Tom Winter

Achtung Abzocke- den Betrügern auf der Spur


Скачать книгу

schnell stecken wir in der Abofalle? Ob in der Fußgängerzone oder an der Haustür, clevere Abzocker verstehen es mit allen Mitteln, Leute um den Finger zu wickeln. Ob durch Befragungen, als Meinungsforscher getarnt oder mit kleinen Präsenten geködert, manchmal merken Sie es gar nicht, dass Sie einen Zeitungsvertrag unterschrieben haben. Sie können aber bis zu 14 Tage nach Vertragsunterzeichnung kündigen. Allerdings bei in Geschäften abgeschlossenen Verträgen gilt das nur bedingt. Da dürfen Sie nur dann kündigen, wenn bis zur ersten möglichen Kündigungsfrist ein Betrag von über 200 Euro für das Abo zu zahlen wäre.

      Das oftmals schlechte Gehör älterer Menschen machen sich ganz miese Abzocker vor allem aus dem osteuropäischen Raum zunutze. Sie wälzen Telefonbücher deutscher Städte durch oder nutzen kaufbare Adressdaten-Software, die einen Altersfilter enthält und nur Personen ab einem bestimmten Alter auflistet. Darin suchen sie dann gezielt nach altmodisch klingenden Vornamen. Etwa Amalie, Josefa, Juliane, Adolf oder Ferdinand sind dann solche Opfer.

      Sie werden angerufen, und dann erklingt am anderen Ende in der Ukraine oder Bulgarien: „Hallo Oma, rate mal wer hier ist?“ – „Bist Du es, Michael? Auf Deinen Anruf habe ich schon lange gewartet!“ Und schon sitzt die Seniorin in der Enkel-Falle. Deshalb nennt man diese miese Abzocke auch den „Enkel-Trick“. Das Gespräch ist vielleicht noch ein wenig verzerrt oder durchs Taschentuch gedämpft. Und dann geht´s plötzlich nach einem einleitenden netten Geplänkel um ein Problem, das der Möchtegern-Enkel oder die Nichte am anderen Ende der Leitung hat. Manchmal sind die betagten Gesprächspartner auch noch so leutselig und sprechen gleich ein bestimmtes Thema an, etwa: „Bist Du mit dem Verkauf des Hauses schon weitergekommen; hast Du einen Interessenten gefunden?“ – Oder: „Wo lege ich denn jetzt am besten die 100.000 Euro aus der Lebensversicherung an, meinst Du, die Aktien sind sicher?“

      Schon hat der „Enkel“ ein Thema und kann ganz vertraut mit der alten Dame oder dem alten Herrn ins Geschäft kommen.

      Schnell wird ein Problem konstruiert. Man brauche dringend einen größeren Geldbetrag. Der Zeitpunkt wird vereinbart, und siehe da, plötzlich taucht entweder noch vor der Bank oder an der Haustür ein Freund des Enkels auf. Das hat nämlich folgenden Grund: Denn spätestens jetzt würde die Oma oder der Opa erkennen, dass es sich nicht um den eigenen Enkel handelt. Also muss eine glaubwürdige Ersatzperson her. Das besorgt der Freund, der nun wiederum erzählt, Omas oder Opas Enkel sei verhindert durch einen plötzlichen Interessenten für das Haus oder durch ein Gespräch mit der Bank über die Anlage der 100.000 Euro. Das schafft nämlich zusätzliches Vertrauen, wenn man private Details des „Deals“ kennt. Oder der Enkel sei in einen Unfall verwickelt. Und wie durch ein Wunder klingelt es just zu dem Zeitpunkt auf dem Handy des Freundes. Natürlich reicht der das Gespräch gleich weiter, um Oma oder Opa die letzten Zweifel zu nehmen.

      Das Geld wird ausgehändigt, und der Freund ist schnell auf und davon.

      Aufmerksame Bankmitarbeiter oder Taxifahrer haben in der Vergangenheit schon den einen oder anderen Coup dieser Masche verhindern können, indem sie die Polizei eingeschaltet haben, wenn sie Verdacht schöpften. In Köln stand kürzlich eine ganz dreiste „Enkelin“ vor Gericht, die in 30 Fällen rund 200.000 Euro erbeutet hatte. Dabei schreckte sie auch nicht davor zurück, alte Leute im Rollstuhl zu betrügen und sich den Familienschmuck aus dem Fenster reichen zu lassen oder dem Opfer gar ein Taxi zur Bank zu bestellen.

      Der Enkel-Trick ist mittlerweile bandenmäßig in mafiösen Netzwerken organisiert und in Familienstrukturen eingebettet. Bei dieser Art von Abzocke muss man alte Menschen vorwarnen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Man vereinbart unter Verwandten ein Code-Wort, etwa „Hallo Oma Hamburg“ oder „Hallo Oma, hier ist Dein Lieblingsenkel Thomas“. Dann haben Abzocker keine Chance mehr. Oder man vereinbart bei der Bank eine Doppelunterschrift für größere Abhebungen – eben immer gemeinsam mit dem Lieblingsenkel oder einem anderen Familienmitglied.

