Melody Adams

Keeper of my Heart


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Wenn sie Rache wollten, dann würden sie mich töten. Und nicht nur töten. Sie würden mir wehtun. Wahrscheinlich vergewaltigen. Foltern. Mein Tod würde kein schneller sein. Meine einzige Chance war, dass Vlad rechtzeitig kam um mich hier raus zu holen oder dass ich selbst einen Weg fand um zu fliehen. Ich schaute mich erneut in meiner Zelle um und lachte freudlos.

       Ja, sicher, Mädchen. Flucht ist kein Problem. Du musst nur einen verdammten Tunnel aus diesem Kerker graben. – Mit deinen bloßen Händen! Viel Erfolg dabei!

      Ich sackte in mich zusammen. Mein Schicksal schien besiegelt. Selbst wenn Vlad die Welt in Schutt und Asche legte um mich zu befreien. Die Chancen, dass er mich fand waren wahrscheinlich gering. Wer wusste, wo meine Entführer mich hin gebracht hatten. Ich könnte mich bereits in einem anderen Bundesstaat oder sogar auf einem anderen Kontinent befinden. Ich hatte ja keine Ahnung, wie lange ich bewusstlos gewesen war. Die Mafia hatte sicher Privat Jets. Sie könnten mich nach Sizilien geflogen haben oder Gott weiß wohin.

      Ein Geräusch ließ mich erstarren. Jemand näherte sich meiner Zelle. Mit klopfendem Herzen stand ich auf. Meine Beine zitterten. Furcht schürte mir die Kehle zu. Ein Riegel wurde zurück geschoben und die Tür schwang mit einem Quietschen auf. Eine dunkel gekleidete Gestalt erschien in der Tür. Der Mann trug eine Maske. Er war groß und muskulös. Seine Haltung ließ vermuten, dass er militärische Ausbildung erhalten hatte. Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mich an ohne ein Wort zu sagen.

      „Wer bist du? Was willst du von mir? Wieso bin ich hier?“, fragte ich mit bebender Stimme.

      „Schweig!“, fuhr der Mann mich an.

      Er machte keine Anstalten in meine Zelle zu kommen. Er stand einfach nur da. Was bezweckte er damit? War dies eine Einschüchterungstaktik?

      Erneut waren Schritte zu hören. Jemand anderes kam. Wahrscheinlich zwei Personen, den Schritten nach zu urteilen. Mein Herz klopfte schneller und ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Ein älterer Mann im Maßanzug, der mir irgendwie bekannt vorkam, den ich jedoch nicht einordnen konnte, erschien mit einem kleinen untersetzten Mann, der eine Kamera in der Hand hielt.

      „Warum bin ich hier?“, fragte ich erneut, diesmal an den Mann im Anzug gerichtet. Er war offensichtlich vermögend, wahrscheinlich irgendeine wichtige Persönlichkeit, also schien es eindeutig, dass er derjenige war, der hinter meiner Entführung steckte. Was auch immer seine Gründe sein mochten. Nur eines schien klar. Er gehörte nicht zur Mafia.

      Mr. Anzug ließ seine kalten Augen über mich gleiten. Sein Gesicht blieb regungslos. Ein Schauer rann mir bei seiner Musterung durch den Leib. Ich fühlte mich beschmutzt. Wenn ich jemals einen Menschen getroffen hatte der abgrundtief böse war, dann dieser Mann. Ich konnte es spüren.

      „Ich hab Ihnen eine Frage gestellt!“

      Mr. Anzug wandte sich dem Fleischberg zu, der die Tür geöffnet hatte und machte eine Geste mit seinem Kinn. Fleischberg setzte sich in Bewegung und kam auf mich zu. Ängstlich wich ich zurück, doch ich kam nicht weit in dieser winzigen Zelle. Fleischberg ballte seine Faust und ich hob automatisch meine Arme schützend vor mein Gesicht und duckte mich, doch seine Faust landete nicht in meinem Gesicht, sondern in meinem Magen. Ich stieß ein schmerzerfülltes Keuchen aus, als mir die Luft weg blieb, und sackte zu Boden.

      „Hilf ihr wieder auf die Beine“, sagte Mr. Anzug kalt.

      Fleischberg fasste mich grob beim Arm und riss mich auf die Füße. Mein Unterleib schmerzte noch immer von dem Schlag und mir war ein wenig übel. Fleischbergs große Pranke packte mich bei meinen Haaren im Nacken und zwang mich, in Richtung von Mr. Anzug zu schauen. Der kleine Mann mit der Kamera begann, Fotos von mir zu schießen.

      „Was wollen Sie von mir?“, brüllte ich, mich gegen den Griff von Fleischberg wehrend. Natürlich erfolglos. „Wer sind Sie?“

      Mr. Anzug erwiderte nichts. Er nickte Fleischberg zu und dieser ließ mich abrupt los. Ich taumelte und fing mich an der Wand neben mir ab. Die drei Männer verließen meine Zelle und die Tür schloss sich.

