gebildeten Mann einen Orgasmus geschenkt zu bekommen. Zusätzlich zu den Ehepflichten. Natürlich überlegte ich auch umgekehrt: Was wäre wenn einer von Günthers „guten Kumpeln“ in Wahrheit eine Frau wäre? Wenn er statt zum Skat-Abend zur Nachbarin oder Kollegin ginge? Ich glaube, ich wäre ziemlich sauer und würde nicht wollen, daß er so eine Affäre fortsetzt, wenn ich davon erführe. Aber scheiden lassen? Soweit würde ich wohl nicht gehen.
Am Dienstag lies ich den Frauentag aus. Stattdessen versuchte ich vorsichtig Günthers Meinung zu erforschen. Ich weiß, damals, als diese Lewinsky-Affäre um Präsident Clinton bekannt wurde – daß war lange vor unserer Ehe, aber wir waren schon befreundet, – da vertrat Günther die Ansicht, Clinton habe im Prinzip recht, wenn er meine, Oralsex sei kein Fremdgehen im eigentlichen Sinne. Ich habe das damals vehement bestritten, obwohl ich andererseits ebenfalls der Meinung war, die Affäre sei ein Vorwand für eine Amtsenthebung und diene nur als politische Schlammschlacht, eine Einschätzung, die ich mit meinem Mann teilte. In dieser Haltung wurden wir beide später bestätigt, als nach dem 11.09.2001 bekannt wurde, daß für die Aufklärung dieser schlimmen Terroranschläge nur 15 Millionen USD (anfänglich sogar nur 3 Millionen) vom US-Kongress bewilligt worden waren. Diese Untersuchung dauerte nur 15 Monate, war völlig eingeschränkt und unterfinanziert, und führte zu einem Abschlußbericht, der bei Licht betrachtet die menschliche Intelligenz beleidigt. Für die alberne Monika-Lewinski-Affäre, um diese Praktikantin, die dem Präsidenten einen geblasen hatte, wurden hingegen gleich zu Beginn 30 Millionen USD bewilligt, um gegen Präsident Clinton vorzugehen. Daran sieht man: dem US-Kongress ist die Wahrheit über die Praktiken einer Praktikantin im Weißen Haus doppelt so viel wert, wie die Wahrheit über die verheerendsten Terroranschläge gegen Amerika, mit tausenden unschuldigen Opfern.
Auch in der Hinsicht bin ich mir mit Günther einig: Die Massenmedien wie Tagesschau, Spiegel oder Welt betreiben im Grunde nur Propaganda und echte Nachrichten muß man sich selbst zusammen suchen. Unser Zeitungsabo hatten wir längst gekündigt. Und über die GEZ Gebühren ärgerte ich mich mit jedem Tag, an dem ich die offensichtliche Desinformation dieser Öffentlich Rechtlichen Anstalten ertragen muß, mehr. Manche unser Freunde sind verblüfft, das „ausgerechnet ihr“ – also wir – uns oft so kritisch äußern, und es wagen, angeblich allgemein bekannten Tatsachen stets zu hinterfragen. Dabei stellen wir offenbar nur einfach mehr Fragen, als es andere tun. Ohne alles zu hinterfragen, könnte Günther seinen Beruf schließlich nicht ausüben. Das gehört zu einem Fahnder dazu, wie das Mehl zum Bäcker. Die Suche nach einem Täter und einem Motiv führt immer über die Bildung verschiedener Hypothesen; nur bei den richtig großen Verbrechen werden solche alternativen Hypothesen komischerweise immer als Verschwörungstheorien verspottet.
Auch wenn ich mich hier etwas vom Thema entferne – oder auch nicht, je nach Standpunkt – möchte ich noch eine Begebenheit schildern, die das Leben meines Mannes und damit auch meines dahingehend geändert hat, daß Günther jetzt bei der Zollfahndung ist:
Wir besuchten damals beide die gleiche Gesamtschule in Frankfurt und der Vater eines gemeinsamen Schulfreundes hatte uns zu einer Veranstaltung eingeladen, wo ein Gast aus den USA zum Thema Geldwäsche sprach. Das wäre nun kein Thema, was 14 jährige Schüler besonders interessiert, aber unser gemeinsamer Freund Dirk redete so leidenschaftlich auf uns ein und stellte das so interessant dar, das wir mitkamen. Dirks Vater betonte auch, es gäbe nur selten solche Gelegenheiten, etwas über die geheimen Finanzströme von einem echten Insider zu erfahren.
Zum Glück gab es eine Simultan-Übersetzung, denn der Vortrag dieses Herrn Snyder war auf englisch und unser Schul-English hätte bei weitem nicht gereicht. Dieser Mister Snyder behauptete, früher im US-Finanzministerium zum Beraterstab von Bill Clinton gehört zu haben. Eine spezielle Studie habe sich mit der Finanzierung des Drogenhandels aber auch der Finanzierung extremistischer Gruppen, die als terroristisch eingestuft wurden, befasst. Und über diese Zusammenhänge sprach er.
