Hans-Jürgen Krein

Das Porofin Handbuch


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Wände haben eine geringe Wärmedämmung und sind daher fast so kalt wie das außen anliegende Erdreich. Bei feuchtwarmen Wetterlagen ist es daher möglich, dass die warme Luft an der kalten Wand soweit abkühlt, dass die Luftfeuchtigkeit an der kalten Wandfläche austauen kann. Aus der Natur ist dieser Vorgang jedem bekannt. Die feuchtwarme Luft des Tages taut bei nächtlicher Abkühlung an Gräsern, Blättern, auf Autos usw. aus und bildet einen Film aus Wassertropfen. Wenn die ausgetaute Wassermenge an Kellerwänden zu groß wird, und die Wand ohnehin wassergesättigt war, dann können die Tautropfen auch an der Wand herunterfließen und auf dem Kellerboden Pfützen bilden.

      Ob Tauwasser oder Druckwasser die Ursache von Pfützen sind, lässt sich leicht unterscheiden, wenn man den Schaden beobachtet. Tauwasser bildet sich nur an feuchtwarmen, schwülen Tagen und flächig auf der Wand. Druckwasser durchdringt die Wand an einer oder mehreren Stellen punktuell. Außerdem bilden sich an derartigen Tagen auch an kalten Wasserleitungen Tautropfen, was wiederum nachvollziehbar macht, ob die Wetterlage zur Tauwasserbildung (auch Kondenswasserbildung genannt) geführt hat. Gutes Durchlüften des Kellers (Durchzug) an einem kalten und trockenen Tag lässt Tauwasser schnell verschwinden. Druckwasser bleibt und Kellerboden (Abb. 4 Betonfundament) zeigt sich zumindest nach entsprechendem Regen auch an kalten Tagen. Derartige Schäden sind am schwierigsten zu beseitigen. Zu ihrer Beseitigung gehören eine außerordentlich große Erfahrung und ein erheblicher Geräteaufwand.

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      Die Sanierung derartiger Schäden sollte man grundsätzlich nur erfahrenen Fachleuten überlassen, da hier Fehler gemacht werden können, die auch ein Experte nachher nur mit gewaltigem Aufwand und entsprechend hohen Kosten wieder beseitigen kann.

      Wichtig: Wählen Sie bei derartigen Schäden die Firma, der Sie den Auftrag erteilen wollen, sehr sorgfältig aus. Nicht jeder, der sich dafür ausgibt, ist auch ein Experte. Lassen Sie sich bei Druckwasserschäden im Zweifelsfall Referenzen geben und befragen Sie den Referenzkunden nach seinen Erfahrungen mit dem Anbieter. Auch unter den Abdichtern gibt es Scharlatane. In der Regel sind Fachbetriebe, die einer größeren Abdichtungsgruppe angehören, eher geeignet, als „selbstständige Einzelkämpfer“, da die Gruppenmitglieder in der Regel auf eine große Erfahrung des Stammhauses zurückgreifen können. Fragen Sie beispielsweise Ihren örtlichen Porofin-Vertrieb. Entweder hat er selbst bei uns eine Druckwasser-Schulung erhalten oder vermittelt Ihnen gern einen Kollegen mit diesen Kenntnissen. Ansonsten fragen Sie uns, wir helfen Ihnen gern in dieser wichtigen Angelegenheit.

      Warum es überhaupt Kapillarfeuchte gibt und auf welchen physikalischen Effekten sie beruht, wird in diesem Kapitel beschrieben. Keine Angst, es wird nicht zu wissenschaftlich. Selbst wenn Sie dieses Kapitel nur durchlesen und sich nicht in die Einzelheiten vertiefen, verstehen Sie danach, warum manche Sperrmethoden überhaupt funktionieren, und wo die Schwächen anderer

      Θ Θ Θ

      Randwinkel Θ = 45° 90° 135°

      Verfahren oder Produkte liegen, die nachher noch beschrieben werden.

      Jeder Stoff hat eine sogenannte Oberflächenspannung. Von Wasser kennen wir das aus der Werbung: „Pril entspannt das Wasser“. Wenn wir Seife, Shampoo, Waschmittel oder sonstige Reiniger benutzen, senken wir die Oberflächenspannung des Wassers soweit, dass es in der Lage ist, fettige Verschmutzungen zu unterwandern und von der Oberfläche des Gegenstandes abzulösen. Fett hat nämlich eine niedrigere Oberflächenspannung als normales Wasser.