      So sichert man sich gegen den Enkeltrick ab.

      Diese üble Masche macht aber noch eins ganz deutlich: Solche Abzocker sind nur über Handy- und Telefondaten zu überführen. Denn DNA-Spuren am Opfer oder Tatort hinterlassen sie ja nicht. Insofern sind die Strafverfolgungsbehörden auf Datenspeicherung angewiesen, auch auf Vorratsspeicherung. Alle Bestrebungen, diese Art von Datenspeicherung auch bei den Handynetzbetreibern und Internetbrowsern einzuschränken, verhindern die Aufklärung solcher Art von „Enkel-Taten“.

      Die Hinterbliebenen von Toten haben ja schon Leid genug zu ertragen, und dann flattert ihnen da auch noch die Mahnung eines Sexversands ins Haus. Angeblich habe der Tote Sextoys oder Pornofilme bestellt, die noch nicht bezahlt seien. Die Hinterbliebenen sind eh noch in Trauerstarre und wollen um Gottes Willen das Ansehen des Verblichenen nicht auch noch durch den Schmutz ziehen lassen – und zahlen in ihrer Verzweiflung.

      Dass es sich dabei aber um eine ganz gemeine Methode handelt, darauf kommen sie nicht. Manchmal sind solche Aktionen auch noch mit kinderpornografischem Material gespickt, das strafrechtliche Relevanz beinhaltet. Hier wird weiterer Druck auf die Hinterbliebenen ausgeübt. Lassen Sie sich von solchen Forderungen nicht bluffen. Widersprechen Sie ganz einfach. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.

      Genauso sollten Sie bei anderen Forderungen gegenüber Toten denken. Sollen die Gläubiger doch erst mal versuchen, das Geld von Toten einzutreiben. Bleiben Sie gelassen und lassen sich nicht ins Boxhorn jagen. Im Zweifel treten Sie erst einmal selbstbewusst auf und verlangen die Kopie der Beauftragung – und drohen Ihrerseits mit einer Rechnung für die Sachbearbeitung im Rahmen der Testamentsvollstreckung und die Aufnahme in die Forderungsliste.

      Der Abgezockte muss nicht einmal tot sein. So erhielten auch Rentner Post von einem dubiosen Sexversand. Sie sollten für angeblich erhaltenes Spielzeug bezahlen. Auch wenn Sie aufgefordert werden, für bezogene Pornofilme oder andere Sexdienste offline wie online zu bezahlen, dann wehren Sie sich, wenn Sie damit nichts zu tun haben. Oft ist es auch die Scham, die manche einfach zahlen lässt. Vor allem aber macht es die Scham solchen Abzockern leicht. Denn die Reingefallenen reden nur ungern darüber, dass Sie einem Scharlatan aufgesessen sind.

      Mahnung vom Gen-Labor: Eine andere Masche ist es, insbesondere nach dem Tod männlicher Angehöriger Rechnungen eines „Gen-Labor Dr. Mustermann“ als zweite Mahnung zu verschicken. Solche Abzocker haben Briefkasten- Adressen konstruiert und nutzen die Betroffenheit Trauernder schamlos aus. Sie verlangen ein paar hundert Euro für einen Gentest, den der Tote angeblich noch vor seinem Ableben veranlasst haben soll. Um das Ansehen des Toten nicht zu beschmutzen zahlen trauernde Angehörige oftmals. Wehren Sie sich dagegen und bringen Sie die Rechnungen zur Polizei. Sie können den Spieß auch herumdrehen und Ihrerseits an den Abzocker eine Rechnung schicken. Geben Sie sich als Testamentsvollstrecker aus und berechnen Sie ihm die Prüfung der Ansprüche und den Eintrag in den Erbschaftsschein. Verlangen Sie den schriftlichen Auftrag des Toten für den Gentest und die Rechnungskopie sowie die erste Mahnung. Dann werden Sie schnell feststellen, was es mit dem Gentest auf sich hat.

      Manche Betrüger sind so dreist und buchen einfach irgendwelche Beträge von Konten ab. Dabei gehen sie recht kreativ vor und finden Betreffs, die sonst auf Kontoauszügen auch üblich sind. Etwa „Strom April 2009“, „Telekom Abrechnungszeitraum …..“ oder „Mobilfunk 04/2009“. In der Hektik des Alltags überfliegen sie es und merken es bei normalen Beträgen gar nicht. Ganz übel sind solche Abzocker, die im Besitz Ihrer kompletten Kontodaten sind und dann ganz gezielt solche Formulierungen wählen können, die nicht sonderlich auffallen. Auch die Beträge liegen im Rahmen der vergangenen Monate, so dass Sie zunächst mal keinen Verdacht schöpfen können.

      Diese Abzocker sind