Louis Leon Cherrel

Nachtstreuners Flaschenpost


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Anzeige. Ich gehe durch: Neben dem normalen Spam bei Instagram und WhatsApp sind da auch noch ein paar interessante Nachrichten von meinen Dudes. Scheinbar wird für heute wieder ein Männerabend geplant. Ich überfliege alles, sage zu und stecke mein Handy weg. Ich gehe kurz gedanklich meine To-Do-Liste durch und renne dann hoch in mein Zimmer, um mein Equipment zusammenzupacken. Ich ziehe eine Snapback auf, stecke mir Kopfhörer in die Ohren und setze mir meine Sonnenbrille auf die Nase.

      Während ich runter zum Fahrradschuppen gehe, drehe ich über mein Handy das neue Marteria Album auf. Ich befestige mein Wakeskate an meinem Cruiserbike, rappe laut mit und rolle los.

      2: Backsteine

      Einklatschen, Faust, Einklatschen, Faust, ganz lässig meine Dudes begrüßt, als ich zum Start durchgehe, mich hinhocke, meine Vans fest zuschnüre und mein geliebtes Wakeskate wie ein Zepter erhebe. Feierlich nehme ich die Hantel entgegen, die mich über das Wasser ziehen soll: Was ein Leben. So leitet man einen perfekten Feierabend ein.

      Ich tauche die Hantel in das ruhige Wasser neben dem Steg. Über die Schwielen meiner Hand fühle ich ihr raues Holz.

      Konzentration.

      Ruhe.

      Das Board, die Hantel und ich werden eins.

      Ich höre ein Klacken, als meine Leine oben an der Seilbahn am Mitnehmer einrastet. Die Leine wird stramm, rechts links rechts – drei große Schritte, ich springe ab und lege mit der Linken das Board unter meine Füße. Mit einem Ruck werde ich in eine andere Welt gerissen.

      Landung. Spritzer in mein Gesicht.

      Ich stehe fest auf meinem Brett und cruise über das rauschende Wasser. Automatisch kommt mir ein heftiger Song in den Sinn, der mein Blut höher pochen lässt. Ein Schlagzeugsolo, schmetternde Gitarren. Mit Druck presse ich das Board schräg hinunter, so dass ich rasant nach rechts gleite. Eine hohe dünne Welle schießt unter meinem Board hervor. Die heißen Sonnenstrahlen brennen einen leuchtenden Regenbogen hinein. Die Finger der freien Hand tauche ich in den hinweggleitenden See. Ich bin relaxt und genieße das Tempo und die Nähe zum Wasser, an diesem warmen Tag. Es wird trotzdem Zeit für noch mehr Geschwindigkeit, noch mehr Action. Wofür sonst ist der See mit verrückten Obstacles bespickt?! Ich presche auf ein „Uprail“ zu, drehe mein Board quer und drücke das Holz über den Beton, dass die Splitter nur so fliegen. Wieder auf dem Wasser wird getanzt. Wie ein Brasilianer am Ball, streichele ich mein Spielgerät mit den Füßen. Rotationen um alle Achsen, dass einem nur so schwindelig wird. Ich liebe sie beide, den „Shove-it“ und den „Kickflip“.

      Es ist wie eine Sucht, ein Rausch in den man sich hineinwühlt. Noch mehr Tempo, noch mehr Action und jedes Mal möglichst noch eine Drehung mehr. Ich springe auf die Rails aus Beton und aus Holz, lasse sie leiden, hole alles aus meinem Wakeskate heraus. Spritzer überall, nur noch wie in Trance. Die Welt gleitet an mir vorbei. „Shove-it On“, „Shove-it Off“, Backside oder Frontside, „Body Varial“, „Heelflip“ oder „Kickflip“, „180“ und „360“, die Tricks reihen sich aneinander, die Wassertropfen spritzen wie Funken beim Schmieden eines heißen Eisens. Dann türmt sich vor mir der riesige steinerne A-Frame auf.

      „Oh mein König!“

      Durch Kanten versuche ich mein Tempo noch mehr zu steigern, versuche Monsieur im perfekten Winkel anzufahren. Ich drücke in die Knie und presse mich die Auffahrt hinauf. Mein Board ächzt, doch ich bin entschlossen. Ich gelange an seinen Gipfel, die Luft ist herrlich. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit, kurze Zweifel, doch wie von selbst brettere ich auch schon wieder die Abfahrt hinab, erneut zum Tanz mit den Wellen bereit.

