Manfred Enzlmüller

Marken sind die DNA eines Unternehmens


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und der Darstellung gleichbleibender Produktqualität. In den darauffolgenden Jahrzehnten kommunizierten Marken ihren Verwendern vermehrt eindeutige Kundennutzen. Wie sieht es heute aus? – Welche Funktion haben Marken in den sich laufend verändernden Märkten zu erfüllen?

      Marken ohne U.P.I. haben selten eine USP

      Nur wer seine Zielgruppe kennt und weiß, wie groß der tatsächliche Markt ist, der kann ruhigen Gewissens etwas Neues kreieren, denn die Basis jeder Marke ist die U.P.I. (unique positioning idea), die einzigartige Positionierungsidee, denn gerade für Marken bietet die U.P.I. die ideale Möglichkeit, ihre Stärken zu zeigen.

      Bei manchen Marken ergibt sich eine eindeutige Positionierung schon aus der einzigartigen Produktidee. Andere Markenartikel müssen sich durch ein faszinierendes Produktdesign eine unique Stellung am Markt erarbeiten. Aber auch Servicevorteile können die Position einer Marke herausragen lassen. Eines ist in jedem Fall sicher: Gerade in gesättigten Märkten kommt es heute mehr denn je darauf an, eine einzigartige unverwechselbare Positionierungsidee zu entwickeln, denn sie ist letztlich der Garant für einen glaubhaften USP (einzigartiger Vorteil), der Kunden magnetisch anzieht.

      Beginnen wir mit dem Begriff Markt: Als Markt wird heute in der Wirtschaftswissenschaft das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage nach einem ökonomischen Gut, zum Beispiel einer Ware oder Dienstleistung, bezeichnet. Das Grundprinzip des Marktes ist der Tausch. Durch Verwendung eines allgemein anerkannten Tauschwertes – heute in den meisten Fällen Geld – kann ein Leistungsaustausch „Ware gegen Ware“ über das Geld zeitlich voneinander getrennt abgewickelt werden. Dabei wird der Preis eines Produktes, der zur Übereinstimmung zwischen angebotener und nachgefragter Menge führt, als sogenannter Marktpreis bezeichnet. Märkte lassen sich daher nach der auf ihnen herrschenden Machtverteilung beispielsweise in Käufermärkte und Verkäufermärkte unterteilen. Gerade in den westlichen Ländern sind in Zeiten der wirtschaftlichen Hochkonjunktur die Märkte mit Produkten buchstäblich überschwemmt worden. Die Folge ist eine Überproduktion. Der Bedarf ist rückläufig, die Preise fallen, die Rendite für das Unternehmen geht zurück. Man spricht in einem solchen Fall von einem gesättigten Markt. Vor diesem Hintergrund stellt sich daher die Frage: Was motiviert heute Menschen, Marken zu kaufen?

      Marken müssen emotional motivieren

      Heute kommt es darauf an, dass Marken möglichst rasch auf Kundenwünsche reagieren. Dazu ist es notwendig, dass Markenunternehmen die Kaufmotive ihrer Zielgruppe permanent analysieren und Kunden emotional ansprechen. Es handelt sich dabei um Wertvorstellungen, die mit dem Marken­produkt vermittelt werden, um damit einen Logenplatz im Gedächtnis der Kunden zu bekommen. Die angesprochenen Werte schaffen dabei die Identifikation mit der Marke. Die Frage ist: Um welche Wertvorstellungen handelt es sich dabei und wie entstehen sie?

      Grundsätzlich entstehen Werte durch Traditionen, die jemand pflegt, eine Religion oder Konvention, der man angehört, oder Überzeugungen, die man vertritt. Aber auch die Umwelt und die Umgebung können jemanden prägen, genau wie die Wünsche, die jemanden beflügeln, und die Fähigkeiten, die einem Kraft verleihen, etwas zu tun, oder die Ängste, die man zu überwinden hat, denn hinter Werten verbergen sich gelernte Denkmuster, verbunden mit einer bestimmten Erwartung. Man unterscheidet zwischen materiellen Werten und persönlichen Werten und den konstitutiven Elementen der Kultur, sie definieren Sinn und Bedeutung innerhalb eines Sozialsystems oder einer Gruppe in einer Gesellschaft. Werte dieser Art sind zum Beispiel Freundschaft, Liebe, Gerechtigkeit, Lust, Glück, Wohlbehagen, Harmonie, Bescheidenheit, Pflichterfüllung, Härte, Tapferkeit im Kampf, Disziplin. Materielle Werte, wie zum Beispiel Geld, werden dagegen als Mittel zur Statuserhaltung gesehen.

      Auf der persönlichen Ebene ermöglichen und zwingen uns unsere Wertvorstellungen zur Entwicklung unserer Identität. Werte bestimmen daher unser Handeln meistens unbewusst. Bei Marken konzentrieren wir uns daher heute besonders auf die Vermittlung von Werten. Besonders die Krise 2008 und die Krise nach der Krise haben die Frage nach Werten, wie Vertrauen, Identität und Echtheit, aufgeworfen. Wobei mit Echtheit die nachvollziehbare Herkunft und die unverwechselbare Ausstrahlung gemeint sind. Echt heißt somit auch authentisch. Ein weiter Trend, der sich bei gesellschaftlichen Werten abzeichnet, lautet: überflüssigen Ballast abwerfen, um die eigene Lebensqualität zu verbessern. Aufgrund der immer höheren Ansprüche steigt der Wunsch nach Gesundheit sowie seelischem und geistigem Wohlbefinden. Lebensqualität wird zum persönlichen Wert Nummer eins. Im Beziehungsdenken stehen Werte wie Liebe und Freundschaft ganz oben.

