Elisa Scheer

Sünden von einst


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      Alles frei erfunden!

      Eventuelle Ähnlichkeiten oder Namensgleichheiten mit real existierenden Personen, Firmen u.ä. sind reiner Zufall.

      Imprint

      Sünden von einst. Kriminalroman

      Elisa Scheer

       published by: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

       Copyright: © 2015 Elisa Scheer

       ISBN 978-3-7375-6279-9

      1

      „Ich brauch noch ein Bier“, beschloss Bernie und winkte dem Kellner.

      Ich seufzte. „Noch eins? Bernie, ich muss langsam ins Bett, es ist schon elf Uhr durch.“

      Bernie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. „Elf ist doch noch gar nichts. Mensch, früher sind wir erst gegangen, wenn die Kellner das Licht abgedreht haben!“

      „Früher musste ich auch nicht um Viertel vor acht frisch und kompetent in einem Meeting auftauchen. Mit lauter Kerlen, die um neun im Bett waren“, entgegnete ich ärgerlich.

      „Ich muss auch langsam heim“, verkündete Julia. „Wer weiß, was die beiden schon wieder angestellt haben. Martin ignoriert das doch alles, solange er am Rechner sitzt.“

      „Was guckt er denn da eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Bernie. „Pornos?“

      Bis Julia empört und wortreich erläutert hatte, dass ihr Martin selbstverständlich nur beruflich..., hatte Bernie ihr Bier erhalten und schon halb geleert. Wieder mal war ihre Taktik aufgegangen.

      „Ich pack´s jetzt“, verkündete ich mit einem resignierten Blick auf die Uhr. Fast halb zwölf, verdammt! „Ich hab morgen echt einen langen Tag.“

      „Jaja, reib´s mir nur hin“, murrte Bernie. „Karriereweib!“

      „Könntest du auch sein, wenn du deinen Hintern mal hochkriegtest“, grinste ich. „Niemand zwingt dich, dein ganzes Leben lang an der Uni herumzuhängen.“

      „Mein ganzes Leben lang!“, schnaubte Bernie. „Ich mach schon noch Examen.“

      „Wann?“, fragte Julia interessiert und winkte dem Kellner, die Geldbörse schon in der Hand. „Bald“, wurde sie abgefertigt. „Immerhin mache ich Examen. Du hast ja schon vor der Zwischenprüfung aufgegeben!“

      „Mit zwei kleinen Kindern?“ Julia sah leidend drein, und ich verdrehte die Augen: Ging das schon wieder los! Sie schafften es, wie immer, zu zahlen und sich gleichzeitig weiter zu zanken, wer die größere Versagerin war. Dann verbündeten sie sich, auch wie immer, und warfen mir Streberin! - Blicke zu.

      Ich feixte matt. „Nur keinen Neid, meine Damen. Wer ko, der ko.“

      „Das sagst du auch jedes Mal“, maulte Julia.

      „Ihr liefert ja auch jedes Mal die gleiche Vorlage. Aber allmählich könntest du dir wirklich einen Job suchen, so klein sind deine Zwerge ja nun auch nicht mehr. Und Bernie fliegt sowieso an der Uni raus, wenn sie sich zum nächsten Termin nicht zum Examen meldet.“

      „Und dann?“, jammerte Bernie. „Dann muss ich Lehrerin werden! Will ich aber gar nicht!“

      „Dann mach halt was anderes. Es zwingt dich doch keiner ins Referendariat! Such dir was bei einem Verlag oder so. Oder mach was ganz anderes, aber als Akademikerin und nicht als Studienabbrecherin.“

      „Ja, Frau Lehrerin. Wieso bist du eigentlich nicht Lehrerin geworden, Nina? Du hast schon genau den richtigen Ton drauf.“

      „Das macht Nathalie. Eine in der Familie reicht. Mir ist da die Bezahlung zu mies.“ Ich zog den Reißverschluss meiner Tasche zu und fischte den Autoschlüssel aus der Hosentasche. „Soll ich euch mitnehmen?“

      Sie lehnten ab; Julia war selbst mit dem Auto da und Bernie wollte noch in eine andere Kneipe schauen, die angeblich bis um zwei aufhaben sollte. Also winkte ich ihnen zu und verzog mich nach draußen.

      Tolle Luft – und noch richtig warm, obwohl es fast Mitternacht war! Sommer war doch am schönsten... Schade, dass ich morgen arbeiten musste, jetzt hatte ich eigentlich Lust auf einen ganz langen Spaziergang durch die nächtlichen Straßen. Na, dann eben morgen. Freitagnacht eignete sich dafür schließlich genauso gut.

