Thomas Schnorr

Frauen sind halt göttlich


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nicht“, tat ich überrascht, nur um selbst nicht in Verdacht zu geraten. In diesem Punkt werden Frauen schnell misstrauisch, hellhörig und gemein: sobald eine neue Frau ins Spiel kommt, ist es so, als ob sich Raubtiere um ihr Erlegtes streiten. Sie mobilisieren dann das gesamte Rudel ihrer Freundinnen, um fremde Schmarotzer von dem Festbraten fernzuhalten. Das anfängliche Geplärre hat nichts, aber auch gar nichts mit Gefühlen zu tun. Das ist reiner Instinkt, wie das Heulen von Wölfen in der Nacht, pure Krokodilstränen. Wenn sie einmal Hyänen bei der Verteidigung von Kadaver beobachtet haben, werden sie wissen was ich meine …

      „Wenn ich dich jemals mit einer Anderen erwischen sollte, dann Gnade dir Gott“, drohte Konstanze nun und zeigte mir dabei ihre blitzsauberen Zähne. Ich war gerade in Begriff meinen Standardspruch aus meinem selbstverteidigenden Repertoire hervorzukramen (von wegen sie sei die einzige begehrenswerte Frau für mich und bla bla bla), aber sie ließ mich erst gar nicht zu Wort kommen: „Sag jetzt lieber nichts. Männer lügen ja doch nur.“

      Da hatten wir es wieder: Männer dürfen nur sprechen, wenn sie von ihren Frauen gefragt werden - und selbst dann dürfen sie nur das sagen, was ihre Frauen hören wollen. Die Ehe ist eben eine moderne Form der Sklaverei. Männer sind halt den ganzen Tag am arbeiten, damit Frauen ein angenehmes Leben führen können.

      Das alles wäre ja halbwegs zu ertragen, wenn nicht noch zusätzlich das elende Gerede über die fehlenden Selbstverwirklichungsmöglichkeiten der ach so unterdrückten Frauen hinzu käme. Wie oft habe ich von Konstanze zu hören bekommen: „Du hast es ja so gut - du kannst dich in deiner Arbeit verwirklichen …“ Meine anfangs erfolgten Angebote, ihr eine Arbeitsstelle zu besorgen, pflegte sie ebenso regelmäßig mit dem vorwurfsvollen Kommentar vom Tisch zu wischen, dass sie ja nur meinetwegen ihr Soziologiestudium abgebrochen habe und ich nun ja nicht erwarten solle, dass sie eine minderwertige Arbeit in einer patriarchalischen Gesellschaft annähme und sich von männlichen Chefs herumkommandieren lasse.

      Selbstverständlich entsprach diese Ausrede nicht der Wahrheit: Tatsächlich wurde Konstanze schon drei Monate bevor wir uns kennengelernt hatten zwangsexmatrikuliert, da sie einen notwendigen Schein (zum Thema: „Frauen und Verantwortung unter Berücksichtigung der Luhmannschen Theorien“) trotz mehrfachen Anlaufs nicht bestehen konnte. Woher ich das weiß? Ich habe den Universitätsbescheid zufällig im Keller gefunden, als ich ihre Sachen durchstöberte. Natürlich habe ich ihr nichts davon gesagt. Sie wundern sich? Ich hätte ihr sagen sollen, ‚hey, du bist nur zu blöd fürs Studium gewesen. Außerdem hast du mich angelogen…’ — Fehler! Nichts ist schlimmer als eine auf frischer Tat ertappte Frau … Frauen drehen den Spieß dann einfach um! Wissen Sie was passiert wäre? Konstanze hätte mir vorgeworfen, dass ich in ihre Intimsphäre eingedrungen sei, indem ich unerlaubt ihre persönlichen Unterlagen durchsucht habe, wäre zur einer ihrer üblichen „Beleidigt-Sein-Orgien“ übergangen und zum Schluss hätte ich auch noch eine Diamantenkette bezahlen können.

      Nicht das ich unser — oder besser ihr Geld verwalten würde. Aber ich stottere jetzt noch den goldenen Armreif mit dreißig Prozent meines monatlichen Taschengeldes ab, den ich ihr schenken musste, nachdem ich sie das erste Mal beim Lügen erwischt hatte.

      Nein, dieses Gequatsche von Selbstverwirklichung können sich wirklich nur Frauen leisten. Nur sie kommen überhaupt auf diese Ideen, weil schon alle ihre sonstigen Bedürfnisse gestillt sind. Sie kennen doch sicherlich die Maslowsche Bedürfnispyramide; ganz unten die Bedürfnisse nach Essen und Trinken, dann nach Sicherheit, dann nach Liebe und Geborgenheit, dann nach Sexualität, schließlich nach Selbstverwirklichung oder so ähnlich. Hier stehen Frauen immer ganz oben, während sie ihre Männer auf der ersten Stufe halten.

      „Du musst mich gleich erst mal massieren“, kam Konstanze mir nun verdächtig zärtlich und ließ dabei wie zufällig den rechten Träger ihres neuen Kleides über die Schulter rutschen, „ich habe so einen anstrengenden Tag gehabt. Weißt du, die ganzen Urlaubsvorbereitungen …, mein Nacken ist ja so verspannt“, blinzelte sie mich jetzt mit einem aufreizenden Wimpernschlag an.

