Volker Mayr

Mata Hari in Berlin und der Kammerdiener von König Ludwig II.


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Villen sind inzwischen morsch geworden oder einfach aus heutiger Sicht nicht mehr rentabel für ein viel zu großes und daher viel zu wertvolles Grundstück. Sie müssen dann Platz machen für moderne Hochglanz-Architektur.

      Er muss mal nachsehen, was dann aus den Gedenkplaketten geworden ist. Kleben die dann an den neuen Fassaden „Hier wohnte…“? Aber hier wohnte die oder der eben nicht!

      Er wohnt noch nicht so lange hier. Seine Gegenwart wie Vergangenheit bringt es sicher nicht zu einer Gedenktafel an der Hauswand oder einem Eintrag in besagtes Buch. Wozu auch.

      Obwohl, Bemerkenswertes gäbe es schon in seiner Vergangenheit oder genauer gesagt: in seiner Ahnengalerie.

      Sogar ähnlich Geheimnisvolles wie bei Mata Hari, deren Leben und selbstgestrickte Lebenslegende erst durch ihren Hochverratsprozess und die Hinrichtung für ihre Zeitgenossen so interessant geworden ist, dass Bücher über sie geschrieben wurden und ihr Leben den Stoff für mehrere Filme abgegeben hat.

      Zu Lebzeiten war sie nur eine von hunderten oder tausenden Tänzerinnen, die auf den Bühnen, in den Varietés und Etablissements von Paris, Rom, Mailand oder London und Berlin hart arbeiten mussten, um mit dem Vergnügen, das zahlungskräftige Genießer an ihnen hatten, Geld zu verdienen.

      Über Mata Haris Auftritte im Berliner „Wintergarten“ gibt es im Zeitungsarchiv der Staatsbibliothek keine Stichwortfunde. Ganz bestimmt hatte es in der damaligen Presse Hinweise auf Programm-Highlights der vielen Varietés gegeben, Werbung oder sogar die eine oder andere Theaterkritik.

      Aber da müsste er über einen ziemlich unklaren Zeitraum Blatt für Blatt die Zeitungen durchforsten. Ein außerordentlich mühsames Unterfangen, denn die überlieferten Zeitangaben für Mata Haris Aufenthalte in Berlin sind höchst ungefähr.

      Vermutlich war Mata Hari zwischen Mai und Dezember 1907 im „Wintergarten“ engagiert, denn zum Jahresende war sie wieder zurück in Paris.

      Was würde er schon finden, wenn er sich die Mühe machte und für Tage oder Wochen im Zeitungsarchiv eingrübe? Was hätte ein Journalist schon Bemerkenswertes schreiben sollen über Mata Haris Auftritt?

      Dass sie besonders schön war? Eher nicht. Dass ihr exotischer Tanz jedermann verzückt und hingerissen habe? Naja. Wenn überhaupt, dann hat man das über viele andere Tänzerinnen auch geschrieben, um sein Brot als Schreiberling zu verdienen.

      Nicht zu vergessen, dass Mata Hari zwar ein ganz gewiss aufregendes Leben, hunderte von Liebschaften, ständige Geldnot hatte und rastlos von Bühne zu Bühne tingeln musste, um über die Runden zu kommen angesichts eines für ihre Verhältnisse viel zu aufwendigen Lebens.

      Dessen Aufs und Abs wurden einer breiteren Öffentlichkeit und den allermeisten Journalisten aber erst später bekannt.

      Während ihrer kurzen Show-Karriere hat das allenfalls die Leute beschäftigt, die sie engagiert, bezahlt oder vermittelt haben. Nicht mal die vielen Liebhaber hatten ein wirkliches Interesse an ihrer Person.

      Als Geliebte muss sie unwiderstehlich gewesen sein. Wie sonst hätten so viele Männer wieder und wieder ihre unbezahlten Rechnungen beglichen? Auch wenn sie es mit keinem lange ausgehalten hat.

      Mata Haris Ehemann hat sie wohl sehr grob behandelt, wie man auch erst im Nachhinein beim Blick auf das Leben der geheimnisumwitterten Spionin herausgefunden hat.

      Sein einziges Verdienst für die Lebensplanung und die Lebensentwürfe der Mata Hari war der Umstand, dass die Frau aus der Provinz Friesland durch seinen Militärdienst in der damaligen niederländischen Kolonie Niederländisch-Indien eine Kultur kennenlernte, die sie offenbar faszinierte.

      Eine abenteuerliche Geschäftsidee verhalf ihr zur Unabhängigkeit von diesem Mann.

      Dazu erfand sie sich und ihre Lebensgeschichte neu, verlegte ihre Geburtsstunde nach Fernost und tauchte mit indischen Tempeltänzen in Europa auf wie aus dem Nichts.

      Die Scheidung war das Startsignal für Mata Haris Erfolge auf offener Bühne oder in den Hinterzimmern feiner Salons. Ein Rätsel, wie sie das geschafft hat. Schließlich hatte sie Indien nicht im Blut.

      Exotisches war in Europa gerade sehr im Trend. Es sammelten sich entsprechende Möbelstücke und Accessoires in Bürgerhäusern und Museen. Zoologische Gärten waren Renner mit Tieren und Pflanzen aus fernen Ländern. Die europäischen Kolonialmächte holten alles aus ihren Überseebesitzungen, womit sich Geld machen ließ.

      Mata Haris Schleiertänze passten gut in die Zeit. Eine Sensation in Berlin war Mata Hari 1907 aber sicher nicht.

      Wenn sie hier in dieser Grunewald-Villa gewohnt hat für ein paar Wochen oder Monate, hat das niemanden interessiert angesichts der vielen wirklich Prominenten in diesem noblen Wohnviertel von Charlottenburg.

      Trotzdem geht ihm der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass sie vielleicht genauso wie er gerade auf der Terrasse gesessen haben mag in der wärmenden Nachmittagssonne mit Vogelgezwitscher und einem wundervollen Blick in den schönen Park vor der Nase. Sie mag an einer Tasse Tee genippt und vor sich hingeträumt haben so wie er.

      Und zu den Gedanken, die ihm bei solcher Muße durch den Kopf schwirren, gehören Erinnerungen an die eigene Herkunft und das ganz gewiss viel aufregendere Leben seines Urgroßvaters, das der trotz aller ihm auferlegten Verschwiegenheit einem Tagebuch anvertraut hat.

      Vor wenigen Jahren hat ein Film das Leben des genial-verrückten Bayern-Königs aus der Perspektive dieses seines Urgroßvaters zu zeigen versucht. Regisseur und Hauptdarsteller bekannten freimütig, dass sie dabei ziemlich im Nebel herumstochern mussten.

      Es ist wenig bis gar nichts Konkretes überliefert von dem Mann, der für König Ludwig II. allgegenwärtig war. Der ständig und sicher dienstbeflissen Menschen wie Richard Wagner im Dialog mit seinem Gönner aus unmittelbarer Nähe erlebt hat.

      Der die vielen Eskapaden und amourösen Abenteuer seines Herrn geflissentlich übersehen und des Königs Launen erdulden musste.

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