Michael Fenske

Geschichten aus dem Ehe-Karussell


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Wenn du deine Nagelfeile in seinem Werkzeugkasten wiederfindest …

      -- Wenn er sich beim Hanteltraining den Schweiß mit deinem neuen Designerschal von der Stirn wischt …

      - Wenn er deine hübsche Korbtasche zum Entsorgen leerer Kettenölfläschchen nutzt …

      … dann solltest du ihn einmal wieder in seine Grenzen verweisen.

      

       Stammtischkränzchen (I)

      „Wisst ihr, ich habe ja nichts dagegen, wenn er einmal in der Woche zum Stammtisch geht. Ich weiß natürlich, dass er einfach einmal einen Abend für sich braucht. Bei uns Mädels ist das ja anders: Wir telefonieren lieber gleich und ausführlich, sobald es Neues gibt – also fast täglich. Eigentlich bin ich ja nur ein bisschen neidisch, weil wir Mädels so viel anderes zu tun haben und uns eben nicht jede Woche treffen können. Aber sagt ihm das ja nicht!“

      

       Stammtischkränzchen (II)

      „Sie würde das ja nie zugeben, aber ich glaube, sie ist schon ein wenig neidisch auf unseren Stammtisch. Mit ihren Mädels ist das ja nicht so einfach, regelmäßig was zu unternehmen. Die treffen sich lieber spontan, um zu klatschen und tratschen. Oder telefonieren stundenlang! Wir Männer sind da ja ganz anders: Lieber üben wir uns einmal die Woche in Weltverbesserung und lachen am meisten über uns selbst. Das ist bei uns ja schon fast kein Stammtisch mehr, sondern eher ein gemütliches Kaffeekränzchen. Aber sagt ihr das ja nicht!“

      Zusammen wohnen

      Für die einen ist es ein Versuch, der nicht so recht klappen will, für die anderen ein Experiment, das zum lebenslangen Modell wird: Wer wissen möchte, ob er gut zusammenpasst, der zieht erst einmal zusammen. Wie groß dieser Schritt ist, merkt man, wenn alte Gewohnheiten auf den Prüfstand kommen und die eigene Welt nicht mehr einen Mittelpunkt hat, sondern zwei. Aber wenn man sich nur ein wenig anstrengt, wird man mit einer schönen Erkenntnis belohnt: Zusammen zu wohnen bedeutet nicht nur das Ende des Alleinseins.

      Es ist auch der Beginn des gegenseitigen Ergänzens.

      

       Du schnarchst!

      Da war es wieder! Ich schreckte hoch, die furchtbaren Gräuel abwartend, die da auf mich lauerten. Sehen konnte ich ohnehin kaum etwas, hören jetzt auch nicht … Doch! Jetzt wieder, mitten in unserem Schlafzimmer! Irgendetwas grunzte und knurrte. Es schmatzte und sabberte. Es schien zu atmen, aber so, wie es nur Ungeheuer und die Figuren aus meinen Lieblingshorrorfilmen tun. In einem derwischartigen Rhythmus wiederholte sich eine infernalische Abfolge aus schnorchelndem Einatmen und fauchend-keuchendem Ausatmen. Ich war kurz davor, meine Frau zu wecken, um sie vor dem zu retten, was uns da offensichtlich verschlingen wollte, da wurde es mir mit jedem Moment, den ich wacher wurde, klarer: Das Geräusch kam eindeutig von der anderen Bettseite! Genauer: von meiner Frau.

      Sie schnarchte! Und ich konnte kaum glauben, wen ich da geheiratet hatte: Was ich tagsüber liebte und bewunderte, verwandelte sich im Schutz der Dunkelheit zu einer akustischen Monstrosität. Ich stupste sie vorsichtig an, rüttelte sacht ihre Schultern, aber sie sägte unverdrossen weiter. Wecken wollte ich sie nicht, denn wer konnte schon wissen, wie jemand, der zu solchen Geräuschen fähig ist, darauf reagiert? Schließlich übermannte mich dann doch der Schlaf, und halb ängstlich, halb erleichtert glitt ich hinüber in eine Traumwelt, die von schnarchenden Albtraumkreaturen bevölkert war.

      Beim Frühstück wusste ich nicht, wie ich meiner Liebsten meine furchtbare Entdeckung beibringen sollte. Welche Frau wollte schon wissen, dass sie Laute von sich gab, die den grobschlächtigsten Hafenarbeiter vor Ehrfurcht erschaudern ließen? Doch sie sagte unerwartet: „Tut mir leid wegen letzter Nacht.“ Gott sei Dank, sie wusste es also selbst.

