Edgar Wallace

Kriminalgeschichten


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durch Stimmungen beeinflussen und überlegen sich, was Sie sagen.«

      Sie nickte mit dem Kopf, erhob sich und ging erregt im Büro auf und ab. »Verzeihen Sie, Mr. Mackenzie, aber ich bin so fest davon überzeugt, daß meine arme Schwester Margaret tot ist, daß ich es nicht glauben würde, wenn ich sie in diesem Augenblick ins Zimmer treten sähe.«

      »Aber wie kommen Sie denn darauf?« fragte Mackenzie hartnäckig. »Außer der Tatsache, daß Mr. Morstels dreimal geheiratet hat, ist doch nichts gegen ihn bekannt?«

      »Ich selbst habe Nachforschungen angestellt. Die Polizeibehörde seines Ortes hält ihn für einen ehrbaren Charakter, aber ich glaube, daß ich Ihnen Einzelheiten mitteilen kann, die Sie interessieren werden. Bevor Margaret London verließ, hat sie sechstausendfünfhundert Pfund von ihrer Bank abgehoben. Und wo blieb das Geld?«

      »Haben Sie ihn denn nicht gefragt?«

      »Doch. Er antwortete mir, daß meine Schwester, als sie von ihm wegging, nicht nur ihr eigenes Geld, sondern auch noch eine große Summe von ihm mitgenommen habe, so daß er im Augenblick in großer Verlegenheit sei. Ja, er hatte sogar die Unverschämtheit, mich aufzufordern, ihm Schadenersatz zu leisten!«

      Mackenzie stützte das Kinn in die Hand und dachte nach.

      »Die Sache scheint sich tatsächlich mehr und mehr zu einer Mordgeschichte zu entwickeln«, meinte er. »Aber ich hoffe schon um Ihretwillen, daß Sie sich irren, Miss Stretelli. Auf jeden Fall werde ich Mr. Morstels aufsuchen.«

      An einem Wintermorgen, an dem alle Zweige und Sträucher in dem Obstgarten von Mr. Peter Morstels bereift waren, ging Detektivinspektor Mackenzie langsam von der Eisenbahnstation nach Morstels' Haus. Er hatte seine Pfeife angesteckt und trug den zusammengerollten Regenschirm, ohne den er niemals ausging.

      Als er das Haus auf dem Hügel sah, blieb er stehen und betrachtete das Gebäude – einen häßlichen Betonneubau – eingehend. Es stand am Abhang, und man mußte von dort eine prachtvolle Aussicht haben.

      Fünf Minuten später war er bei dem Gebäude selbst angekommen – irgendwie machte es ihm keinen günstigen Eindruck. Er klopfte an die Tür, und ein großer breitschultriger Mann öffnete ihm.

      Sein nicht allzu volles Haar zeigte eine rötlichblonde Färbung, und er hatte ein rotes gesundes Gesicht. Mit argwöhnischen Blicken maß er den Detektiv.

      »Guten Morgen, Mr. Morstels. Ich bin Inspektor Mackenzie von Scotland Yard.«

      Kein Muskel in dem Gesicht des Mannes rührte sich. Er zuckte mit keiner Wimper, während er ihn mit seinen großen, blauen Augen fest ansah.

      »Freut mich – bitte treten Sie näher.«

      Morstels führte den Inspektor in eine mit Steinfliesen ausgelegte Küche, die niedrig, aber sehr sauber war.

      »Hat Miss Stretelli Sie hergeschickt?« fragte er. »Nach allem, was ich von ihr weiß, muß ich das annehmen. Als ob ich nicht schon gerade genug Sorgen und Kummer mit ihrer Schwester gehabt hätte!«

      »Wo ist denn Ihre frühere Frau?« fragte Mackenzie geradezu.

      »Die muß sich irgendwo in Amerika aufhalten. Selbstverständlich hat sie mir nicht die Stadt genannt, in die sie ziehen wollte. Ich habe ihren letzten Brief oben.«

      Nach ein paar Minuten kehrte er mit einem grauen Briefbogen zurück, der weder Anschrift noch Adresse trug.

      Ich verlasse Dich, weil ich das ruhige Landleben nicht vertragen kann. Diesen Brief schreibe ich an Bord der Teutonic. Bitte reiche die Scheidungsklage gegen mich ein. Ich möchte Dir nur noch kurz mitteilen, daß ich nicht unter meinem eigenen Namen reise.

      Mackenzie betrachtete das Schreiben von allen Seiten.

