Andreas Mistele

Getting Pro


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      Bei älteren 16 Bit-Systemen oder Analogaufnahmen kann eine geringe Kompression bei der Aufnahme dem kleineren Dynamikbereich entgegenwirken und das Nutzsignal weiter vom Band- bzw. Quantisierungsrauschen trennen.

      6Gute Produktionen – die Summe richtiger Entscheidungen

      6.1Basis

      Neben den großen Meilensteinen wie Komposition, Arrangement oder die richtige Mikrofonwahl sind es oft die kleinen Entscheidungen bzw. Elemente, die einen guten Mix und einen guten Song ausmachen! Viele große und kleine, für sich beinahe unscheinbare Aktionen addieren sich in der Summe zu einem entscheidenden Klangvorteil!

      Moderne Aufnahmetechnik ist einfach, schnell verfügbar und günstig geworden. Dies verleitet zum unüberschaubaren Sammeln von Effekten und Klangerzeugern – die meisten Hobbyproduzenten sind leider regelrechte VST-Messies!

      Auch die Spuranzahl eines Titels ist heute theoretisch unbegrenzt, was schnell dazu führt, dass man unzählige Spuren aufnimmt.

      Es entsteht ein Wust an Spuren, Instrumenten und Effekten, der eher verwirrt als Vorteile bringt.

      Die Konsequenz: Du vergräbst dich in Nebenkriegsschauplätzen und lähmst dabei deinen Produktionsfortschritt. Vor lauter Detailwut triffst du keine Entscheidungen mehr!

      Schnelle und zielgerichtete Produktionen haben mehr Potential zu guter Qualität, da das Projekt als Ganzes nie aus dem Fokus gerät. Dadurch entsteht weniger, aber hochwertigeres Material.

      Anders gefragt: Fällt dir spontan ein Megahit ein, der extrem komplex war? Es mag langweilig klingen, aber die meisten Superhits verfügen über eine einfache Struktur und wenige, aber dafür erstklassige Bestandteile.

      Um voran zu kommen, musst du dir realistische Ziele setzen, aber unter Umständen den Plan B parat haben. Ja, es gibt die Tage, an denen es schlichtweg nicht funktioniert. Wenn ein Teil einfach nicht gut klingen will, solltest du auf keinen Fall anfangen, ihn mit Effekten zurecht zu biegen oder das Problem mit irgendwelchen Tricks kaschieren zu wollen. Schneller und effektiver ist immer:

       Neu einspielen

       Quelle tauschen

       Mikrofonposition ändern

       Recordingposition im Raum ändern

       Mikrofon und/oder Preamp tauschen

       Raum wechseln

       An einem anderen Tag aufnehmen

      Bei einer Produktion ist eben nichts wertvoller als ein gutes Ausgangssignal. Der Rest kommt dann schnell von (fast) alleine.

      6.2Mixstrategie

      Um einen Song professionell aufbauen zu können, solltest du schon vor dem Mischen eine Art Vision zu dem Song entwickeln. Das klingt vielleicht etwas esoterisch, aber auch beim Produzieren benötigst du ein Ziel, um den Weg dahin zu finden. Du musst das wichtigste Merkmal erkennen und dieses hervorheben. Die Grundlage für diese Klangvorstellung und das Gespür für die „Bedürfnisse“ eines Songs sind Erfahrung und eine offene Einstellung zu jeder Art von Musik. Also, hör' was die Ohren hergeben und beschränke dich dabei nicht nur auf deinen Lieblingsstil!

      Eine Hilfe hierbei kann das Aufzeichnen einer Mischstrategie sein: Auf einem Blatt zeichnest du den akustischen Raum in dem sich der Song abspielt auf und definierst dabei die Bereiche der einzelnen Instrumente. Mit etwas Erfahrung kannst du den Song dabei regelrecht in deinem inneren Ohr vorhören!

      

Beispiel einer groben Mischstrategie (Mistele)

      6.3Arrangement – Mischen ohne Mixer!

      Ein guter Mix beginnt lange bevor das Mischpult ins Spiel kommt! Die Grundlage für einen gut klingenden Song bildet vor allem das sinnvolle Arrangement der Songelemente:

       Das Fundament: Die Basis eines Songs ist die Rhythmussektion zusammen mit dem Bass. Gemeinsam bilden sie den Groove und formen maßgeblich den Charakter eines Songs. Zum Fundament können ebenso Rhythmusgitarren oder Keyboards gehören, wenn diese dieselbe Rhythmusfigur wie Drums und Bass spielen.

