Achim Hammelmann

Ich bin jetzt Soldat


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Dir noch zu Deiner Beruhigung mitteilen, daß wir bis jetzt keinen Alarm mehr hatten. Das würde auch für die Tommys ein Wagnis sein, bei der jetzigen Abwehr. So ist es in Lübeck oder gar Münster fast unmöglich.

      So, mein lieber Papi. Nun will ich Schluss machen, denn ich muß mich noch verschiedentlich bedanken für die Aufmerksamkeiten, die man mir zu meiner Konfirmation geschenkt hat.

      Sei nun vielmals gegrüßt und geküsst von

      Deinem Walter

       Wenige Wochen später ist Werner bereits Soldat. Am 25. Mai 1942 schreibt er einen ersten Brief aus Rendsburg.

       1942

      25. Mai 1942

      Liebe Mutti, lieber Walter u. lb. Opa.

      Nach zwei „wunderbaren“ Pfingsttagen komme ich endlich dazu, den Sonnabend abgeschickten und leider nur sehr flüchtigen Brief fortzusetzen. Jetzt alles der Reihe nach: Am Sonnabend nachmittag war ich sehr angenehm enttäuscht worden, sage und schreibe bekam ich 6 Päckchen, sowie 2 Briefe: 5 von Dir mit Zigaretten, Kuchen, Wurst, von Papi ein Päckchen mit Zig. und von Dir und Edgar je einen Brief. Ich kann Dir sagen, ich war wie aus dem Häuschen, und ich bin Dir so sehr dankbar für alles und daß Du so an Deinen alten Sohn denkst. Den Kuchen habe ich gleich aufgegessen, nachdem ich den ersten auf hatte, auch die Wurst habe ich mir gut schmecken lassen, denn, was aus der Heimat kommt, überhaupt das von Muttern, schmeckt doch noch am besten. Doch, Mutti, Du weißt, hier gibt es noch alles in rauen Mengen, und ich möchte nicht gern, daß Ihr von Eurer Ration noch etwas abgebt. Ich will Euch doch etwas schicken, damit Ihr etwas habt, kaufen kann ich mir genug hier. Natürlich freu’ ich mich wahnsinnig, wenn ich von Dir Kuchen bekomme, das ist klar, aber Wurst schicke lieber nicht. Zigaretten kann ich nicht genug bekommen, dafür kriege ich Kronen, und die kann ich Euch schicken. Also vergesst nicht, alles an Zig. zu kaufen, was Ihr kriegen könnt.

      So und nun zu Deinem Brief, zu welchem ich mich richtig gefreut habe. Auch der Brief von Opa war sehr schön, ich habe ihn extra beantwortet. Was Du geschickt haben möchtest, werde ich Dir auf jeden Fall besorgen, Du must nur das Geld bald für Juni abschicken, denn ohne Geld ist hier nichts zu kaufen.

      Leider bin ich bis jetzt noch nicht wieder aus der Kaserne gekommen. Das kam so: wie ich im letzten Brief schon schrieb, haben wir hier jetzt allerhand Zauber. Alarm setzte in der Nacht zum Pfingsten wieder ein. In einer halben Stunde musste alles antreten mit gepacktem Sturmgepäck, 60 Schuss Munition, M-G usw. usw. Auch der Affe musste mit allen Sachen gepackt werden, und dann warteten wir auf den Einsatz. Was los ist, weiß ich nicht, die Lage ist jedenfalls hier gespannt. Wenn der Tommy hier landet, können wir vielleicht noch eine Auszeichnung abbekommen. Wir können also jeden Tag hier abhauen. Daß wir aber hier wegkommen ist schon bestimmt, und zwar noch in dieser Woche. Wir ziehen nach Hadersleben um und werden da hoffentlich bleiben. Leider bekommen wir da eine umgebaute Schule zur Verfügung. Hier war es in dieser Beziehung besser. Ich habe hier so ein prima einzelnes Bett mit Matratze und auch sonst ist die Anlage wunderbar, überhaupt die Kantine. Hoffentlich brauche ich das da nicht zu entbehren. Das Schlimme ist, daß wir marschieren und zwar 60 km mit Gepäck und Gewehr mit Munition. Große Scheiße. Hoffentlich lauf ich mir nicht so viel Blasen wie letztes mal. Da haben wir einen 25 km Nachtmarsch gemacht, ich kann Dir sagen, wie die Ratten kamen wir hier angekrochen. Wir mussten die MG-Kästen mitschleppen, die wiegen zusammen an 60 Pfd. Wenn man die 1 km getragen hat, dann fängt man aber an zu schielen.

      Der Erfolg der Sache war: ich hatte 12 Blasen, die zum Glück jetzt wieder weg sind. Meine Füße sind auch dadurch hart geworden, und danach habe ich mir ein Paar neue Stiefel geholt, in denen ich wie ein junger Gott laufe.