      Doch dann: „Ja, dass ich mich schlafend gestellt und eine Aufnahme von deiner Sägerei abgespielt habe, war etwas gemein. Aber sonst glaubst du mir ja nicht, wie sehr du schnarchst!“

      Die Scham vertreibt der Schelm, der Reue folgt die Rache: ganz klar, dass ich bei nächster Gelegenheit ihren Gesang unter der Dusche aufnehme!

      

       Farbrausch und Tapetenkater

      Es nimmt immer den gleichen Lauf: Wenn man in einer Beziehung so weit ist, dass sich einer in das Territorium des anderen wagt und dann beide versuchen, den gemeinsamen Lebensraum untereinander aufzuteilen, beginnt unweigerlich eine schleichende, aber kaum zu übersehende Annektion: Er findet plötzlich sein Rasierzeug nicht mehr, weil die Ablage im Bad ganz von ihren Tiegeln, Pinseln, Tuben, Schatullen und Stiften eingenommen wird. Dafür weiß sie weder, wo ihre Lieblings-CDs noch ihre Bücher sind, weil diese in einer Regalordnung untergegangen sind, die nur er versteht.

      Wenn dann schließlich die Gebietskämpfe ausgestanden sind, so etwas wie Normalität eingezogen ist und man die Besitzstände soweit geklärt hat, dass keiner der beiden zu sehr sein Gesicht verliert, wird die nächste Stufe eingeläutet: die schrittweise Umgestaltung des Hoheitsgebietes an sich.

      Diese Phase erkennt man daran, dass zunächst die bislang achtlos weggeworfenen Baumarkt-Beileger aus der Tageszeitung aufgehoben werden. Dann ziert auf einmal das eine oder andere Wohnverschönerungsheft den Tisch – und ehe man sich's versieht, ist die Wohnung übersät mit Farbfächern, Stoffmustern und Tapetenbüchern, als wohne man im Nest einer Elster mit einem Faible für Lifestyle-Magazine. Wenn jetzt nicht liebevoll, aber beherzt eingegriffen wird, kommt man eines Tages nach Hause, und die Wände sind mit unterschiedlichsten Farbflächen geschmückt. Um zu sehen, „wie die verschiedenen Umbra-Schattierungen in der Nachmittagssonne wirken“.

      Aber wie das eben so ist in einer Ehe: Meine Frau wusste, dass mir eine solch zögerliche Vorgehensweise nur Gelegenheit zur Aufmüpfigkeit geben würde – und reagierte auf ihre eigene, geschwindigkeitsverliebte Weise. Sie nutzte die Chance zum gestalterischen Rundumschlag, als ich für eine Woche auf Geschäftsreise musste und keine Möglichkeit zum Widerspruch hatte. So empfing mich nach meiner Rückkehr bereits ein völlig umgekrempeltes Zuhause: Wände waren neu gestrichen, Gardinen ausgetauscht und das eine oder andere Möbelstück umgestellt worden. Das sehr geschmackvolle Ergebnis ihrer Verschönerungsaktion beeindruckte mich viel mehr, als ich zugeben wollte. Also brummelte ich mürrisch „Hab mich wohl in der Tür geirrt“ und zog ich mich zunächst einmal sauertöpfisch in mein Büro zurück, um darüber nachzusinnen, wie ich auf diesen Alleingang reagieren sollte. Dort traf mich der sprichwörtliche Schlag: Mein bis vor kurzem völlig schmuckloses Büro sah aus wie ein altes Kontor. Dunkle Holzpaneele an den Wänden, grüne Seidentapeten, ein Chesterfield-Sofa in der Ecke, altmodische Schirmleuchten und als Mittelpunkt ein prächtiger, schwerer und alter Schreibtisch: Alles, was ich mir schon so lange gewünscht hatte, war frisch eingezogen! „Und? Gefällt's dir?“, fragte meine Frau, die mir gefolgt war. „Ich muss mal bei Gelegenheit deine CDs und Bücher raussortieren“, erwiderte ich kleinlaut. Und freute mich insgeheim darauf, was mich nach meiner nächsten Reise erwarten würde.

      

       Komm du mir heim!

      „Komm du mir heim!“ – Wer hat das nicht schon einmal gesagt, wer hat das nicht schon einmal gehört? Weil sich einer von beiden daneben benommen hat, weil ein falsches Wort gefallen ist – oder weil aus anderen Gründen wieder einmal der Haussegen schief hängt. Immer aber ist es als Drohung gemeint. Warum eigentlich? Wäre es nicht besser, aus diesem Satz auch einmal ein liebevolles Versprechen zu machen?

      Komm du mir heim – weil ich sehnsüchtig auf dich warte.

      Komm du mir heim – weil unser gemeinsames Abendessen fertig ist.

      Komm du mir heim – weil unser Zuhause erst dann komplett wird.

      Komm du mir heim – sagt es doch einfach mal, weil es sich so gut anhört!

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