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Christian Bieniek (1956-2005)
hat es mit seinem Werk geschafft, zu einem der bekanntesten und beliebtesten Kinder- und Jugendbuchautoren Deutschlands zu werden.
Seine vielen Lesereisen, die begeistert aufgenommen wurden, machten aus ihm einen Autor zum Anfassen. So konnte er selbst Lesemuffel zum Lesen animieren.
Christian Bieniek schrieb nicht nur für Kinder und Jugendliche.
Kopf hoch, Kleiner! ist zwar sein einziges bisher veröffentlichtes Buch für Erwachsene, jedoch schrieb er noch weitere Texte im Erwachsenenbereich, wie hier zu erkunden ist:
Christian Bieniek
Kopf hoch, Kleiner!
Roman
Unfair ist das Leben schon, wenn Mann seit Jahren schreibblockierter Hochliterat ist und plötzlich die Ehefrau mit einem Tierbuch den Bestseller landet. Wenn Mann vom Freund der Tochter analysiert und als hoffnungsloser Fall abgelegt wird.
Einen Silberstreif am Horizont bietet der neue Job als TV-Redakteur, denn hier ist sich der Held sicher, dass er endlich gewürdigt wird. Bis er feststellen muss, dass die tolle Frau in seinem Büro nicht seine Sekretärin, sondern sein Boss ist und er den Job sowieso der eigenen Ehefrau verdankt.
Mit schnoddrigem Witz und atemberaubendem Tempo zeigt Christian Bieniek, wie der moderne Adam im Leben mit lauter Klassefrauen besteht – manchmal halt nur auf kleiner Flamme. Turbulente Szenen, freche Sprüche und ein unwiderstehlicher Held garantieren echtes Lesevergnügen
Der moderne Adam, umringt von lauter Superfrauen.
Wäre das alles nicht so saukomisch, könnte er einem schon fast Leid tun.
(Für Sie - 1996)
Für Norbert Kölle
© Text: Helga Bieniek – Sonja Tolstov
© Covergestaltung: Eva Pissulla – Brigitte Pissulla
Amazon Kindle Veröffentlichung 2017
Epubli-Veröffentlichung 2018
Bisher erschienen:
1995 Franz Schneekluth Verlag, München unter dem Titel: Mann auf kleiner Flamme
2000 Bastei-Lübbe Taschenbuch unter dem Titel: Adam packt aus
ERSTES KAPITEL
1
Ich fuhr hoch und schlug auf den uralten Wecker ein, bis er verstummte. Ellen stieß einen Seufzer aus, wälzte sich auf die andere Seite und schlief weiter. Dass sie vor mir aufstand, mir ein tolles Frühstück machte und am Bett servierte, war schon öfter vorgekommen - allerdings nur in meinen Träumen.
Ich stieg aus dem Bett und schlüpfte in meine Hausschuhe. Sie waren ein Weihnachtsgeschenk von Vanessa und drei Nummern zu groß. Das Gehen darin wurde nie langweilig, da ich mich bei jedem Schritt anstrengen musste, sie nicht zu verlieren. Eigentlich ein Wunder, dass ich noch keine Krampfadern in den Waden hatte. Vanessa kannte meine Schuhgröße nicht. Sie wusste ebenso wenig, wie alt ich war, was ich studiert hatte und wie ich mit zweitem Vornamen hieß. Warum hätte sie das auch interessieren sollen? Ich war ja nur ihr Vater.
Als ich an der Badezimmertür vorbei zur Toilette schlurfte, brummte ich: “Guten Morgen!“
“Morgen, Paps!“ rief Vanessa überraschend gutgelaunt zurück. Meistens war sie morgens genauso ungenießbar wie ich.
Auf der Toilette hing eine Zeichnung von einem gewissen Gabriel Silewski. Sie stammte offenbar aus einer frühen Schaffensperiode des Meisters, und zwar aus seiner Zeit im Kindergarten. Ellens Begeisterung für moderne Kunst war so ziemlich das einzige, was ich nicht an ihr ausstehen konnte. Neuerdings schleppte sie sogar moderne Möbel an, zum Beispiel einen furchtbar schmalen Sessel mit einer schrägen Sitzfläche aus verrosteten Eisenstangen. Ich wagte mich kaum draufzusetzen, wenn nicht gerade ein Orthopäde im Zimmer war.
