Lyn Baker

Kornblumenblau


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sich an das heiße Klima zu gewöhnen. Das wird schon.«

      Damit stand Beth auf, ging zu dem Wasserkessel und goss sich eine Tasse Tee ein. Sie wusste, dass sie nicht mehr aus ihr herausbekommen würde, und entschied sich ihr einfach zu vertrauen. Bisher war jede Entscheidung, die Beth ihr geraten hatte, auch die Richtige gewesen.

      »Na gut. Es wird schon werden«, murmelte sie, als sie sich auf den Weg in ihr Schlafzimmer machen wollte.

      »Das wird es.« Beth warf ihr einen fröhlichen Blick zu und Kate musste unwillkürlich lächeln. Sie hätte nie gedacht, dass sie in ihr eine so gute Freundin finden würde. Immerhin betrug der Altersunterschied 20 Jahre. Aber wenn sie in Beths warme Augen sah, wusste sie, dass sie ihr niemals schaden würde. Immer wieder betonte ihre Freundin, wie ähnlich Kate ihrer Tante Marla war. Umso mehr traf es sie, dass sie ihre Tante niemals kennenlernen durfte.

      Als Kate in ihr kleines Zimmer trat, riss sie das Fenster auf und ließ die frische Luft ein. Der Duft von den aufkommenden Nebelfeldern wehte zu ihr hinauf und sie atmete tief ein. Ihr Blick glitt nach oben in den Himmel, wo die Sterne ein riesiges Meer aus funkelnden Punkten bildete. Ein friedvolles Gefühl breitete sich in ihr aus, das sie in vollen Zügen genoss.

      Der riesige Vollmond, der am Horizont tanzte, überzog die Wiesen und Bäume mit einem silbrigen Glanz und alles wirkte so irreal, wie aus einem Märchen entsprungen. Glühwürmchen tanzten in der Nähe einer Hecke und Kate musste schmunzeln.

      Das war der Ort, an dem sie alt werden wollte und den konnte ihr niemand nehmen.

      *

      Es war bereits Dunkel, als sich Nathan wieder auf den Weg zur Ranch machte. Er war froh, kannte er den kurzen Weg noch gut aus seiner Kindheit, sonst hätte er sich wohl in der Dunkelheit verirrt. Auch, wenn der Mond seinen Weg hell erleuchtete, sahen alle Wegkreuzungen gleich aus.

      Er war müde, als er endlich am Haus ankam. Leise öffnete er die Tür und schlich sich herein. Für einen Moment war es so dunkel, dass er nicht mal seine eigene Hand vor den Augen sah, bis sie sich langsam an die Dunkelheit gewöhnten.

      Vorsichtig tastete er sich in den oberen Stock zu seinem Zimmer vor. Er wollte auf keinen Fall jemanden wecken. Dann müsste er sich nur den Fragen stellen und er war sich alles andere als sicher, was er Kate als Ausrede auftischen wollte.

      Als er an ihrem Zimmer vorbei kam, sah er, dass die Tür eine Handbreit offen stand und regelrecht dazu einlud, einen kurzen Blick zu riskieren. Er zögerte noch, denn eigentlich konnte er es gerade wirklich nicht gebrauchen, dass er sich für irgendeine Frau interessierte. Und, dass Kate ihm den Kopf verdrehen könnte, davon war er überzeugt.

      Entschlossen schüttelte er jenen und wollte sich gerade wieder umdrehen, da hörte er ein leises Stöhnen.

      Wie magisch angezogen, trat er den letzten Schritt vor und spitzte durch den Spalt. Sein Blick fiel sofort auf das breite Bett, auf dem Kate lag. Halbnackt. Er musste schwer schlucken, als er sie genauer betrachtete.

      Sie lag auf dem Bauch und das dünne Laken war um ihre wohlgeformten Beine geschlungen, sodass es ihm die Sicht auf ihren Po versperrte. Das Mondlicht warf einen silbernen Schimmer auf ihre makellose Haut, die unter dem seidenen Trägertop heraus lugte. Er folgte der Biegung ihrer Wirbelsäule hinauf bis zu ihrem Gesicht.

      Sie schien schlecht zu träumen, denn ihre Stirn war in tiefe Falten gelegt und feine Schweißperlen glitzerten im Mondlicht. Unwillkürlich fuhr er sich durch die Haare und seufzte leicht, als er ein Ziehen in der Leiste spürte. Ihre vollen, zarten Lippen bewegten sich leicht, als würde sie sich mit jemandem unterhalten, während sich ihr Brustkorb unruhig auf und ab bewegte.

      Plötzlich öffnete sie die Augen und sah ihn direkt an. Erschrocken wich er einige Schritte zurück und stolperte über etwas. Ein erbostes Fauchen erklang und er sah zwei leuchtende Augen, die ihn vorwurfsvoll musterten.