      Ich rangierte mühsam herum, bis ich meinen Wagen aus der verflixt engen Parklücke befreit hatte, und brauste dann nach Hause. Bernie wäre sicher nicht mehr fahrtüchtig, nach vier Bieren, überlegte ich und erinnerte mich selbstzufrieden an die drei Apfelschorle, die in meinem Magen herumgluckerten. Aber Bernie wohnte ja auch an der Uni und konnte von all diesen Kneipen zu Fuß nach Hause stolpern. Bis nach Mönchberg allerdings, wo ich wohnte, wäre das doch reichlich weit gewesen – dann lieber kein Bier.

      Vermisste ich die alten Zeiten? Als wir noch mit zunehmend schwerer Zunge auf die Jungs und dann die Männer geschimpft hatten und erst heimgewankt waren, wenn die Kellner auffordernd die Tür aufgehalten hatten? Nein, aus dem Alter war ich raus, und mit dem unvermeidlichen Verspießerungsprozess, der mit Amt und Würden einherging, hatte ich mich ohne große Probleme abgefunden.

      Vielleicht lag das ja auch an der familiären Prägung – Nathalie, die acht Jahre jünger war als ich, war schon genauso ehrbar geworden, nur Scheine, Jobs und Vermögensbildung im Kopf. Das wäre ja auch kein Wunder, überlegte ich, während ich in die Tiefgarage fuhr, schließlich waren wir recht früh auf uns selbst gestellt gewesen.

      Hatte uns aber auch nicht geschadet, dachte ich mir weiter, als ich zum Lift lief und gähnend überlegte, ob ich im Erdgeschoss einen Zwischenstopp einlegen und die Post mitnehmen sollte. Oder lieber erst morgen? Nein, heute war das Wochenblatt gekommen, das verstopfte den Briefkasten bloß wieder. Ich beschloss, ein braves Mädchen zu sein und drückte auf E.

      Ein wahrer Haufen quoll mir entgegen, als ich das kleine Fach aufschloss. Ich sammelte alles ein, schloss die Klappe wieder zu und kehrte in den Lift zurück. Jetzt aber ins Bett - morgen hatte ich wirklich eine Sitzung, bei der allerdings von mir nur verlangt wurde, nicht allzu offensichtlich einzuschlafen, und hier stand ich mit stapelweise Altpapier!

      Was hatte ich überhaupt ergattert? Den Mönchberger Lokalboten (samt zehn Werbeprospekten), Bankauszug, Bankauszug, Telefonrechnung, Handyrechnung, Werbepost, Werbepost – die Lifttüren öffneten sich. Ich verließ den Lift blätternd, schloss meine Wohnungstür auf und wieder zu und blätterte weiter. Lotteriegesellschaft, Bankauszug, Postkarte, Restpostenkatalog, Bankauszug, Ansichtskarte, Pizzaflyer, Werbeblatt vom Supermarkt.

      Ich warf Werbepost, Lotteriegesellschaft und Werbeblatt vom Supermarkt ins Altpapier, las die Ansichtskarte und grinste. Mein lieber Kollege Markus schien sich auf Kuba vor allem für den Rum zu interessieren... Aber eine nette Karte, lauter knallfarbene Oldtimer auf der Hafenpromenade. Wie in Buena Vista Social Club.

      Die Bankbriefe (wahrscheinlich Ankaufbescheinigungen) legte ich auf den Tisch, den Mönchberger Boten (ohne die Einlagen, die sofort wegkamen) daneben. Eine Postkarte... Mist, nicht schon wieder! Was wollte er denn jetzt wieder? Ich drehte die Karte um: Liebe Nina, ich erwarte dich am Freitag, den 2. Juli um achtzehn Uhr. Sei bitte pünktlich. H. Lamont.

      Wieso konnte er eigentlich nicht schreiben Dein Vater? War ihm das zu emotional, dem kalten Fisch? Oder war er´s womöglich gar nicht und wollte es so diskret andeuten? Schrieb er Nathalie eigentlich auch immer mit dieser Unterschrift? Dass sie auch gelegentlich solche Karten bekam und sich dann knurrend in der alten Villa über dem Fluss einfand, wusste ich ja.

      Morgen Abend könnte ich die schönsten Sachen machen – aber nein, ich musste zu Vater... Komisch, alle anderen sagten Papa oder Papi oder Paps zu ihren Erzeugern, oder meinetwegen auch Daddy, aber unserer hatte auf Vater beharrt. Wahrscheinlich hätte er sich am liebsten von uns siezen lassen, wenn das nicht sogar ihm zu bescheuert gewesen wäre. Glaubte ich jedenfalls. Seufzend warf ich die Karte auf den Tisch und schlüpfte aus den Schuhen. Und was sollte das überhaupt heißen, Sei bitte pünktlich? Ich war immer pünktlich, und bei ihm ganz besonders, alleine schon, um die Anzahl der überflüssigen Predigten um eine zu reduzieren.

      Was