Elisa Scheer

Neukonzept


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umgewickelt, zu diesem improvisierten Nachtlager. Nach etlichen Verrenkungen hatte sie sich dort ausgestreckt, hart an der Kante, um ihm noch genügend Platz zu lassen, und stellte fest, dass das Lager erstaunlich bequem war. Sie lobte ihn dafür und registrierte sein leises Lachen. „Warten Sie, wie es sich nach einigen Stunden anfühlt.“

      „Dann schlafe ich hoffentlich so tief und fest, dass ich die blauen Flecke gar nicht mehr wahrnehme. Kommen Sie, Sie müssen nach dieser Hackaktion doch müde sein.“

      „Und wie. Ich hätte nie gedacht, dass Urlaub so anstrengend sein kann“, seufzte er und streckte sich neben ihr aus. Sie schob ihm die Hälfte der Decke zu, er rückte etwas näher zu ihr und stopfte die Decke auf seiner rechten Seite fest.

      Er berührte sie, stellte sie fest. Damit war ihre rechte Seite eindeutig der wärmste Körperteil. Links fror sie, obwohl sie den Schlafsack ebenfalls sorgfältig festgesteckt hatte. Sie seufzte: Eine tolle Nacht würde das wohl nicht werden – weich ja, aber eben auch kalt. „So kann ich nicht schlafen“, brummte er. „Darf ich mich auf die Seite drehen?“

      „Logisch“, murmelte sie.

      „Dann müssen Sie aber auch“, erklärte er. „So sparen wir Wärme.“

      Gehorsam drehte sie sich auf die Seite und er presste sich von hinten dicht hinter sie. „So ist es tatsächlich wärmer“, stellte sie fest und protestierte auch nicht, als er einen Arm um ihre Taille legte und sein Gesicht in ihrem Haar vergrub. Das konnte keine Freude sein, überlegte sie, die Haare waren bestimmt verschwitzt und hatten außerdem den Kellergeruch dieser Höhle angenommen. Aber das Gefühl, ein Heizkissen im Rücken zu haben, war durchaus einschlaffördernd...

      Sie war schon fast weggedöst, als sie etwas an ihrem Hintern spürte. Auf ihren leisen Protestlaut hin entschuldigte er sich verlegen.

      „Macht nichts“, murmelte sie, „das sind eben so Automatismen, nicht?“

      „Ja, vielleicht. Ich versuche, an etwas Unangenehmes zu denken, vielleicht hilft das.“

      Sie kicherte. „Wie wär´s mit Gefangen in einer blöden Höhle in den bayerischen Alpen? Nicht mal exotisch ist das, nur lästig.“

      „Das wirkt nicht“, brummte er, „die Situation beginnt mir zu gefallen.“

      „Das ist ja pervers“, schimpfte sie.

      „Meinen Sie wirklich?“ Der Arm um ihre Taille bewegte sich sacht nach oben und streifte ihre Brust unter dem dünnen Top. „Pervers, ja?“

      „Es gibt Perverseres“, gab sie zu und kuschelte sich neu zurecht.

      „Also, jetzt sind Sie aber schuld“, stellte er fest, „wenn Sie so herumzappeln, kann ich nichts für meine Reaktionen.“

      „Klar. Männer sind nieee an etwas schuld“, gab sie zurück und genoss insgeheim seine warme Hand, die mittlerweile ganz ungeniert ihre rechte Brust umfasste und sie so sehr angenehm wärmte. Nicht nur wärmte, stellte sie fest – ihr Körper reagierte genauso verräterisch wie seiner. Die Art, wie er leise in ihr Ohr lachte, verriet ihr, dass er die harte Brustwarze sehr wohl bemerkt hatte. Sollte sie behaupten, daran sei bloß die Kälte schuld? Aber ihr war schon gar nicht mehr kalt. Eigentlich war ihr sogar ziemlich heiß, wenn sie ehrlich war.

      Abartig. Sie wusste nicht mal, wie er hieß, und sie wollte es auch eigentlich gar nicht wissen. Aber eine schöne langsame Nummer – warum eigentlich nicht? Er gefiel ihr, und sie konnte sicher sein, dass sie ihn nie wieder sah. Sex ohne Verpflichtungen, ohne Frühstück danach (naja, schon, die Retter würden wohl kaum vor dem Frühstück kommen), also gut: Sex ohne eine lästige Beziehung danach, ohne moralische Erpressung, für einen anderen das eigene Leben aufzugeben. Frauen müssen eben immer verzichten... die dummen Sprüche ihrer Eltern hallten ihr immer noch in den Ohren.

