Johanna H. Wyer

Hinrichtung, Scheiterhaufen und Todesstrafe


Скачать книгу

Religionskämpfen geprägten Spätantike drohte der nichtchristliche Kaiser Diokletian den Feuertod gegenüber der synkretistischen Glaubensgemeinschaft der Manichäer an.

      Nach der Umwandlung des Christentums zur Staatsreligion unter Theodosius I. wurden trotz der früheren Verfolgungen Andersgläubige häufig mit dieser Hinrichtungsart bedroht, da einerseits die Kreuzigung nun aus religiösen Gründen abgelehnt wurde, andererseits Verurteilungen im Amphitheater, wie die Damnatio ad bestias oder die Damnatio ad ferrum, wegen des ursprünglich paganen Ursprungs der Einrichtung nicht erwünscht waren. Auch sah man im Verbrennen eine reinigende Wirkung |2|.

      Diese Hinrichtungsart war im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit vor allem für durch die Inquisition zum Tode verurteilte Ketzer oder während der europäischen Hexenverfolgungen für verurteilte „Hexen“ vorgesehen. 1224 führte Kaiser Friedrich II. in der Lombardei den Feuertod auf dem Scheiterhaufen als Strafe für Ketzerei ein.

      Die „Peinliche Halsgerichtsordnung“ Kaiser Karls V., (Constitutio Criminalis Carolina) von 1532 sah Verbrennung als Strafe für Zauberei (§ 109), Falschmünzerei (§ 111), „Unkeuschheit wider die Natur“ (§ 116), Brandstiftung (§ 125) und Diebstahl einer Monstranz mit geweihter Hostie (§ 172) vor.

      Neben der Methode, den Verurteilten bei lebendigem Leibe am Brandpfahl gekettet oder gebunden zu verbrennen, gab es auch die Möglichkeit, diesen zuvor auf dem Scheiterhaufen zu erwürgen. Dies wurde als Gnadenakt angesehen. Weitere als gnädig angesehene Varianten bestanden in der Verwendung von frischem, noch feuchtem Holz, so dass der Verurteilte am Rauch erstickte, bevor sein Körper verbrannte, oder man band ihm ein Säckchen mit Schwarzpulver um den Hals, das explodierte, sobald es von den Flammen erreicht wurde.

      Am 24. April 1751 wurde Anna Schnidenwind in Endingen am Kaiserstuhl bei vermutlich einer der letzten Hinrichtungen einer angeblichen Hexe in Deutschland erdrosselt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

      Das letzte Todesurteil durch Verbrennen in Deutschland soll am 28. Mai 1813 auf der Berliner Jungfernheide vollstreckt worden sein, als Johann Peter Horst und Friederike Luise Delitz als Mitglieder einer Mordbrennerbande hingerichtet wurden.

      Diese Hinrichtungsart war im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit vor allem für durch die Inquisition zum Tode verurteilte Ketzer oder während der europäischen Hexenverfolgungen für verurteilte „Hexen“ vorgesehen. 1224 führte Kaiser Friedrich II. in der Lombardei den Feuertod auf dem Scheiterhaufen als Strafe für Ketzerei ein.

       Bekannte Personen, die auf dem Scheiterhaufen starben

      Bertrand Marty († 16.März 1244 bei Montségur)

      Fra Dolcino († 1. Juni 1307 in Vercelli)

      Jacques de Molay († 18. März 1314 in Paris)

      Cecco d’Ascoli († 26. September 1327 in Florenz)

      Jan Hus († 6. Juli 1415 in Konstanz)

      Jeanne d’Arc († 30. Mai 1431 in Rouen)

      Hans Böhm (Pauker von Niklashausen) (1476 in Würzburg)

      Girolamo Savonarola († 23. Mai 1498 in Florenz)

      Johannes van Esschen († 1. Juli 1523 in Brüssel)

      Hendrik Vos († 1. Juli 1523 in Brüssel)

      Jan van Woerden († 15. September 1525 in Woerden)

      Balthasar Hubmaier († 10. März 1528 in Wien)

      Jörg Blaurock († 6. September 1529 in Klausen)

      Adolf Clarenbach († 28. September 1529 in Köln)

      Jakob Hutter († 25. Februar 1536 in Innsbruck)

      Michael Servetus († 27. Oktober 1553 in Genf)

      Thomas Cranmer († 21. März 1556 in Oxford)