Ich erinnere mich nicht mehr an alle Einzelheiten, aber eine Sache hat mich doch sehr verblüfft, nämlich das die Verbrecherbanden, Mafia-Organisationen, die Drogen- und Waffenhändler und die Terroristen alle über sogenannte Offshore-Banken ihre Machenschaften finanzieren, und daß diese Offshore-Finanzzentren überwiegend in britische Kolonien liegen, die – bis zum heutigen Tag – direkt vom britischen Kronrat regiert werden. Dazu gehören die Kanalinseln, die Isle of Man, die Bahamas, die Kaimaneninseln und viele mehr. Wenn man also gegen diese Übel der Welt vorgehen wolle, müsse man bei den Finanzen ansetzten. Der „Spur des Geldes folgen“, wie er sagte. Ein Vorgehen, das sehr wirksam sei. Er schilderte einige Hintergründe zu den Morden an italienischen Ermittlern, die genau dieser „Spur des Geldes“ folgten: Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, zwei führende italienische Staatsanwälte, die genau dort angesetzt hatten. Sie waren sehr erfolgreiche Staatsanwälte aber haben dies mit dem Leben bezahlt, weil hohe Stellen im Staat entweder zu feige waren, sie zu schützen, oder sie sogar verraten haben.
In Italien seien die Staatsanwälte wirklich unabhängig, meinte er. In den USA würden sie durch Big Money schnell korrumpiert und nur speziell eingesetzte Sonderermittler haben gelegentlich tatsächlich unabhängige Ermittlungen durchgeführt, so wie Lawrence Walsh beim Iran-Contra-Skandal.
Ich erwähne das hier, denn der oben genannte Clinton hatte die strategische Zollfahndung der USA damit beauftragt, speziell gegen diese Geldwäsche-Zentren zu ermitteln. Die hatten bereits viele Fakten zusammengetragen über die wahren Hintermännern, die alten, ehrwürdigen europäischen Privatbanken, die wissentlich alle diese Verbrechen finanzieren und damit enormen Reichtum anhäufen. Und mit diesem Reichtum natürlich auch Medien und politischen Einfluß kaufen.
Weil dies alles so spannend war, hatte sich Günther damals dazu entschlossen, selbst zur Zollfahndung zu gehen. Das die Realität in den deutschen Amtsstuben anders aussieht, ist eine ganz andere Geschichte. Aber das ist hier nicht das passende Thema.
2. Mein Mann vertraut mir blind
Also zurück zum Text. Ich versuchte also vorsichtig meinen Mann an das Thema Fremdgehen zu lenken, indem ich wahrheitsgemäß darauf hinwies, den Frauentag auszulassen, weil mich die fetten Weiber, die dort trainieren, nicht auf die Weise motivieren würden, wie die durchtrainierten, muskulösen Männer, die ich an den anderen Tagen treffe. „Manche haben richtig gute Sixpacks,“ versuchte ich ihn aus der Reserve zu locken. Er ging darauf gar nicht ein. „Manche haben auch richtig schöne Knackärsche,“ provozierte ich ihn weiter. Da schien er etwas säuerlich zu werden: „Ach, diese Muskelprotze sind doch alles Angeber: 150 Volt in den Armen, aber kein Licht im Oberstübchen. Was willst Du mit denen anfangen? Sind da nicht auch gemütliche Bierbäuche vertreten? Oder Normalos, wie ich? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Du mit diesen Kraftmeiern etwas anfangen kannst. Außerdem hast Du ja mich, oder?“
So kam ich nicht weiter. Er schien jedenfalls kein bisschen eifersüchtig zu sein. Na gut, ich beließ es dabei.
Am Mittwoch: Das gleiche Spiel. Ich trainiere, die anderen gaffen, Christoph schaut öfters mal bei mir vorbei. Diesmal werde ich von einer Frau auf meinen Stringbody angesprochen. Sie will wissen, wo ich den gekauft habe: „Ich überlege mir auch so ein Teil zu kaufen. Obwohl ich noch nicht weiß, ob ich mich wirklich traue, ihn im Fitness-Studio zu tragen, so wie Du. Du bist ganz schön mutig.“ Ich kann ihr schlecht sagen, daß das gute Teil schon mindestens neun Jahre alt ist, also erzähle ich, daß man die ganz einfach im Internet bestellen kann. Oder in Geschäften, die Tanzsport-Artikel anbieten, denn da habe ich ihn her. Zum Glück fragt sie nicht weiter nach. Ich schlage noch vor, sie könne ja Christoph bitten, solche Anzüge in sein Sortiment aufzunehmen. Christoph hatte das mitgehört und meinte im Scherz, er könne ja ein Kleiderordnung verhängen, daß die Damen ab sofort nur noch mit String-Gymnastikanzügen trainieren dürfen.
Diesmal trainiere ich ein wenig länger, denn ich sehe Christoph nicht mehr durch den Raum huschen, wie sonst immer. Insgeheim hoffe ich nämlich auf eine weitere freie Massage. Schließlich gehe ich zu der Rezeptionistin, um zu fragen, ob ich eine Massage buchen kann. Sie notiert das, geht nach hinten, wo ich durch die geöffnete Tür Christoph mit zwei Männern sitzen sehe. Sie sagt, Christoph ist in einer halben Stunde frei. Ich gehe an die Bar und schicke Günther