      Für das kapillare Verhalten eines Wandbaustoffs ist seine Oberflächenspannung, genauer gesagt die Oberflächenspannungs-Differenz zwischen Wasser und der Baustoffoberfläche verantwortlich. Nur wenn die Oberflächenspannung der Flüssigkeit kleiner ist als die Oberflächenspannung der Feststoffoberfläche, kann die Flüssigkeit die Oberfläche benetzen. Außerdem ist die Größe der Baustoffporen, das heißt deren Durchmesser wichtig.

      Man kann die maximal mögliche Höhe aufsteigender Feuchtigkeit anhand folgender Formel berechnen.

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      H = kapillare Steighöhe des Wassers

      s = Oberflächenspannung des Wassers

      Θ = Oberflächenspannungs-Differenz zwischen Wasser und dem Baustoff, gemessen als Tropfenrandwinkel

       r = Porenradius

      Um die obige Gleichung ohne Taschenrechner überschaubar zu machen, setzen wir für 2s = 2 und für r = 1 ein. Es ergibt sich dann für die drei nachfolgend dargestellten Tropfen-Randwinkel

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      Haben die Poren einen kleineren Durchmesser, z.B die Hälfte des oben angenommenen, also ist r = 0,5, dann ergibt sich folgende Rechnung: (Rechnung fehlt)

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      Auch wenn die in die Gleichung eingesetzten Werte fiktiv sind, so erkennt man an dem Ergebnis das Wesentliche: Bei einen Randwinkel von 45° ergibt sich eine Steighöhe des Wassers (im Beispiel 1,4 m). Ist der Randwinkel größer als 90°, z.B. wie oben 135°, dann ergibt sich ein Minuswert, das heißt, das Wasser wird unter den umgebenden Wasserspiegel zurückgedrückt. Bei einem Randwinkel von 90° steht das Wasser in der Kapillare genau so hoch wie außerhalb der Kapillare.

      Das Naturgesetz der kommunizierenden Röhren ist also in der Kapillarphysik scheinbar ungültig, denn es ergeben sich die im Abb. 5 dargestellten Steighöhen. Außerdem zeigt die zweite Berechnung, dass die Steighöhe des Wassers mit Abnahme des Porendurchmessers zunimmt.

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      Hierzu noch ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Wasser bildet auf manchen Oberflächen, z.B. auf schlecht gepflegtem Autolack, flache Tropfen. Die Oberfläche wird vom Wasser benetzt und nass. Auf frisch ge-wachstem Lack bildet Wasser hohe, kugelige Tropfen, die abperlen und die Oberfläche nicht benetzen.

      Die Erklärung ist einfach. Der verwitterte Lack hat eine höhere Oberflächenspannung als Wasser (Randwinkel 40° - 70°). Wachs hat eine sehr viel niedrigere Oberflächenspannung als Wasser (Randwinkel 110° - 135°).

      Wenn man die tatsächlichen Werte für die Oberflächenspannung des Wassers und den durchschnittlichen Porendurchmesser in der Dimension „Meter“ in die Formel einsetzt, dann erhält man die theoretisch mögliche Höhe der aufsteigenden Feuchtigkeit im Mauerwerk, wenn das Wasser nicht unterwegs an der Wandoberfläche verdunsten kann. Wie gesagt, man erhält rechnerisch die theoretisch mögliche Höhe, denn die praktische Höhe ist davon abhängig, in welcher Höhe die aufsteigende Wassermenge an der Wandoberfläche verdunstet ist.

      Außerdem kann man so hoch nicht mauern, weil die Mauer durch ihr Eigengewicht zusammenfallen würde.

      Hier die Berechnung mit den tatsächlichen Werten für Ziegelmauerwerk mit Norm-Kalkmörtel:

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      Bei einem Porendurchmesser von 20 µm ergibt sich demnach eine theoretisch mögliche Steighöhe von rund 1040 Metern. Bei größeren Durchmessern der Kapillaren verringert sich die mögliche Steighöhe, bei kleineren Durchmessern erhöht sie sich.

      Glauben Sie also nicht, was Sie an manchen Stellen im Internet lesen oder was sogar manche Gutachter behaupten, dass nämlich die aufsteigende Feuchte (Kapillaraszension) zum Beispiel nur 20 cm betragen kann.

      Die tatsächliche Höhe der aufsteigenden Feuchtigkeit ist aber nicht nur von den Porendurchmessern der Steine und des Mörtels abhängig. Bestimmend für die tatsächliche Steighöhe ist die Transportmenge der Wand, also wie viel Wasser die Wand je Stunde hochtransportiert und wie viel Wasser in der gleichen Zeit an der Wandoberfläche verdunstet.

      Eine dicke Wand