      Die restliche Fahrt verziere ich im wilden Rausch und heize locker über ein paar Hindernisse. Nachdem ich meinen Ritt mit einem perfektem „Backside Heelflip“ über den strahlend weißen Kicker veredelt habe und mein Hunger gestillt ist, schmeiße ich mich rücklings ins erfrischend kalte Wasser.

      3: Flimmern

      Ich und ein paar Dudes entspannen in riesigen Sitzsäcken direkt am Ufer des Sees, jeder ausgestattet mit einem großen Bierkrug gefüllt mit erfrischendem Naturradler und einem großen Becher Frozen Joghurt. Ich nehme eine Gauloise aus dem Softpack und rauche genüsslich los. Aus unserer Jambox dröhnen dicke Beats. Es reiht sich Psychiatriemusik an chinesische Fabrikmusik. Wir nicken im Takt. Alte Pi Songs. Zünd die Welt an. Die Rider auf dem Wasser liefern ein Donnerwetter ab und wir jubeln ihnen bei gutem Style zu. Ich greife nach dem platten, angebissenen Apfel in meiner Hosentasche, schieße damit ein Foto und lade es hoch. Dabei stelle ich fest, dass ein paar neue Nachrichten eingegangen sind. Ich wende mich von der entspannten Situation ab und dem flimmernden visuellen Bildschirm zu. Sogleich ist ein interessantes Gespräch gefunden. Ich scrolle nach oben und lese mich durch:

      Benjamin: „Also, ihr Boys meintet ihr wärt am stizzl heute abend?“

      Carlo: „Klaro maro, I bims safe dabei!“

      Benjamin: „Was ist mit Domme, Chris und Friedrich kommen die auch oder sind die raus?“

      Carlo: „puh kp“

      Christoph: „Ich bin aufjeden 1 top motivierter Boy und gerne am stizzl!“

      Carlo: „Stark brudi!!! : )“

      Benjamin: „Nice Sache, läuft bei dir! Weißt du, was mit Dominik ist?“

      Carlo: „Also ich weiß nicht, aber denk ma schon oder?“

      Christoph: „Jo also er ist glaube ich gerade mit seinem Mädel shoppen und hat kein Money mehr auf 1 Handy, aber hab heute moin mit dem gecallt da meinte der, dass er Bock hat was zu starten heute!“

      Benjamin: „Chillig, chillig, dann planen wir den mal einfach mit ein!“

      Carlo: „Und die anderen?“

      Ich bin unten angekommen und beteilige mich am Chat:

      Marten: „Also bei Friedrich weiß ich auch nicht aber ich bin dabei! : )“

      Benjamin: „Coolio! Was wollen wir denn machen heute vong Verhalten her?“

      Christoph: „hmm gute frage, mir eig. Wayne“

      Carlo: „kp, weiss nicht…. :D“

      Marten: „lass mal thematisch trinken :D xD haha“

      Benjamin: „wasch laberscht du hahahah, du bist auch so thematisch am trinken höhöhö“

      Carlo: „Marten junge, wat ist denn loos mit dir? :D“

      Marten: „Bor haha ihr lappen. Mein halt so, dass nicht einfach irgendwie wieder alles quer beet gemacht wird, sondern wir mal wieder nen Zopf machen und dann was Bestimmtes holen“

      Marten: „*Topf (Kack Autokor.)“

      Christoph: „das war eig immer richtig babo fand ich“

      Benjamin: „Lass mal wie düsseldorfaltstadt machen, waaas looos :D“

      Marten: „ja man“

      Carlo: „So mit 1 altbier vong 0,2er gläsern?!“

      Marten: „Sounds nice :P ;D”

      Dominik: „beste dicka“

      Benjamin: „Yeah, Dominik, biste au dabei?“

      Dominik: „Jap! Bin aber noch mit meinen Eltern shoppen dies das und muss danach wohl noch Einen Abwursten, aber bin denke ich vllt sogar pünktlich : )“

      Marten: „Haha oh man. Sehr gut! Wird bestimmt richtig tight!!!!!“

      Christoph: „Hat denn wer so Gläser?“

      Carlo: „Ja wir haben glaube ich von der hochzeit meiner schwester noch so was…, kann welche mitbringen!“

      Benjamin: „ja chillig“

      Marten: „sollen wir dann 5 liter fässer holen? Weil mit Flaschen wär das