waren das Geschenk von Frau Hummel und Aimee, wie Herr Asoko der Gesellschaft gerade erklärte. Onta war gerettet, das sah man ihr an und mit großer Erleichterung widmete sie sich ihrem Nachtisch. „Schade, nur so klein“, murmelte sie leise, was ihr einen Stupser von Aimee einbrachte. Sophie gluckste leise und selbst Suki die ein paar Meter entfernt saß, konnte sich ein kleines Lachen nicht verkneifen. „Bevor ich den offiziellen Teil beende, möchte ich unsere Gäste und das Geburtstagskind in das Haus bitten“, sprach Herr Asoko mit feierlicher Stimme. „Was kommt jetzt noch?“, fragte Onta leise. „Warte es ab Onta und lass dich überraschen“, flüsterte Frau Morgenbesser lächelnd. Suki trippelte an Sophie und Onta heran, nahm sie an den Händen und führte sie mit ins Haus. „Ich bin ja so aufgeregt“, wisperte sie. „Und nachher mach ich auch euer Geschenk auf.“ Das Innere des Hauses war inzwischen von allen Kisten und Körben befreit. Die Einrichtung bildete eine Mischung aus japanischer Einfachheit und westlicher Bequemlichkeit. Sie kamen an der Küche vorbei, am Wohnzimmer und blieben vor einer Schiebtür stehen. Es roch immer noch ein bisschen nach Farbe, fand Sophie. „Suki-chan, würdest du bitte die Tür öffnen“, forderte sie ihr Vater auf. Spannung lag in der Luft. Mit einer grazilen Bewegung, die Sophie nie hingekriegt hätte, öffnete Suki die Tür. Helles Licht flammte auf, gefolgt von einem Schrei. „Masaru!“, schrie Suki begeistert und fiel stürmisch ihrem älteren Bruder um den Hals. Tränen liefen über ihr Gesicht. Mit einem „So lass dich Ansehen kleine Schwester“, pflückte Masaru seine Schwester von sich ab und drehte sich mit ihr im Raum. Sophie und Onta kannten ihn bereits von einem Videotelefongespräch. Sukis Bruder war so groß wie sein Vater, schwarzhaarig und schlank. „Ich bin aber nicht die einzige Überraschung“, sagte Masaru und gab den Blick frei auf einen nachtschwarzen Flügel. Sofort ließ Suki von ihrem Bruder ab und umrundete den Flügel. „Danke, vielen Dank“, hauchte sie immer wieder auf Deutsch und Japanisch. „Setz dich und spiel“, forderte Masaru seine kleine Schwester auf. Alle stellten sich um den Flügel herum, während Suki kleine und große Triller zum Besten gab. Sophie erkannte das Stück. Es war dasselbe Bach-Stück, das Suki auch auf der Goldblatthochzeit gespielt hatte. Danach setzte sich auch noch Masaru an den Flügel und vierhändig spielten die beiden Geschwister ein munteres Stück. Alle wippten im Takt. Und plötzlich, fing Herr Asoko auf Japanisch zu singen an und nach und nach stimmten alle Japaner mit ein. Onta stupste Sophie an. Es hörte sich komisch an, die hohen und tiefen Stimmen zu der Melodie, die auf dem Klavier gespielt wurde. Sophie schüttelte verwundert ihren Kopf, täuschte sie sich oder nicht, die Melodie kannte sie doch. Sie einzelnen Wortfetzen kamen ihr wage bekannt vor. Frau Hummel summte plötzlich auch mit. Es war „Unter den Linden“, schoss es Sophie durch den Kopf. Ein altes deutsches Volkslied, gesungen von Japanern. Irre! Frau Morgenbesser legte ihre Arme auf Sophies Schultern und summte auch leise mit. Sophie merkte, wie sich eine Gänsehaut auf ihren Unterarmen ausbreitete. Am liebsten, würde sie diesen Moment festhalten. Alle schienen glücklich zu sein. Onta dachte ein bisschen wehmütig an ihre Eltern und Rian, der ihr nicht mehr so richtig aus dem Kopf ging. Und auch Aimee war mit ihren Gedanken nicht mehr so ganz bei der Feier. Leise seufzten beide tief, schauten sich verblüfft an und lachten. Schwestern, dachte Sophie, die das kleine Zwischenspiel bemerkt hatte. Suki setzte zu einem weiteren Volkslied an und alle sangen „Hoch auf dem gelben Wagen“. So ging es noch eine Weile, bis Frau Morgenbesser Sophie sanft Richtung Tür schob. „Ihr könnt nächste Woche noch genug zusammensitzen. Gönn´ ihnen die Zeit als Familie“, erklärte sie auf Sophie fragenden Blick. „In Ordnung“, wisperte sie zurück. Sie stupste Onta an und signalisierte ihr, dass sie aufbrechen würden. Aufmerksam, wie Frau Asoko war, begleitete sie bis zur Tür und verabschiedete sie, während Suki ihren Abschied gar nicht bemerkte, so vertieft war sie in ihr Klavierspiel.
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