Edgar Wallace

Verdammte Konkurrenz


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      LUNATA

Verdammte Konkurrenz

      Verdammte Konkurrenz

      Heiterer Roman

      © 1926 by Edgar Wallace

      Originaltitel Barbara On Her Own

      Aus dem Englischen von Ravi Ravendro

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

      1

      An diesem Schicksalstage schien es für die alte, vornehme Firma Maber & Maber keinen Ausweg mehr zu geben. Die blendendweiße Marmorfassade des Hauses Atterman Brothers schaute schon triumphierend auf das gegenüberliegende Konkurrenzgeschäft, als ob sie in prahlenden Goldbuchstaben die Aufschrift trüge: »Dich stecke ich jetzt in die Tasche!«

      Leider hatte Mr. Maber an diesem verhängnisvollen Tage keine Zeit, sich um sein Geschäft zu kümmern, denn er wollte der Bootsmannschaft von Cambridge ein Essen geben.

      Und um das Unglück vollzumachen, stieg Barbara Storr an demselben Morgen mit dem falschen Fuß aus dem Bett. Ihr Mädchen sah beim Frühstück die gerunzelte Stirne der Herrin und dachte schon, der gebratene Schinken sei zu salzig gewesen.

      »Myrtle, ich bin unbeliebt!« erklärte Barbara plötzlich mit düsterer Stimme.

      »Aber Miß Storr!« rief Myrtle erschrocken.

      »Ganz verdammt unbeliebt!« sagte Barbara finster, als sie sich bückte, um ihre Schuhe zuzumachen. »Wenn mich Mr. Maber nicht hielte, könnten wir heute Abend im Armenhaus schlafen – hoffentlich schnarchen Sie nicht –«

      »Ich dachte, Sie hätten selbst Geld! Sonst wäre ich doch nicht nach London mitgekommen. Ich war auch ganz erstaunt, daß Sie in diese entsetzlich große Stadt gezogen sind. In Ilchester sieht man doch auch allerhand vom Leben! Denken Sie bloß an die Markttage! Und hier kenne ich außer dem Polizisten in unserer Straße keinen einzigen Menschen.«

      »Als anständiges Mädchen dürften Sie nicht einmal den kennen!«

      Myrtle wurde rot bis über die Ohren. Sie war noch nicht neunzehn Jahre alt, und sie hielt Londoner Polizisten für Götter.

      »Schauen Sie einmal hinaus, ob der junge Mann da unten schon fort ist«, sagte Barbara etwas sprunghaft.

      Myrtle lugte durch die Vorhänge auf die düstere Doughty Street hinaus.

      »Er ist noch da.«

      »Sehen Sie genau hin!«

      »Er ist wirklich noch da. Dort an der Ecke steht er. Er hat elegante, graue Hosen an –«

      »Das interessiert mich nicht. Er ist also noch da?«

      »Ja.«

      »Dann jagen Sie ihn zum Teufel!«

      Myrtle wußte nicht, wie sie diesen Auftrag ausführen sollte, und sah ihre Herrin verstört an. Sie hatte sie schon immer schön gefunden, wenn ihr auch nicht klar zum Bewusstsein kam, worin diese Schönheit eigentlich lag. Vielleicht in der zarten Haut und dem wundervollen Haar, vielleicht aber auch in den großen, grauen Augen oder in dem feingeschnittenen Profil.

      Myrtle wußte aus Zeitungsannoncen, die Seifen, Cremes und andere Schönheitsmittel anpriesen, daß reiner Teint und gepflegtes Haar zu einer schönen Frau gehörten und die jungen Herren am meisten fesselten.

      »Wartet der Herr draußen auf Sie, Miß Storr?« fragte sie ein wenig boshaft.

      »Natürlich wartet er auf mich. Tun Sie doch nicht so«, erwiderte Barbara etwas von oben herab. »Sie wissen ganz genau, daß es Mr. Stewart ist, der Reklamefachmann.«

      »Ich weiß nicht, was ein Reklamefachmann ist«, entgegnete Myrtle, die Unschuld vom Lande. »Aber warum wartet er denn an der Straßenecke – kennt er unsere Hausnummer nicht?« fragte sie verschmitzt.

      Barbara sah sie aber so vernichtend an, daß sie entsetzt schwieg.

      Miß Storr schlüpfte in den Mantel, nahm Handtasche und Schirm und verließ das Haus. Es schlug gerade neun.

      Als der junge Mann ihre Schritte hörte, drehte er sich schnell um und zog den Hut.

      »Ich dachte schon, Sie wären –«

      Barbaras unwillige Handbewegung ließ ihn sofort wieder verstummen.

      »Wissen Sie auch, daß Sie mich bei Myrtle in ein ganz falsches Licht gebracht haben?« sagte sie ungnädig, als er sich entschuldigen wollte. »Myrtle hat eine Tante in meiner Heimatstadt Ilchester, und die ist die größte Klatschbase im ganzen Nest. Wenn die etwas weiß, ist es gerade so gut, als ob es durch Radio verbreitet würde! Ich selbst kümmere mich um die Ansichten der Leute in Ilchester nicht im mindesten, aber bedenken Sie, daß Mr. Maber dort Kirchenältester ist. Er hat mich nach London gebracht, und ich darf seinem Namen keine Schande machen.«

      »Es tut mir wirklich aufrichtig leid«, erwiderte Alan Stewart geknickt, »aber wir sind doch Nachbarn, und es kommt mir tatsächlich komisch vor, daß jeder von uns allein zum Büro gehen soll.«

      »Können Sie denn nicht mit dem Autobus in die Stadt fahren?« fragte sie ungerührt. »Ich muß ja zugeben, Mr. Stewart, daß Ihnen das Wohl meines Chefs sehr am Herzen liegt, aber es wäre mir viel lieber, wenn Sie dann mit ihm in die Stadt gingen und ihm alles direkt sagten. Wenn Sie übrigens darauf angewiesen sind, daß Mr. Maber in Ihren Zeitungen Annoncen aufgibt, können Sie getrost mit Ihren Hoffnungen einpacken und sich begraben lassen.«

      Mr. Stewart wollte gerade antworten, daß ihn die Annoncenaufträge Mr. Mabers herzlich wenig interessierten, aber er besann sich eines Besseren.

      »Ich fürchte, daß ich Ihnen sehr auf die Nerven gefallen bin. Aber wer ist denn eigentlich Myrtle – Ihre Schwester?«

      »Nein.«

      Barbara schaute ihn kühl an.

      »Ach so, Ihr Mädchen?« verbesserte er sich schnell. »Entschuldigen Sie bitte vielmals!«

      Sie rümpfte die Nase.

      Er entschloß sich, nun doch zu sprechen.

      »Ich habe es übrigens jetzt aufgegeben, mich um Mr. Maber zu kümmern«, begann er etwas anmaßend und hochmütig, denn schließlich war er der Vertreter dreier großer Zeitungen. »Wenn jemand sein Firmenschild an das Dach der Arche Noah aufpinseln läßt und glaubt, damit für alle Zeiten genügend Reklame gemacht zu haben, zählt er für mich eben nicht