machte man sich scheinbar um die matschige Ausbildung bei der Kavallerie Sorgen: „Wer weiß, was aus dem Jungen geworden ist, in welche Patsche ihn der Hauptmann von Faber geritten hat.“ Denn „nett in der Patsche sitzen“ wird in der Obhut eines Hauptmanns zweifellos keiner, es sei denn, es ist wie in der Raabe-Erzählung „Wunnigel“ (1876) ironisch gemeint.
Grundsätzlich ist das Leben auf diesem Planeten sowieso nur nett, sobald man genug Kohle [vgl. Episode 17] ausgeben kann, falls man also mittelfristig solvent ist oder scheint. Wenn man in der Tinte sitzt, dann ergo nicht selten, weil man in der Tinte ist. In der Tinte bei jemandem sein bedeutet, Schulden haben, bei jemandem (mit Tinte) im heute nicht mehr gebräuchlichen Schuldbuch stehen. Er oder sie ist in der dicken Tinte bedeutet, er oder sie ist hoch verschuldet – was eigentlich geheim bleiben sollte, da in der Öffentlichkeit tapfer der erfolgreiche Geschäftsmann und die sophisticated Businesswoman gemimt werden, obwohl die Kapitalistenelite schon bis über den Hals in Schulden steckt [siehe Episode 60]. Dazu passen die „Erlebnisse eines Schuldenbauers“ (1854) des schweizerischen Pfarrers Albert Bitzius (1797-1854), der unter seinem Erzähler-Pseudonym Jeremias Gotthelf einen letzten, ultimativen Schuldnerberatungstipp abgab: „Ihr könnt euch ganz leicht aus der Tinte helfen, wenn ihr euch von den Blutsaugern los macht.“
Pekuniäre Schwierigkeiten beschrieb ferner Hermann Löns (1866-1914) in „Das zweite Gesicht“ (1911): „... Schneeschüppen brachte nicht sehr viel ein, der Vormund schickte ihm kein Geld; eine schöne Patsche war es, in der er saß. Keine Wohnung und ein Hunger, ein Hunger!“
Mit dem Schneeschieber kann man sich folglich nicht aus der Tinte ziehen – schon gar nicht im (eher gefluteten) Norddeutschland des 21. Jahrhunderts. Interessanterweise wird bundesweit gemeinhin auf die Patsche umgestiegen, wenn beim Entsteigen geholfen werden muss: Es heißt zumeist „jemandem aus der Patsche helfen“, auch wenn dieser Jemand zuvor noch in der Tinte saß; war die Tinte dick, dann müssen die Helfer sogar mit vereinten Kräften aus der Patsche ziehen. Zu bewundern ist die Tinten-Patsche-Kombination beim kriminellen Märchenonkel Karl May (1842-1912): „Der Scheerenschleifer“ (1880) steckte bei ihm zwar „In der Patsche“, konnte sich dann jedoch drehend befreien, wohingegen ein vermutlich schwedischer Mitbürger komplett in der Tinte sitzen bleiben sollte: „Ein Schleifer macht sich nichts daraus, wenn er einmal in die Patsche geräth; er weiß sich wieder herauszudrehen; Er aber, Er schwedischer Lausewenzel Er, soll sicher nicht gleich wieder herausgerathen, wenn Er einmal bis über die Ohren in der Tinte sitzt; darauf kann Er sich verlassen, jetzt und in alle Ewigkeit!“
Zeitgenössische Arbeiter und Handwerker können sich gerne manuell befreien; als typischer „deutscher Lausewenzel“ stehe ich eher auf exotische Rezepte, die in Werken aus dem 19. Jh. zur Rettung aus der Tintenpatsche ausprobiert wurden: In Friedrich Spielhagens (1829-1911) Roman „Problematische Naturen“ (1861) huldigt anscheinend eine davon den Zufall als Patsche-Befreier: „Ich habe allen Respekt vor dem Zufall, denn er hat mir schon oft im Leben aus der Patsche geholfen, ...“ – was dem faulen Fatalisten entgegenkommt! Im Raabe-Roman „Alte Nester“ (1879) wird gar angedeutet, dass es möglich wäre, „durch einen mehr oder weniger fragwürdigen Witz aus der Patsche zu helfen.“ – und eine Hilfe in dieser Weise fällt gleichfalls überhaupt nicht schwer!
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