       Rhythmussounds: Teile dieses Elements sind alle rhythmischen Instrumente, die Gegenlinien zum Fundament spielen. Mit den Rhythmussounds kann einem Song eine besondere Stimmung oder Anziehungskraft verpasst werden. Sie sind sozusagen das Salz in der Rhythmussuppe.Typische Beispiele aus dieser Gruppe sind Percussions wie Shaker oder Tambourine, aber auch eine Off-Beat-Akustikgitarre im Hintergrund.

       Flächensounds: Hiermit sind Instrumente gemeint, die sich im Song nicht mit vielen Anschlägen oder Taktarbeit hervorheben, also lange klingende Töne oder Akkorde. Diese Klänge definieren den tonalen Zusammenhalt eines Songs.Für Flächensounds werden oft Synthie-Pads, Hammond-Orgeln oder orchestrale Streicher verwendet. Aber auch klingende E-Gitarren-Powerchords oder ruhige Backing-Vocals können als Pad funktionieren.

       Lead-Stimme: Die Lead-Stimme sind entweder die Lead-Vocals oder das Soloinstrument eines Titels. Eben das Instrument, um welches der Song gebaut wird.

       Fill-Ins: Fill-ins sind kurze musikalische Einwürfe. Sie werden genutzt, um die Lücken eines Songs zu füllen oder um Übergänge interessanter zu gestalten. Meist funktioniert ein Fill-In wie eine Art Antwort zur Lead-Stimme. Beispiele für Fill-Ins sind kurze Gitarrenlicks, Schlagzeug-Fills oder Einwürfe einer Bläsersektion.

      Wenn du lernst, die Signale eines Songs bewusst den definierten Elementen zuzuordnen, wird es dir sehr leicht fallen, ein stimmiges Arrangement aufzubauen. Um eine transparente und für den Hörer interessante Mischung zu erhalten, ist es nur wichtig, diese Elemente sinnvoll zu platzieren.

      Wenn du für ein Element der Produktion keinen Platz findest, habe den Mut und lasse es weg! Kein Mensch schreibt vor, dass alle aufgenommenen Spuren in einem Projekt dabei sein müssen. Weniger ist oft mehr!

      Transparenz und Durchhörbarkeit schaffst du vor allem durch Minimierung der Elemente: Es sollten nicht mehr als vier Elemente gleichzeitig und besonders das Lead-Element und die Fill-Ins niemals gemeinsam spielen. Ansonsten läufst du Gefahr, dass beispielsweise der Gesang dauerhaft von der Sologitarre überdeckt oder der Song durch zu viele gleichzeitige Aktionen schlichtweg zu anstrengend wird, um interessant zu bleiben.

      Bleibende Hörattraktivität gelingt dir durch Erzeugen eines Spannungsbogens durch den Song. Dies schaffst du mittels hörbar unterschiedlicher Songteile (Strophen, Bridges, Pre-Chorus) und dem alles überragenden Refrain. Damit sich der Hörer erholen kann, baut man zum Beispiel eine Art Mittelteil mit leiser Stimmung und/oder Halftime-Schlagzeug ein. Nebeneffekt eines Halftime-Teils: der Refrain danach kickt umso mehr!

      Zusätzliche Abwechslung entwickelst du durch sinnvolle Automationen. Hierzu findest du weitere Anregungen im Kapitel zur Automation.

      Gerade wenn du typische Hits bewusst anhörst, wirst du merken, wie überraschend konsequent diese Prinzipien eingehalten werden!

      6.4Die vier Dimensionen des Mischens

      Der heilige Gral des Mischens verleiht Macht über Transparenz und Intensität des Klangerlebnisses. Das Ziel: Jedes Instrument sitzt druckvoll und präsent im Mix, ohne ein anderes zu überdecken. Dieses Überdecken nennt man auch Maskierung oder eben Masking. Dieses Phänomen ist in zwei Grundproblemen begründet:

      1 Zeitbezogene Maskierung: Unser Gehör benötigt nach einem lauten Impuls immer eine kurze Erholungsphase von rund 5 ms, bevor es wieder voll aufnahmefähig ist. Fällt ein leiser Folgeimpuls in diese Phase, kann er von uns nicht wahrgenommen werden. Erstaunlicherweise tritt dieser Effekt nicht nur nach, sondern auch etwa 5 ms vor einem starken Impuls auf!Für die Arrangier- und