      Sie seufzte probeweise auf eine hoffentlich erotische Art und es funktionierte prompt: Er hielt sie noch fester an sich gedrückt, und seine Erektion hatte kein bisschen nachgelassen – im Gegenteil, sie presste sich immer noch sehr eindrucksvoll gegen ihr Hinterteil. Sie wetzte ein bisschen herum und entlockte ihm ein halb gequältes, halb lustvolles Stöhnen. Jetzt nach einem Kondom zu fragen, würde fürchterlich stören. Aber nicht zu fragen, war leichtsinnig – vielleicht trieb er sich ja täglich mit verschütteten Touristinnen herum? Nein, den Eindruck machte er nicht. Sie belog sich selbst, das wusste sie, und morgen würde es ihr Leid tun, wenn sie ihren – und seinen - Gelüsten jetzt freien Lauf ließ. Aber wenn nicht, würde es ihr jetzt sofort noch viel mehr Leid tun!

      Sie gab ein zustimmendes, wohliges Geräusch von sich, als seine Hand sich von ihrer Brust entfernte und tiefer glitt. Viel tiefer. So tief, dass es ihm ein anerkennendes heiseres Lachen entlockte: „Ist das auch so ein Automatismus?“

      „Wahrscheinlich“, antwortete sie erstickt, als sein Finger sehr kundig tätig wurde. Der wusste, wie man Frauen glücklich machte...

      „Soll ich aufhören?“, murmelte er ihr ins Ohr, und sie spürte seinen Atem heiß auf ihrer Haut. „Jetzt musst du dich entscheiden, danach werde ich nicht mehr aufhören können.“

      „Mach weiter“, flüsterte sie. Dass sie sich plötzlich duzten, fand sie ganz normal – in dieser Situation.

      „Schau mich an“, raunte er und zog seine Hand zurück, was ihr ein unerklärliches Verlustgefühl bescherte. Sie drehte sich ungeschickt um, so dass sie ihm gegenüber lag. Er drehte sie wieder auf den Rücken und beugte sich über sie. Sie versuchte, sein Gesicht zu studieren, aber es war zu dunkel, mehr als einen Schatten konnte sie nicht ausmachen. Aber spüren konnte sie ihn – seine Lippen auf ihren (küssen konnte er mindestens genauso gut wie alles andere) seine Hand an ihrem Gesicht, an ihrem Hals, auf ihrer Brust...

      Als er schließlich in sie eindrang, keuchte sie gierig auf. Er hielt sofort inne. „Tue ich dir weh?“

      „Nein, nein!“ Sie umschlang ihn, so fest sie konnte, und ließ ihre Lippen über seinen Hals wandern. Er küsste sie wieder gierig und steigerte sein Tempo, aber so bedachtsam, als wollte er Rücksicht auf ihre eigene Geschwindigkeit nehmen. Das war ihr ja auch noch nie begegnet, dachte sie flüchtig, bevor sie gar nicht mehr denken konnte und sich nur noch ihren Empfindungen und der übermächtigen Gier nach seinen Berührungen überließ.

      Sie kam vor ihm (auch das war ihr noch nie passiert) und registrierte zufrieden sowohl das wohlige Klopfen tief in ihr als auch den überraschten Laut, mit dem er auf ihr zusammenbrach. Er stützte sich aber sofort wieder auf und schien sie in der Dunkelheit zu mustern, dann küsste er sie noch einmal, ohne Gier, nur liebevoll – so schien es ihr wenigstens. Danach zog er sich langsam aus ihr zurück und legte sich neben sie.

      Einen Moment lang starrten sie beide an die Decke, die sie gar nicht wahrnehmen konnten, dann regte er sich und griff nach ihrer Hand. „Und jetzt?“

      „Wie meinst du das?“, fragte sie vorsichtig zurück.

      „Ich meine – uns. Gibt es ein uns? Oder sollen wir, wenn man uns befreit hat, einfach unserer Wege gehen? Was ist dir lieber?“

      Leonie wusste es auch nicht. „Das wäre wohl besser, oder? Ich meine – wir kennen uns doch gar nicht... du könntest verheiratet sein... ich könnte verheiratet sein..."

      „Bist du´s?“

      „Blödsinn. Ich meine doch bloß... vielleicht ist es besser, aus einer Nacht, so schön es auch war, gleich den ganzen Beziehungsfrust abzuleiten.“

      „Ja, vielleicht. Wieso sagst du Blödsinn? Warum solltest du nicht verheiratet sein?“

      „Ich bin ja nicht bescheuert! Für so was eigne ich mich nicht. Doppel- und Dreifachbelastung, und nach wenigen Jahren redet man sowieso nicht mehr miteinander, er geht fremd, ich bin frustriert und plärre die Kinder an oder gerate ans Saufen... teure Scheidung, Sozialhilfe...“

      „Zwangsläufig muss das nicht sein“, antwortete er leise, aber sie fand, dass er recht wenig Überzeugung in seine Worte gelegt hatte.

      „Ja,