Daniel Beuthner

Der magische Met


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      Kwasir

      Der magische Met

      © 2013 Kwasir

      Titelbild von Junimond

      Imprint

       Der magische Met

       Kwasir

       published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

       Copyright: © 2013 Kwasir

       ISBN 978-3-8442-4542-4

      Inhalt

       Der Alltag

       Der Schulweg

       Der Aufsatz

       Der Unfall

       Dwalin

       Die Verwandlung

       Der Silberhain

       Der Baum des Wissens

       Kama, der Jäger der Liebe

       Agni, der Fürst des Feuers

       Rhabur, der Tyrann

       Sarja, die schöne Schneiderin

       Der Kampf

       Der Entschluss

       Die Suche

       Wafudhar

       Jamuna

       Drahs Ritt

       Sofos Rat

       Die Rettung

       Die Nereide

       Brontee

       Niflheim

       Inte Nattenties

       Der Wille

       Das Urteil

       Die Prophezeiung

       Das Wiedersehen

       Der Mut der Bröckler

       Die Gjöllbrücke

       Der Schlüssel des Lebens

       Helheims Pforte

       Die grausame Hel

       Bragi

       Daheim

      Der Wald war tabu. Verboten. „Alles Böse kommt aus dem Wald“, so sagte man seit Generationen im Dorf. Wann immer ein Unglück passierte: „Der Wald hat es ausgespuckt!“ Wann immer ein Mensch verschwand: „Der Wald hat ihn verschlungen!“ Sein Rauschen war anders als das Rauschen üblicher Wälder. Sein Grün war finsterer, sein Geruch süßlicher – anlockend irgendwie. Es heißt, dass bereits über hundert Menschen willenlos dem Duft gefolgt waren und nie mehr gesehen wurden.

      Der alte Förster war der Einzige, der den Wald liebte. Er wohnte auch darin. Die Einwohner Grechems hassten und fürchteten den Alten, weil er sich mit der grünen Finsternis verbrüdert hatte. Ein Kind soll er dem Wald geopfert haben, um von ihm angenommen zu werden. Jetzt heißt es, er sei untrennbar mit dem Gehölz verbunden und könne nie mehr hinaus.

      Nur einmal im Jahr betraten die Bürger freiwillig den Wald - am Waldfesttag. Dann sollte alles Böse für einen Moment überwunden werden. Fackeln wurden angezündet - am helllichten Tag. Lieder wurden gesungen. Man fasste sich bei den Händen und machte sich Mut. Angeführt vom Bürgermeister zog die Gemeinschaft in einer langen Reihe quer durch den Wald. Alle gingen den kaum mehr erkennbaren Hauptweg entlang, am alten Forsthaus vorbei bis zum erlösenden Licht der anderen Seite. Sie sangen laut, riefen und machten Lärm. Sie schlugen auf Kochtöpfen herum. Die Dorfältesten voran, dann die Mütter mit ihren Kindern und schließlich die erwachsenen Männer. Viele hatten ihre Gewehre geschultert. Sie waren stärker als der Wald – für einen Moment.

      Nur Oma Ilse ging nicht mit. Kein Jahr, seit Jens sich erinnern konnte, nahm sie an diesem Spektakel teil.

      Jens ging in die zehnte Klasse. Er liebte die Natur. Er motivierte seine Mitschüler durch allerlei Aktionen zum Umweltschutz und überwachte die Krötenwanderung. Letzteres hatte ihm den Schimpfnamen Krötenzwerg eingebracht. Jens war sehr klein. Und, da es an jeder Schule die Dummköpfe aller Klassen sind, die, um von ihren eigenen Fehlern abzulenken, den Spott gezielt auf jene mit sichtbaren Gebrechen lenken, hatte Jens eben auch unter diesen zu leiden. Es gab Tage, da wäre er für bloße körperliche Gewalt dankbar gewesen.

      Jens lebte bei seiner Oma. Sein Vater war ein Unbekannter und seine Mutter bei seiner Geburt verstorben. Er kannte sie nur von alten Photos, die Oma Ilse in einem Schuhkarton im Wohnzimmer aufbewahrte. Eines der Bilder hatte er liebevoll in seinem Zimmer an die Wand gehängt. Er mochte das Gesicht seiner Mutter. Auch wenn er sie nie gekannt hatte, hatte sich ihr Gesicht, ja ihr ganzes Wesen tief in seine Vorstellung und seine Träume geprägt. Auch seinen Opa kannte Jens nicht. Dass er nicht in einer richtigen Familie aufwuchs, störte ihn nicht. Von seiner Großmutter wurde er nach Strich und Faden verwöhnt, denn auch, wenn eine Oma die Mutterrolle übernehmen muss, bleibt sie immer noch Oma.

      Das Haus, in dem die beiden lebten, war der Rest eines alten Gehöfts. Eigentlich waren nur noch vier Zimmer bewohnbar, aber diese waren stets so gepflegt,