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Angelika Nickel
Mein Papa, der Müllmann
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Inhaltsverzeichnis
1 __ Alle
Im Elternschlafzimmer war alles still, doch nicht mehr lange, und der Wecker wird laut rappelnd auf sich aufmerksam machen, und erst dann Ruhe geben, wenn der Erste wach war und ihn endlich wieder zum Schweigen brachte.
Vereinzelt zwitscherten bereits die ersten Vögel, doch davon hörte in der kleinen Dreizimmerwohnung niemand etwas, denn noch schliefen alle tief und fest. Nur ab und zu flötete blubberndes Schnarchen durch die Zimmer.
Alle, das sind Oliver, von allen nur Olli gerufen, außer, wenn seine Mama sauer auf Olli war, weil er wieder einmal irgendetwas angestellt oder sein Zimmer nicht aufgeräumt hatte, dann rief sie ihn mit Oliver an. Oder aber, wenn er sich durch irgendetwas eine Strafpredigt eingehandelt hatte.
Doch Olli allein ist natürlich nicht alle.
Alle, dazu zählen logischerweise auch noch seine Mama, sein Papa und sein kleiner Baby-Bruder Ben, der eigentlich Benjamin heißt, aber eben auch meist nur in der Kurzform Ben genannt wird.
Seit es Ben gibt, ist er für Olli zu einer regelrechten Nervensäge geworden.
Doch nur an manchen Tagen, nicht immer, zum Glück.
Ben ist erst ein paar Monate alt, um genau zu sein, sechs Monate. Und es gibt Tage, da geht Ben Olli mächtig auf die Nerven, denn da schreit er, ohne wieder aufhören zu wollen. Zumindest kommt es in diesen Augenblicken Olli so vor. Und solche Tage gibt es noch immer, zu Ollis Leidwesen.
Dann wiederum hatte es Tage, da durften seine Freunde nicht zum Spielen kommen, weil das Baby schlafen muss, so ein Mist, und dabei hat Olli ohnehin nicht viele Freunde, was wiederum nicht an Olli liegt, sondern daran, was sein Papa beruflich macht.
Und noch jemand zählt zu allen.
Nämlich Floh, Ollis Hund.
Floh ist eine Art selbst gestrickter Hund. Und das deswegen, weil über seine Herkunft und Rasse nur vermutet werden kann. Floh ist ein Mischling, so ziemlich durch alle Hunderassen gesprungen.
Flohs braunes Ohr ist immer aufrecht und zum Lauschen hochgestellt, doch das andere, das schwarze Ohr, hängt ihm stets über dem Auge, und aufrichten kann er es auch nicht. Sein Schwanz ist buschig wie der eines Bernhardiners, seine Beine jedoch nur so hoch, als würden sie zu einem Pudel gehören. Und sein Fell, na ja, auch darin ist Floh nicht einfach zu beschreiben, da es von so einigen Farben durchzogen ist. Braun, grau, weiß, cremefarben und auch schwarz. Und an so einigen Stellen schimmert es sogar ein bisschen rot.
Zudem hat er sowohl wuschelige als auch kurze Fellstellen. Aber alles in allem ist Floh ein putziger Hund, und vom Gemüt her freundlich und überaus kinderlieb, und er selbst, immer noch ungemein verspielt.
Und wenn Ollis Mutter nach Flohs Rasse gefragt wird, antwortet sie immer: »Jo mei, wenn’s mich fragt, dann steckt viel von einem Spitz in dem armen Hascherl drin.«
Jo mei ist übrigens ein Lieblingsausspruch von Ollis Mama.
Doch die Erzählung ist ja noch bei Floh.
Wahrscheinlich ist er noch jung, aber wie alt er genau ist, das weiß Olli nicht, da sein Papa den kleinen Kerl eines Morgens in einer Mülltonne gefunden hat.
In einer Mülltonne, das muss man sich nur einmal vorstellen!
Unmöglich, einfach unmöglich ist das, so mit einem Lebewesen umzugehen!
Irgendjemand hatte den kleinen Hund einfach wie Müll weggeworfen, und hätte Ollis Vater nicht sein jämmerliches Winseln gehört, nicht auszudenken, was dem armen Kerlchen passiert wäre!
Darüber jedoch braucht Olli nicht mehr nachzudenken, denn Floh hat letztendlich ja doch noch Glück im Unglück gehabt. Denn dadurch hat er bei der Familie Carstens, wie Ollis Familie mit Hausnamen heißt, ein neues und gutes Zuhause gefunden.
Und bei den Carstens‘ geht es dem kleinen Vierbeiner gut, und mit Olli hat er sich gleich am ersten Tag angefreundet. Dicke Freunde sind die beiden, und die wenigen Freunde, die Olli hat, die beneiden ihn, eben wegen Floh, und dass er einen Hund haben darf.
2 __Die Nacht ist um
Kurz vor vier Uhr am frühen Morgen rappelte der Wecker los und sofort schoss der Arm von Ollis Papa hoch und hin zu dem Quälgeist. Hastig machte er ihn aus, auch wenn er die Augen noch nicht ganz offen hatte.
Jetzt war wieder alles ganz ruhig.
Horst, wie Ollis Papa heißt, horchte. Gut, alle schliefen noch. Der Wecker hat das Baby nicht geweckt.
Ein rascher Blick auf seine Frau Gerda, Ollis Mutter. Auch sie schlief noch.
Zum Glück hat der Wecker auch sie nicht wach gemacht, denn wenn er sie zu früh weckte, war sie ein regelrechter Morgenmuffel.
Morgenmuffel, Leute, die erst eine Weile brauchen, bis sie einigermaßen wach waren und endlich richtig in die Gänge kamen.
Und um kurz vor vier kam Ollis Mama noch nicht in die Gänge, dafür war ihr Tag als Hausfrau viel zu anstrengend, erst recht, seit Ben geboren ist.
Horst Carstens suchte im Dunkeln seine Klamotten zusammen und schlich vom Schlafzimmer ins Bad; dabei wäre er beinahe über einen Ball gestolpert, den Olli gestern Abend vergessen hat, wegzuräumen. Obwohl, richtig genommen hat Olli es nicht vergessen, sondern nur keine Lust mehr gehabt, nochmals aufzustehen und den Ball in seinen Korb zu legen.
Doch