Marc Brasil

Geschichten vom Dachboden


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dir doch nicht alles schreiben, denn eine klare Schilderung darf ich nicht geben. Von der französischen Offensive in der Champagne hast du ja gelesen. Wir lagen weiter nördlich und es herrschte auf unserem Teil der Front ziemlich Ruhe, denn der Franzmann schien seine Artillerie von uns weggezogen zu haben. Allerdings waren verschiedene Kompagnien unseres Regimentes auch zur Unterstützung dort und hatten ziemliche Verluste. Meine Kompagnie lag gerade im vordersten Schützengraben. Am 10ten des Monats sind wir nun abtransportiert worden. Nach einer mehrstündigen Bahnfahrt und drei beschwerlichen Tagesmärschen, gelangten wir am 17ten des Monats hier, in der Champagne an. Noch ist der Kampf hier ziemlich heftig im Gange, noch donnern unaufhörlich Tag und Nacht die Kanonen. Unser ganzes 9.Armeekorps ist noch hier. Wir liegen gegenwärtig in einem Wald in Biwak in Zelten. Die Nächte sind recht kalt. Die Gegend ist nicht sehr schön, wir haben kein Wasser und das nötige Wasser für Feldküche wird des Abends mit dem Wagen hierher gefahren. Es herrscht hier eine riesige Fliegertätigkeit. Deutsche und französische Flieger schweben in den Lüften und bekriegen sich hoch oben. Ein traurig-schönes Schauspiel zu beobachten, wenn wir unter Bäumen in Deckung liegen. Bei unserem letzten Marsch erhielten wir unterwegs auch einige Fliegerbomben, glücklicherweise ohne jemand zu verletzen. Wohl wüsste ich dir noch sehr viel zu schreiben, doch die Zeit ist zu kurz, so nimm mit diesen wenigen Worten vorlieb. Sei herzlich gegrüßt von deinem Onkel Hermann. Grüße deine lieben Eltern und Schwestern.

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      Ende 1915 werden in der Provinz Schlesien Brot- und weitere Bezugsmarken eingeführt und Anfang 1916 erhält man vermehrt selbst dafür keine Ware mehr. Im Juli 1916 wird Familie Schlenker und besonders Alfred durch eine Todesnachricht erschüttert. Sein geliebter Patenonkel Hermann Schlenker fällt am 20.Juli 1916 als Soldat des schleswig-holsteinischen Füsilier-Regiments 86 in der Champagne. Alfred erhält mit seiner Mutter Maria die schockierende Todesnachricht zu Hause mit der Post und überbringt sie seinem von der Arbeit heimkehrenden Vater.

      In der Schule hat Alfred eher mittelmäßige Leistungen, weshalb es öfter Schelte durch den Vater gibt. Mit Schwester Käthe gibt es mehrmals heftigen Streit, den Alfreds Vater nur mit Mühe schlichten kann und dann an die Vernunft seiner Kinder appelliert. Sorgen bereiten Alfreds Vater auch die Rechtschreibprobleme von Tochter Käthe und insbesondere Lottes mangelhafte schulische Leistungen, die sogar eine Versetzung in die nächste Klasse fraglich machen. Im Schuljahr 1916 muss auch Alfreds Physik- und Mathelehrer Dr. Kochan einrücken und Alfred und seine Klassenkameraden erhalten gegen Ende des Jahres ihre Musterungsbescheide. Bei der Musterung wird Alfred als physisch wie psychisch geeignet eingestuft. Die Musterungskommission bescheinigt ihm den Status KV für „kriegsverwendungsfähig“, auch wenn Alfred mit gerade 51 kg Gewicht bei 1,69 m Körpergröße eher von zarter Natur gebaut ist. Er weiß, dass die stark zunehmenden Verluste am westlichen Kriegsschauplatz und der damit verbundene immense Bedarf an neuen Rekruten dazu geführt haben, dass nahezu jeder gemusterte Mann im Kaiserreich als kriegstauglich befunden wird. Reklamationen, welche zur Ausmusterung oder Zurückstellung des Wehrpflichtigen führen, werden kaum noch berücksichtigt. Alfred berät sich mit seinem Vater wie es nach der Reifeprüfung weitergehen soll, die er schon im Januar 1917 ablegen muss. Die Hoffnung an einen schnellen Friedensschluss haben beide aufgegeben, weshalb sie die Entscheidung treffen, Ende 1916 ein Gesuch an das Bezirkskommando in Breslau zu stellen. Alfred möchte als Rekrut zum ehemaligen Regiment seines Vaters, dem 1.schlesischen Feld-Artillerie-Regiments von Peucker Nr.6 als Rekrut einberufen werden. Enttäuscht erhält er einige Wochen später die Ablehnung des Gesuches. Am 5.1.1917 legt Alfred mit seinen Klassenkameraden erfolgreich die Reifeprüfung an der städtischen Oberrealschule in Breslau ab. Alfreds Schulkameraden Kurt Eitner, Konrad Ludwig, Gerhard Nobel, Kurt Badestein, Georg Scholz wie auch Kolde erhalten umgehend nach bestandenem Abitur ihre Einberufung und ziehen noch Mitte Januar 1917 in die Rekrutendepots ihrer Regimenter ein. Die Freunde versprechen sich gegenseitig zu schreiben. Alfred und seinen Vater verwundert, dass Alfreds Freunde Kurt Badestein und Georg Scholz mit größter Euphorie ins Feld ziehen. Der Ausblick auf die Einberufung erweckt bei Alfred zwar Neugierde, aber längst nicht mehr die Begeisterung, die vielleicht noch zu Kriegsbeginn bei vielen jungen Abiturienten vorhanden war. Der Krieg ist im dritten Jahr und massiv sind bereits auch in Alfreds Familie die Entbehrungen spürbar, die sich durch die stark zunehmenden Lebensmittel- und allgemeine Güterknappheit bemerkbar machen. Die tägliche Sorge um genügend Nahrungsmittel beschäftigt vor allem Alfreds Vater stark. So unternimmt er mit seinen Kindern per Rad oder mit der Bahn „Hamsterfahrten“ auf das Breslauer Umland, wo zum Teil noch Obst, Milch, Käse, Eier und manchmal sogar Fleisch ohne Lebensmittelmarken zu erhalten sind. Auch die immensen Menschenverluste, insbesondere in den Abnutzungsschlachten an der Westfront, sind an der Familie nicht spurlos vorüber gegangen. Tod und Verwundung von Lehrern, Mitschülern und Bekannten als auch der Verlust von Alfreds geliebtem Patenonkel Hermann prägen nahezu täglich die Gespräche. Die Friedensaussichten sind nach wie vor ungewiss und an ein Studium ist aufgrund des unweigerlich bevorstehenden Einberufungsbescheids vorerst nicht zu denken. Dies stellt den 18-jährigen Alfred vor eine erste große Entscheidung, die sich nachhaltig auf sein weiteres Leben auswirken wird.

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