      Dirk Willems († 16. Mai 1569 bei Asperen)

      Giordano Bruno († 17. Februar 1600 in Rom)

      Lucilio Vanini († 19. Februar 1619 in Toulouse)

      Der Feuertod war im Mittelalter auch die übliche Strafe für Juden wegen angeblicher Hostienschändung. Dokumentiert sind solche Judenverbrennungen sowie die damit einhergehenden Pogrome für

      1338 in Deggendorf

      1348 in Straßburg

      1349 in Dresden

      1351 in Königsberg in der Neumark

      1421 in Wien

      1477 in Passau

      1453 in Breslau

      1492 in Sternberg

      1510 in Berlin

      Das im Mittelalter für die Lombardei erlassene „Antiketzergesetz“ Kaiser Friedrichs II. aus dem Jahr 1224, das den Feuertod für schwere Fälle der „Häresie“ |3| bereits vorsah, wurde 1231 von Papst Gregor IX. für den kirchlichen Bereich übernommen, wo das Verbrennen als Todesstrafe im Rahmen der Inquisition für aus deren Sicht hartnäckige oder rückfällige „Ketzer“ zur Anwendung kam. Die Formulierung für die Todesstrafe lautete meist, dass der Betroffene „dem weltlichen Arm“ zu übergeben sei, da die Kirche selbst nach dem Grundsatz ecclesia non sitit sanguinem keine Todesstrafen vollziehen durfte.

      Der Scheiterhaufen als Bestattungsritual

      Viele vorchristliche Kulturen in Nord- und Mitteleuropa verwendeten den Scheiterhaufen als übliche Bestattungsmethode. Da die Christen ebenso wie die Juden die Totenverbrennung als unvereinbar mit dem Glauben an die Auferstehung des Fleisches betrachteten, geriet die Methode in Europa außer Gebrauch. In Indien sind Scheiterhaufen bis heute die traditionelle Form der Kremation.

      Bis ins 19. Jahrhundert wurden dort häufig auch Witwen zusammen mit dem Leichnam ihres Mannes verbrannt (siehe Sati). Dem Ritual zufolge war dies ein Freitod, welcher der Frau als Heldentat angerechnet wurde, da sie ihrem Mann folgte, jedoch nie eine Hinrichtung oder ein erzwungener Tod, obwohl in vielen Fällen eine Nötigung zum Freitod nicht auszuschließen ist.

      Obwohl diese Praxis bereits seit 1829 gesetzlich verboten ist, werden auch heute gelegentlich Einzelfälle von Witwenverbrennungen bekannt.

      Der elektrische Stuhl

      Erfindungsgeschichte

      Zufällig wurde der Zahnarzt Albert Southwick 1881 Zeuge eines Unfalls, bei dem ein betrunkener alter Mann einen Stromgenerator berührte und sofort starb. Er erzählte dieses Ereignis seinem Freund, Senator David McMillan, der es wiederum Gouverneur David B. Hill mit dem Gedanken weitererzählte, das Erhängen als grausame Hinrichtungsmethode zu ersetzen. 1886 rief das Parlament des Staates New York eine Kommission ins Leben, die eine „menschliche und bequeme“ Art der Hinrichtung finden sollte. Man beauftragte Thomas Edison mit der Untersuchung einer Hinrichtungsmethode per Elektrizität.

      Der elektrische Stuhl wurde von Edisons Mitarbeiter Harold P. Brown entwickelt. Da Edison sich stark für Browns Arbeit einsetzte, gilt er als Erfinder des elektrischen Stuhls. Edison und George Westinghouse, der den Wechselstrom propagierte, lieferten sich damals einen erbitterten Streit darüber, welche Stromart sicherer in der Anwendung sei. Edison versuchte, durch mehrere Tests mit Katzen und Pferden die Gefährlichkeit des Wechselstroms seines Widersachers zu belegen.

      Im Jahr 1903 wurde von Harold P. Brown sogar die Elefantenkuh Topsy, die drei ihrer Wärter getötet hatte, mit Wechselstrom „hingerichtet“. Das Tier wurde getötet, indem es mit seinen Füßen auf Metallplatten gestellt und durch Ketten fixiert wurde, bevor Wechselstrom durch die Metallplatten geleitet wurde. Die gelegentlich zu lesende Darstellung, diese Tiertötung habe schließlich zur Entwicklung des elektrischen Stuhls als Hinrichtungswerkzeug geführt, ist sachlich