      »Ich möchte nur wissen, warum sie nicht die Briefbogen genommen hat, die man umsonst an Bord bekommen kann?« fragte er freundlich. »Eine Frau, die in aller Eile abreist, packt doch gewöhnlich kein Briefpapier in ihren Koffer. Sie haben sie doch sicher in der Passagierliste gefunden? – Ach so, ich verstehe, das konnten Sie ja nicht, weil sie unter einem anderen Namen reiste. Wie mag sie nur mit den Passschwierigkeiten fertig geworden sein?«

      Der Inspektor sagte das alles leichthin, betrachtete aber dauernd den Mann, der vor ihm stand. Wenn er aber glaubte, daß er Peter Morstels irgendwie beeinflussen konnte, irrte er sich.

      »Wie sie mit ihrem Paß fertig geworden ist, geht mich doch nichts an. Darum soll sie sich allein kümmern«, entgegnete der Mann ruhig. »Sie hat mich nicht ins Vertrauen gezogen. Ihre Schwester ist ja ganz darauf versessen, daß ich sie umgebracht haben soll«, sagte er dann und lachte. »Glücklicherweise war ich allein im Haus, als sie neulich herkam. Es hätte ja einen hübschen Spektakel im Dorf gegeben, wenn meine Dienerschaft alles gehört hätte, was sie mir an den Kopf warf.«

      Auch Morstels sah den Inspektor dauernd an.

      »Ich vermute, daß sie Ihnen auch all den Unsinn erzählt hat. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen gern die Erlaubnis, das ganze Haus vom Keller bis zum Dach zu durchsuchen. Mehr kann ich wahrhaftig nicht tun. Das einzige, was noch von ihr hier ist, sind ein paar Kleider. Wollen Sie die vielleicht sehen?«

      Mackenzie folgte ihm die Treppe hinauf zum großen gemeinsamen Schlafzimmer, das nach vorn heraus lag. In einem eingebauten Schrank fand er einen braunen Pelzmantel, drei Kleider und ein halbes Dutzend Paar Schuhe. Diese betrachtete er und entdeckte ein Paar, das noch nicht getragen war. Mackenzie, der die Frauen kannte, zog seine Schlussfolgerungen aus dieser Tatsache.

      Eine Untersuchung des Gartens und des Grundstücks brachte ihn der Lösung auch nicht näher. Er konnte sich nicht erklären, wie die Frau verschwunden sein mochte.

      »Was bauen Sie denn da?« fragte Mackenzie und wies auf einen halbvollendeten Betonanbau.

      Morstels lächelte.

      »Ich wollte einen Anbau fertigstellen. Darin sollte auch ein Schlafzimmer und ein Bad für meine Frau eingerichtet werden. Dieses Haus war ihr nicht gut genug. Der untere Teil war zu einem Wohnzimmer bestimmt, das sie gleichzeitig als Boudoir benutzen wollte. Ich bin kein vermögender Mann, Mr. Mackenzie, aber ich hätte mein letztes Geld für diese Frau hergegeben! Sie war sehr reich, sie hatte Tausende, aber ich habe davon nichts bekommen. Und ich wollte auch gar nichts davon!«

      Mackenzie holte tief Atem.

      »Dann haben Sie allerdings viel Unglück in Ihren Ehen gehabt«, meinte er, und Morstels brummte etwas, das wohl eine Bestätigung sein sollte.

      Nachdenklich reiste Mackenzie nach London zurück, und als er in Scotland Yard ankam, wartete Mona Stretelli bereits in seinem Büro auf ihn.

      »Ich kann es Ihnen schon ansehen, daß Sie nichts erreicht haben«, sagte sie.

      »Dann müssen Sie ja eine Gedankenleserin sein«, entgegnete er lächelnd. »Es steht bei mir fest – aber das sage ich Ihnen nur inoffiziell –, daß Morstels ein Lügner ist. Er mag ja auch ein Mörder sein, aber das ist noch nicht ganz erwiesen!«

      »Glauben Sie, daß Sie etwas finden würden, wenn Sie einen Haussuchungsbefehl hätten?«

      Mackenzie schüttelte den Kopf.

      »Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte er bedauernd. »Dieser Mann ist mehr als ein gewöhnlicher Verbrecher. Wenn er diese unglückliche Frau ermordet haben sollte –«

      Er sah, daß sie bleich wurde und schwankte, und eilte zu ihr, um sie zu stützen.

      »Es ist nichts«, sagte sie, aber ihr Gesicht nahm einen leidenschaftlichen Ausdruck an, und ihre Augen blitzten so, daß er erschrak. »Und ich schwöre Ihnen«, rief sie heftig, »daß dieser Mann nicht entkommen Soll. Er wird für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden –«

      Plötzlich brach sie ab, preßte die Lippen zusammen und reichte ihm die Hand.

      »Ich werde Sie nicht wiedersehen.«

      Mit diesen Worten verabschiedete sie sich von ihm. Am Nachmittag berichtete Mackenzie seinem Chef über