      »Verdammter Mist!«, fluchte er leise und schickte dem Kater böse Blicke. Mit einem leisen Miau machte sich dieser, erhobenen Hauptes, davon.

      Hoffentlich hatte sie ihn nicht gesehen oder gehört, denn wie er schlüssig erklären sollte, dass er ihr beim Schlafen zusah, wusste er auch nicht. Er wartete einige Minuten, ob sie gleich wie eine Furie zu ihm kam und ihn zur Schnecke machte, aber es blieb alles still. Vermutlich hatte sie doch noch geschlafen.

      Der nächste Morgen kam viel zu früh und Nathan hatte das Gefühl, von einer Dampfwalze überrollt worden zu sein. Er hatte kaum geschlafen, denn immer wieder ging ihm das Bild von Kate, wie sie in ihrem Bett lag, durch den Kopf und trieb ihn schier in den Wahnsinn.

      Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich auf. Die Sonne schien bereits in voller Pracht in sein Zimmer. Er brauchte dringend dunkle Vorhänge. Mit einem schweren Seufzen rappelte er sich auf und wankte ins Bad. Er hoffte inständig, dass es ihm nach einer Dusche etwas besser gehen würde.

      Mit einer alten Shorts und einem noch viel älteren T-Shirt bekleidet, machte er sich schließlich auf den Weg in die Küche. Gähnend fuhr er sich über seinen Dreitagebart, während er die Tür aufzog.

      Zwei Augenpaare musterten ihn aufmerksam, als er eintrat.

      »Morgen«, nuschelte er leise und steuerte zunächst den Kaffee an. Ohne Koffein war er einfach kein richtiger Mensch. Zu seinem Bedauern musste er feststellen, dass sie hier nicht den Luxus einer vollautomatischen Kaffeemaschine hatten, wie er eine besaß. Er ließ seinen Blick suchend über die dunkel gemaserte Arbeitsplatte schweifen, aber tatsächlich gab es nur eine einfache Keramikkanne, die mit Filterkaffee gefüllt war.

      »Guten Morgen«, kam es wie aus einem Mund von Beth und Kate, die an dem runden Küchentisch saßen. Nachdem er sich eine Tasse eingeschenkt hatte, ließ er sich den beiden gegenüber nieder.

      Der verführerische Duft von Eiern mit gebratenem Speck stieg ihm in die Nase, als er ihre vollen Teller bemerkte und sein Magen gab ein lautstarkes Knurren von sich.

      »Na, da hat wohl jemand Hunger?«, lachte Beth und schob sich eine Gabel in den Mund.

      »Hmhm.«

      »Eier und Speck sind im Kühlschrank. Und wo der Herd ist, weißt du ja.« Sie lächelte ihm zu und nickte Richtung Küchenzeile, während sie sich eine weitere Gabel voll Rührei einverleibte.

      Nathan gab ein düsteres Grummeln von sich, ehe er aufstand und zum Kühlschrank ging.

      Seine Laune war schon nach dem Aufstehen nicht die Beste und mit jeder Minute, die verging, sank sie weiter in den Keller. Ihm war klar, dass er hier zum Arbeiten war, aber sie hätten doch wenigstens Frühstück für ihn mitmachen können, wenn sie eh schon dabei waren.

      Dass Kate ihn mit Argusaugen beobachtete, machte es auch nicht besser.

      Ein Ziehen kehrte in sein Bein zurück und machte ihn nervös. Zwar wusste er, dass ihm körperlich nichts fehlte, aber nichtsdestotrotz machten ihm die ständigen Schmerzen zu schaffen. Er atmete tief durch, ehe er die Eier und den Speck aus dem Kühlschrank holte und zur Anrichte trug.

      Er machte sich eine riesige Portion, die er sorgfältig mit ein paar frischen Basilikumblättern verzierte. Das Wasser stand ihm schon regelrecht im Mund, als er sich an den Tisch setzte und sich genüsslich die erste Gabel in den Mund schob.

      Er hatte gestern gar nicht gemerkt, dass er solchen Hunger hatte und nun konnte er sich das einfache, aber köstliche Frühstück nicht schnell genug hineinschaufeln.

      *

      Kate beobachtete fasziniert, wie er sich mit seinem Essen vollstopfte, und konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken.

      Um ihn nicht weiter anzustarren, wandte sie sich schließlich Beth zu. »Versorgst du die Tiere heute? Dann kann ich den Zaun an der Koppel reparieren.«

      »Natürlich, Chefin. Wenn du Nate mitnimmst, tust du dir bestimmt leichter.« Beth zwinkerte ihr aufmunternd zu. Aber Kate hatte kein gutes Gefühl dabei. Er sah immer noch nicht wirklich besser aus als gestern.