      Frauen sind ja so raffiniert. Immer wenn sie etwas wollen, spielen sie mit den Gefühlen von Männern Katz und Maus, schrecken vor nichts zurück, setzen ihre schärfsten Waffen ein, …

      Augenblicklich war ich aber nicht zu reizen. Schließlich befand ich mich immer noch vor der ersten Stufe (Maslow, sie wissen schon, erst essen und so). Massieren musste ich sie natürlich trotzdem.

      „Warum lassen sie sich nicht einfach scheiden?“, werden Sie jetzt fragen. Ganz einfach: Das wäre absoluter Selbstmord. Gucken sie sich doch einmal die ewig langen Schlangen von geschiedenen Männern vor den städtischen Sozialämtern an. Nicht das diese Männer nicht mehr oder auch nur weniger arbeiten würden als vorher, aber sie werden von ihren Ex-Frauen regelrecht ausgesaugt, einfach wie Zitronen ausgepresst, müssen achtzig Cent von einem Euro an Unterhalt zahlen und vegetieren selbst nur noch so dahin. Natürlich gibt es einige Männer, die glauben, besonders schlau zu sein, indem sie sich völlig verweigern, aufhören zu arbeiten, ins Ausland flüchten und überhaupt auf stur stellen … Schwachsinn! Hilft absolut nichts! Haben sie schon mal was von Beugehaft und von Kopfgeldjägern gehört? - Na - dann wissen sie ja Bescheid!

      Tatsächlich gibt es nur eine legale Möglichkeit, eine festgebissene Ehefrau loszubekommen (nein, ins Heim geben ist nicht erlaubt!), ohne hinterher auf ewig zahlen zu müssen: MIT IHR ARM WERDEN. Dann besteht berechtigte Hoffnung, dass Sie fallengelassen werden wie eine heiße Kartoffel und dass Ihre Frau sich endlich ein anderes Opfer sucht. Sobald sie den neuen Trottel dann geheiratet hat, können sie wieder erfolgreich werden. Nur halten sie sich dann von Frauen fern, sie lauern überall …

      Sie glauben jetzt sicher, ich hätte irgendetwas gegen Frauen - stimmt absolut nicht! Es gibt nichts Besseres als ein knackige Frau, wenn die anderen Bedürfnisse schon gestillt sind … und danach dann eine schöne Zigarette … Nur - nach der Zigarette sollten sie so schnell laufen, wie sie können …

      „Ach mein armer Schatz, ich weiß gar nicht, wie du ohne mich in den nächsten zwei Wochen zurechtkommen sollst?“ sagte Konstanze jetzt lächelnd, aber irgendwie scheinheilig. Sie schien irgendetwas im Schilde zu führen.

      Schnell zeigte ich ihr meinen bestmöglichen, bedauernswertesten Gesichtsausdruck, den ich trotz meiner innerlichen Freude auf vierzehn sturmfreie Tage (das sind immerhin 336 Stunden!) auflegen konnte. Für Samstag hatte ich schon meine alte Pokerrunde zusammengetrommelt, den besten Whiskey bestellt und kubanische Zigarren gebunkert. Kartenspielen war bei uns sonst schon lange tabu, mit Ausnahme der allmonatlichen Kanasterrunden mit den Schulzes von nebenan, wenn sie das Kartenspielen nennen wollen … Ich und Robert Schulze mussten dann auch noch diesen parfümierten Tee (meist Vanille) trinken … Rauchen war bei uns ohnehin verboten … Habe ich mir daher auch schon gleich nach der Hochzeit abgewöhnt, um meine Selbstachtung nicht völlig zu verlieren. Warum fragen sie? Fahren sie doch einfach mal ins nächste Wohngebiet und sehen sie sich dort die armen Hunde an, die auf ihren Balkonen, Terrassen oder in den verlassenen Straßen an ihren Zigaretten saugen, sich Erfrierungen an den Fingern holen und erst wieder ins Wohnzimmer gelassen werden, wenn sie ihre Kippen in den Vorgarten geschnippt haben - einfach erniedrigend.

      Mit meinen alten Zockerfreunden Fred, Horst und Oscar wollte ich nun am Samstag endlich einmal wieder um einen vollgequalmten Tisch sitzen, die ganze Nacht durchpokern, Whiskey und Zigarren genießen, über Blondinenwitze lachen und auf niemanden Rücksicht nehmen müssen - einfach mal wieder ganz Mann sein …

      „Ich habe Elsbeth gebeten während meiner Abwesenheit hier einzuziehen, damit du nicht so allein bist und sie sich um dich kümmert“, grinste Konstanze schadenfroh über ihr ganzes Gesicht. Panik überkam mich - nur ich durfte sie nicht zeigen. Elsbeth war meine Schwiegermutter. Kümmern? Überwachen meinte Konstanze wohl! Schlimmer hätte es wirklich nicht kommen können. Der Pokerabend war dahin …

      „Aber das wäre doch nicht nötig gewesen“, warf ich den letzten Rettungsanker. „Doch, doch, ich will ja schließlich, dass es dir gut geht.“

       II

      Freitag, 7:50 Uhr und ich war in Begriff