      „Heeeey! Was wollt ihr von mir? Antwortet mir ihr Hurensöhne!“, schrie ich, doch niemand antwortete. Alles was ich hörte war das Geräusch des Riegels als er wieder vorgeschoben wurde. Ich war wieder allein und ich hatte keine meiner Fragen beantwortet bekommen. Ich wusste weder wer Mr. Anzug war, noch was er von mir wollte. Tränen der Wut und Verzweiflung rannen über meine Wangen. Langsam ließ ich mich auf der kratzigen Decke nieder und rollte mich wie ein Fötus zusammen.

       Oh Vlad. Hol mich hier raus. Bitte.

       Vlad

      Wir hatten das ganze Grundstück abgesucht und von Amanda keine Spur. Ich stand kurz vor dem Explodieren. Die Sorge um meine Kleine machte mich verrückt. Ich wollte die Hurensöhne finden, die mir mein Mädchen genommen hatten und ich wollte in ihrem Blut baden. Mit einem unmenschlichen Brüllen rammte ich meine Faust in die Wand und der Schmerz der durch meine Knöchel fuhr war mir mehr als willkommen. Ich wollte – brauchte – körperlichen Schmerz um den Schmerz in meinem Herzen und Eingeweiden zu dämmen. Wieder und wieder rammte ich meine Faust in die Wand. Alex und Marco standen stumm hinter mir. Sie wussten dass es besser war mich in Ruhe zu lassen, bis ich wenigstens ein wenig von meiner rasenden Wut raus gelassen hatte.

      „FUUUUUCK! FUUUUUUUCK! AAAAAAARGHH!“

      Ich bearbeitete die Wand jetzt mit beiden Fäusten, während ich mir den Schmerz von der Seele brüllte. Als ich endlich stoppte, raste mein Herz wie wild und ich atmete schwer. Schweiß stand auf meiner Stirn und Blut rann von meinen gemarterten Knöcheln. Ich hatte mir ohne Zweifel mehrere Knöchel gebrochen, doch das war nichts im Vergleich zu meinem gebrochenen Herzen. Amanda! Wo war sie? Was hatten die Hurensöhne ihr angetan?

      „FUUUUUUCK!“, brüllte ich ein letztes Mal, ehe ich mich zu Alex und Marco umwandte.

      Meine beiden Männer sahen mich ruhig an, doch da war ein finsterer, entschlossener Zug um ihre Münder. Sie wollten Amanda genauso so sehr finden und die Verantwortlichen zur Strecke bringen wie ich.

      „Wir werden sie finden!“, sagte ich zwischen zusammen gepressten Zähnen. „Und wenn wir die ganze Welt in Schutt und Asche legen und die Straßen mit Blut und Körperteilen füllen müssen. – Wir werden sie finden! Ich ...“ Ich zitterte am ganzen Körper, als ich versuchte, meine Verzweiflung und Wut unter Kontrolle zu bringen. „... kann sie nicht verlieren!“

      Alex und Marco nickten.

      „Als erstes knöpfen wir uns die Wachen vor. Wir müssen herausfinden, welcher von ihnen mit den Hurensöhnen zusammen gearbeitet hat. Bereitet alles vor, damit wir den Ersten in zwanzig Minuten verhören können.“

      Erneut nickten meine beiden treuesten Männer, ehe sie sich abwandten und verschwanden um zu tun, was ich ihnen aufgetragen hatte. Ich hob meine blutigen Fäuste und starrte teilnahmslos auf die zerschmetterten Knöchel. Sie begannen bereits zu schwellen. Ich musste sie zuerst versorgen. Nicht, dass es mir etwas ausmachte, doch ich musste meine Hände einsatzbereit halten. Ich konnte mir jetzt keine Schwäche erlauben. Ich hatte einen Krieg vor mir.

       Halte durch, Darling. Ich komme für dich. Ich finde dich. Koste es was es wolle!

      Wir hatten bereits neun der zwölf Wachen zu Tode gefoltert und keiner hatte uns soweit irgendwelche Informationen geben können. Der Verräter war einer der verbliebenen drei. Regte sich mein Gewissen, dass wir neun unschuldige Männer grausam abgeschlachtet hatten? – Vielleicht würde es irgendwann, wenn all dies vorbei war, doch im Moment war nur eines für mich wichtig. Ich musste Antworten finden, die mich auf die Spur von Amandas Entführern bringen konnten. Jeder Tote auf meinem Kriegspfad war nur Collateral Damage. Ohne Amanda an meiner Seite war ich nichts weiter als ein Monster mit einer Mission: Amanda finden und retten, jeden beseitigen der mir im Wege stand und alle Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

      „Bring den Nächsten rein“, sagte ich, müde von der stundenlangen Folter, die uns kein Stück weiter gebracht hatte.

      Alex