      Wie wichtig Werte sind, beweist auch eine Studie, die 2012 ein Team des „Hamburger Trendbüros“ gemacht hat. Die Ergebnisse zeigen zwölf verschiedene Werte, deren Bedeutungen und Zusammenhänge für unser Leben.­ Werte werden auch bei Unternehmen immer öfter zum primären Unterscheidungsmerkmal. Sie sind die Basis für Vertrauen und die Voraussetzung für Markenidentität. Wer also Menschen über Marken ansprechen will, muss ihre Wertvorstellungen kennen und die Marke muss diese Werte glaubhaft vermitteln können. Die Studie zeigt beispielsweise, dass der Wert „Freiheit“ heute nicht mehr freie Auswahl oder mehr Individualität, sondern Autonomie bedeutet.

      Aber auch der Wert der Familie demonstriert heute Optimismus, Flexibilität, Selbstsicherheit und Belastungsfähigkeit. Gesundheit wird, wie schon erwähnt, zum Projekt, das selbst gemanagt werden muss, denn dem maroden Gesundheitssystem wird schlichtweg misstraut. In Netzwerken zu denken und zu leben, gewährleistet Gemeinschaft, Zufluchtsorte für Menschen. Vertrauen ist die wichtigste Dimension von Sicherheit. Vertrauen in persönliche Beziehungen ist wichtiger geworden als das Vertrauen in öffentliche Personen. Geld und Glück sind keine Gegenpole mehr: Materieller und immaterieller Erfolg bedingen einander. Anerkennung gibt Identität. Anerkennung gilt als die begehrte Währung der Netzwerkökonomie. Beim Wert „Gerechtigkeit“ ist signifikant, dass sich die Prinzipien „gleiche Chancen für alle“ und „guter Lohn für gute Leistung“ aufgelöst haben.

      Wenn es um den Wert „Natur“ geht, wird er mit drei Emotionen verbunden, nämlich: Sehnsucht: Ursprung und dem Wunsch nach Lifestyle, aber auch der Sorge um den Planeten. Einfachheit bedeutet Aufgaben vereinfachen und interaktive Medien nutzen. Je komplexer die Welt wird, umso wichtiger wird der Wert Ehrlichkeit, obwohl es die „einzige Wahrheit“ nicht mehr zu geben scheint, wird Authentizität immer wichtiger. Der Einzelne fordert mehr Beteiligung, Einfluss und Kontrolle. Transparenz heißt der zwölfte Wert der Wissensgesellschaft von heute. Werbepsychologen sind davon überzeugt, dass Marken ein Vorstellungsbild von Werten in den Köpfen der potenziellen Zielpersonen erzeugen, das ihnen Vertrauen und ein Gefühl der Sicherheit beim Kauf vermittelt, indem die Marke über Werte eines der drei Grundmotive des Menschen anspricht. Was sind diese drei Grund­motive und wofür stehen sie?

      Nach dem „Drei-Motive-System“ des Zürcher Modells der sozialen Motivation von Doris Bischof-Köhler und Norbert Bischof werden Erfahrungen und Werte unbewusst in Resonanz zueinander gestellt. Dabei wird je nach Intensivität eines der drei Grundmotive, die im limbischen System sitzen, angesprochen. Die drei Grundmotive des Zürcher Modells werden je nach Einsatzgebiet benannt. Dabei sei aber erwähnt, dass sie in ihren Grundzügen

       immer dieselben Werte repräsentieren. So bezeichnet Prof. Bischof, ebenso wie der Hirnforscher Jan Panksepp, die drei Motive wie folgt: Das Autonomiemotiv steht für Werte wie Macht, Geltung, Leistung, Selbstwert usw. Das Erregungsmotiv steht für Stimulation, Veränderung, Spiel, Inspiration usw. Das Sicherheitsmotiv steht für Vertrauen, Geborgenheit und Fürsorge usw. In der MIK-Methode – einer Marketingmethode, die auf den Kontext setzt, den eine Marke anspricht – werden die drei Motive als Machtmotiv, Inspirationsmotiv und Konstanzmotiv bezeichnet und bestimmten Werten zugeordnet. Wodurch wird nun aber eine Marke zu etwas Einzigartigem? – Subjektiv gesehen hängt das von dem Vorstellungsbild ab, das eine Marke beim Konsumenten auslösen kann. Wie funktioniert das? Unser Gehirn vernetzt bestimmte Wörter und Bilder mit Erfahrungen. Nehmen wir zum Beispiel den Begriff „Erste Liebe“. Fragen Sie sich: Welche Reaktion löst er bei Ihnen aus? Welche Bilder gehen Ihnen jetzt durch den Kopf? Was fühlen Sie? Wo im Gehirn werden diese Eindrücke emotional verarbeitet? Um es einfach zu sagen: Alle Fragen, die wir vorher gestellt haben, werden völlig unbewusst im limbischen System, unserer emotionalen Steuerzentrale, beantwortet.