      Peter Holdt hat sich mit seinen neuen Stiefeln Blasen gelaufen, die sich entzündet haben. Er liegt jetzt wieder mit geschwollenem Fuß im Revier und wird nach Hause gefahren. Der Dienst ist sonst auch schwerer geworden, jeden Tag 5 Std. ins Gelände voll bepackt. Das Schlimmste ist das Laufen mit der Gasmaske, da kann man bei fertig werden. Der Chef hat sich über die Ordnung beklagt, so daß wir die Feiertage über Revierdienst hatten, sowie Appelle. Also von fröhlichen Pfingsten kann nicht die Rede sein.

      Ich habe ein bisschen Glück gehabt. Beim gestrigen Appell war mein Drillichzeug sehr sauber gewaschen, so daß ich heute von jeglichem Dienst entbunden wurde. Dafür habe ich aber auch ein MG vollkommen appellfähig machen müssen.

      So, es ist bereits wieder 10 Uhr geworden, ich muß jetzt schließen.

      Seid alle recht herzlich gegrüßt von

      Eurem Werner

      Von Edgar höre ich, daß er nicht nach Afrika kommt, sondern wieder für einige Monate bei Linz auf die Fliegerschule kommt.

      O.U., den 31.V.42

      Meine liebe Mutti, lb. Walti u.Opa!

      Also, erst einmal muß ich darüber nachdenken, was ich in letzter Zeit alles von Euch erhalten habe. Den Brief vom 9.3. habe ich wohl schon in Tondern beantwortet; jedenfalls habe ich, als ich hier im neuen Standort eintraf, gleich ein Päckchen mit Schokolade, eins mit Zigaretten, sowie von Papi einen Brief, 1 Päckchen mit Zigaretten und eins mit Pralinen bekommen.

      Heute nun erhielt ich den „Uhlenhorster“ sowie einen Brief von Carli, dem es anscheinend beim Arbeitsdienst ganz gut gefällt, da er auf der Schreibstube sitzt.

      Also, liebe Mutti, ich danke Dir von ganzem Herzen, daß Du und auch Papi, immer so nett an mich denken, ich freu’ mich zu jedem, was von zu Haus kommt. Die Zigaretten kommen mir gerade gelegen: Wir haben heute am Sonntag Ausgang gehabt, der erste übrigens, ich hatte natürlich keine Kronen mehr und habe hier in der Stadt 2 Schachteln Z. für 10 Kronen verkauft, - an einen nicht mehr ganz nüchternen, der uns obendrein noch zu einigen Glas Bier eingeladen hat. Leider bin ich, da ich sehr starke Halsschmerzen habe, früher nach Hause gegangen und schreibe jetzt. Vielleicht melde ich mich morgen ins Revier. Du siehst also, ich kann Zig. gebrauchen, schicke mir bitte auch immer laufend und vergiß nicht, alle auf die Karten zu kaufen. Morgen bekommen wir unsere Löhnung, so daß ich dann über 130,- Kronen habe, da ich noch 50,- Kr. Außenstände habe.

      So, und nun wieder die Ereignisse der Reihe nach. Erst mal must Du entschuldigen, daß ich ein bisschen durcheinander schreibe, ich fühle mich wirklich nicht gut, und außerdem bin ich noch völlig kaputt von einem furchtbaren Marsch: Wie ich Dir schon im letzten Brief schrieb, sind wir wieder umgezogen (die Adresse ist dieselbe) und zwar nach Hadersleben, wo es landschaftlich und auch, was die Stadt anbetrifft, bedeutend besser ist, jedoch sind wir in eine ehemalige Schule gekommen, die natürlich viel, viel primitiver als die moderne Kaserne in Tondern ist. Man wird sich aber auch daran gewöhnen. Das allerschlimmste an der ganzen Umzieherei war ein furchtbarer Marsch von 70 km, den wir in 2 Etappen gemacht haben. Ich kann Dir sagen, es war das Schlimmste, was ich in meinem Leben mitgemacht habe. Meine Füße sind jetzt noch kaputt. Ich hoffe aber, daß man sich mit der Zeit an das marschieren gewöhnt. Wie waren wir froh, als wir hier in der Kaserne ankamen. Nie wieder Krieg!!!

      Aber das schluckt ein Landser natürlich in sich hinein, ohne ein Wort zu sagen, denn in 100 Jahren ist bestimmt alles vorbei!!

      Man macht mit uns wirklich alles, was man will. Wahrscheinlich bleiben wir gar nicht lange hier, drück den Daumen, daß wir nach Hamburg versetzt werden, was gar nicht so ausgeschlossen ist. Das wäre prima, nicht wahr? Erst mal muß die Rekrutenzeit beendet sein. Und sonst geht es mir gut, und ich bin froh, daß wir den Marsch hinter uns haben; morgen geht der Scheißdienst wieder los.

      Und was macht Ihr, wie habt Ihr Pfingsten verlebt? Hoffentlich bist Du, lb. Mutti endlich mit Deiner Wohnung fertig und kannst Dich ein wenig ausruhen. Schade, daß ich immer so wenig Zeit habe, Euch zu schreiben. Es ist jetzt wieder 10 Uhr und ich müßte schon im Bett liegen.

      Vielleicht hört Ihr morgen mehr von mir. Seid alle recht herzlich gegrüßt

      von

      Eurem Werner

      O.U., den 1.VI.42

      Meine liebe Mutti, lieber