bedarf immer neue auftauchen, um dem Weiter eine andere Richtung zu geben. Erkenntnisse sind momentane Dinge. Wenn man sie festhält und eine dauerhafte Wahrheit daraus machen will, überführt man sie auf die Ebene seiner Vorstellungswelt. Man passt sie in seinem Erkenntnisrahmen ein, der alles mögliche beinhalten kann, nur nicht so etwas wie eine allgemeingültige Wahrheit.

       Wenn man es fließen LÄSST, sich treiben LÄSST, stellt sich eine sorglose Leichtigkeit ein. Es gibt nichts mehr zu erreichen, was allerdings nichts mit Stillstand zu tun hat. Wenn die Weichen des Energieflusses auf Action gestellt sind, wird Tätigkeit angesagt sein, in ruhigen Zeiten Müßiggang. Mit dem Wissen um die Bedeutungslosigkeit allen Tuns kann der spielerische Aspekt wieder in den Vordergrund treten, um das zwanghafte Streben nach einem Ziel oder Ergebnis abzulösen. Die Freude gilt wieder der momentanen Tätigkeit, nicht dem Ergebnis.

       Sich ganz im Fluss zu befinden, im Flow sein, macht einen selbst-vergessen. Man hat sich im Fluss des scheinbaren Geschehens aufgelöst, ist selbst zum Fluss geworden. Auch wenn der Ich-Gedanke noch des öfteren an der Oberfläche erscheint, bekommt er das Ruder nicht mehr in die Hand. Das Ich wurde als das erkannt, was es wirklich ist... als nicht wirklich. Und das, was hinter dem illusionären Ich steht, kann es fließen-LASSEN.

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