Alessandra Beck

Flug 5, 4, 3, 2, 1.....NULl


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du aussiehst !“ Bekam Sophie an den Kopf geworfen.

      In unserem Haus hatte ich gleich das Zimmer neben meiner Schwester und so hörte ich oft, wie sie abends weinte. „Arme Sophie, wie kann ich dir nur helfen ???“

      Ich ging zu ihr, setzte mich auf ihr Bett und nahm sie in die Arme. Sophie sagte zu mir: „ Manchmal könnte ich dich an die Wand knallen, aber manchmal ist mein großer Bruder auch mein großer Held !“ Am nächsten Tag „knöpfte“ ich mir Sophies Mitschülerin vor: „Hey, Jana, lässt du und deine Clique meine Schwester nicht in Ruhe, dann kriegst du ein paar auf dein Maul.“ Sagte ich. Jana grinste nur und sagte: „Sieh mal einer an, Miguel verteidigt seine kleine `“Spastischwester“ ! Hey, deine Schwester hat nie Spaß im Leben, die kann nur für die Schule lernen oder Geige üben. Aber auf Partys wird die nie eingeladen werden !“ Klar, Jana und andere Mädchen waren voll neidisch auf Sophie. Jana wuchs in einem Kinderheim auf, sie war noch nie am Meer und in der Schule war sie immer bei den Schlechtesten. Dafür war Jana eine Kifferin, die auf keiner Party fehlen durfte.

      Sophie hat am 5. September Geburtstag. Sie wurde 15 Jahre und lud ihre ganze Schulklasse und das Schulorchester ein, um in unserem Garten eine Grillparty zu feiern. