Sophie Lamé

Frühling im Oktober


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      „So schlimm?“, fragte Helen. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie ihren hellbraunen Lambswoolpulli zurecht und quetschte sich mühsam zwischen Sitzbank und Bistrotisch hindurch. Mit gesenktem Kopf huschte sie durch den Raum, denn sie hatte nicht vor, allzu viel von ihrem Gesicht zu zeigen. Mit großen Schritten eilte sie an der Theke vorbei und hörte nicht, dass Anatole ihr etwas zurief. Erst einmal wieder auf die Reihe kommen, ermahnte sich Helen und fixierte die Treppenstufen, die sich schmal und eng in das Untergeschoss des Bistros schlängelten. Das ist das Einzige, was ich am Tabac de la Muette nicht leiden kann, dachte sie und stützte sich mit der rechten Hand an der Wand ab, da sie die Stufen vor ihren Füßen kaum noch erkennen konnte. So dunkel war es doch sonst nicht hier unten. Jetzt ging ihr auf, was Anatole ihr gerade zugerufen hatte. Wahrscheinlich war das Licht kaputt und er hatte sie warnen wollen. Vorsichtig tastete sie sich weiter vorwärts. Wenigstens kann so niemand mein verschmiertes Gesicht sehen. Ein paar Stufen noch und dann müsste doch bald – „huaaa, was zum Teufel …!“ Helen stieß einen spitzen Schrei aus und machte einen Satz zurück auf die Stufe hinter ihr. Dabei geriet sie ins Taumeln und suchte Halt an der Wand und an dem Widerstand, der sich so plötzlich vor ihr aufgepflanzt und sie zu Tode erschreckt hatte. Zwei Hände hielten sie an den Armen fest, so dass sie langsam wieder ins Gleichgewicht kam.

      „Pardon, Madame, ich habe sie nicht gesehen“, kam eine sanfte, melodische Stimme aus der Dunkelheit. „Tut mir wirklich sehr leid, pardon. Das ist aber auch düster hier.“

      So gut es auf der schmalen und dunklen Treppe eben ging, schob sich eine Gestalt an ihr vorbei und stieg langsam und vorsichtig die Stufen hinauf. Zurück blieb ein schwacher Duft nach einem herben Rasierwasser und der langsam nachlassende Druck kräftiger Hände auf ihren Armen. Das nenne ich eine Begegnung der besonderen Art, dachte Helen und ertastete sich die letzten Meter bis zur Toilettentür. Zum Glück war sie schon oft hier unten gewesen, und wusste, dass sich die Damentoilette hinter der ersten Tür rechts befand. Sie suchte ein paar Sekunden lang vergebens nach der Türklinke, fand sie schließlich und schlüpfte in den Raum. Glücklicherweise war das Licht nur auf der Treppe und in dem langen Kellergang kaputt. Hier drinnen funktionierte die Beleuchtung und Helen stieß einen langen, erleichterten Seufzer aus. Schnell prüfte sie ihr Aussehen im Spiegel, zupfte sich zwei Papierhandtücher aus der dafür vorgesehenen Box und wischte die schwarzen Mascaraflecken unter ihren Augen weg. Zuletzt spritzte sie sich ein paar Tropfen eiskaltes Wasser ins Gesicht und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Als sie aus der Toilettentür trat, stieß sie fast mit Anatole zusammen, der sich mit einer Stehleiter und einem Päckchen Glühbirnen durch den dunklen Gang tastete. Sie ließ die Tür auf, so dass ein breiter Lichtstrahl den Flur erhellte, fragte den Kellner, ob sie ihm behilflich sein könne und machte sich, da er energisch abwinkte, auf den Weg zurück zu Lili.

      „Hast du eben so geschrien?“, fragte ihre Freundin.

      „Allerdings“, bestätigte Helen und machte es sich wieder auf ihrer Bank gemütlich. Sie nahm einen Schluck von ihrem inzwischen lauwarm gewordenen Kaffee und erzählte kurz, was sich auf der Treppe zugetragen hatte.

      „Tjaa“, machte Lili und zog das Wort in die Länge. „Da habe ich dir wohl eindeutig etwas voraus.“ Sie blinzelte geheimnisvoll und lächelte Helen herausfordernd an.

      „Was denn?“ Helen zog die Augenbrauen hoch. „Jetzt sag schon!“

      „Im Gegensatz zu dir hab ich ihn gesehen!“ Lili rührte in ihrem Kaffee. „Und ich kann dir sagen, dem würde ich auch gerne mal auf einer dunklen Treppe begegnen.“

      Die beiden Freundinnen schauten sich an und brachen dann in so lautes Lachen aus, dass Anatole, der gerade mit seiner Leiter am oberen Treppenabsatz auftauchte, zu Paul hinüber zwinkerte: „Ah la jeunesse! Unbeschwerte Jugendzeit!“

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