Ich ging runter in die Küche, warf die Kaffeemaschine an und deckte den Tisch. Um mir nicht den Appetit aufs Frühstück zu verderben, vermied ich jeden Blick in Richtung Spüle. Dort stapelte sich nämlich mal wieder das schmutzige Geschirr der letzten vier Tage. Ellens Interesse an Hausarbeit war seltsamen Schwankungen unterworfen: Manchmal polierte sie stundenlang die Kacheln im Badezimmer, um dann eine Woche lang völlig zu vergessen, dass wir eine Waschmaschine, einen Staubsauger und eine Mülltonne hatten. Also mussten Vanessa und ich ran, wenn in unserer Küche Seuchengefahr drohte oder es im ganzen Haus kein sauberes T-Shirt mehr gab. Wir waren ein perfekt eingespieltes Team: Ich machte die ganze Arbeit - und Vanessa dachte sich Ausreden aus, um mir nicht dabei helfen zu müssen.
Mit einem strahlenden Lächeln kam Vanessa herein, boxte mich leicht in den Bauch und rief fröhlich: “Na? Gut geschlafen?“
“Was ist los?“ fragte ich mit ernster Miene. “Hast du irgendwelche Drogen genommen?“
“Hä?“
“Du bist so gut drauf, und das vor dem Frühstück.“
Sie schnitt eine Grimasse. Dann setzte sie sich an den Tisch, schüttete Müsli in ihre kleine Schüssel, goss Milch darüber und begann zu essen. Ich ließ zwei Brotscheiben im Toaster verschwinden, setzte mich neben sie und schaute sie an. Abgesehen von dem einen oder andern kurzen Gastspiel, hatten Jungs bisher keine große Bedeutung für sie gehabt. Ich fragte mich manchmal, wie ich mich verhalten hätte, wenn ich als Fünfzehnjähriger so einem Mädchen über den Weg gelaufen wäre. Wahrscheinlich hätte ich schleunigst das Weite gesucht, und zwar mit gebrochenem Herzen.
“Was glotzt du denn so blöd?“ knurrte Vanessa, lächelte dabei aber ihre Kakaotasse an.
“Irgendwas stimmt nicht mit dir“, behauptete ich mit gespielter Besorgtheit und legte die Toastbrote auf meinen Teller.
“Mit dir auch nicht“, konterte sie. “Warum gehst du eigentlich nicht mal zum Psychiater?“
Ich sah sie stirnrunzelnd an.
“Dir fällt doch nichts mehr ein. So 'ne Therapie kann deine Phantasie vielleicht wieder in Schwung bringen.“
“Phantasie!“ schnaubte ich verächtlich. “Ich hab' noch nie Phantasie gehabt.“
“Ach nee! Und womit hast du früher deine Drehbücher geschrieben?“
“Mit der Schreibmaschine.“
Ich unterhielt mich nicht gern beim Frühstück über dieses Thema. Beim Mittagessen und Abendbrot auch nicht. Ehrlich gesagt hasste ich es, auch nur ein einziges Wort darüber zu hören oder zu reden, egal zu welcher Tageszeit.
“Wieso willst du mit mir nicht darüber sprechen?“ fragte Vanessa gereizt. “Vielleicht hast du es noch nicht gemerkt: Ich bin nicht mehr zehn, sondern vierzehn.“
“Und du meinst, du hast dich in den letzten vier Jahren irgendwie verändert?“
Ich wollte sie wütend machen, um sie zum Schweigen zu bringen, was sie irrtümlicherweise für ihre stärkste Waffe hielt. Doch sie lachte nur über diesen plumpen Versuch.
“Eins ist ja wohl klar: Auch Mutti ist dran Schuld, dass dir nichts mehr einfällt. Weil ihr Buch nämlich so erfolgreich ist.“
“Sehr scharfsinnig, Doktor Freud.“
“Hast du eigentlich schon mal was von Sigmund Freud gelesen?“ wollte sie wissen.
“Von Büchern mit mehr als zwei Fremdwörtern pro Seite krieg ich Kopfschmerzen.“
“Ich lese gerade sein Buch über Träume. David hat gesagt, dass man durch Träume sehr viel mehr über sein Unterbewusstsein –“
Sie unterbrach sich abrupt. Ich biss in mein Toastbrot und sah sie an. Mir dämmerte, warum sie an diesem Morgen anders war als sonst.
“Wer ist David?“
Sie wurde rot, schlug mir mit dem Handrücken auf den Oberschenkel und murmelte “Du bist blöd!“
Dann stopfte sie sich einen übervollen Löffel Müsli in den Mund und kaute ganz langsam darauf herum. Ich verstand sofort,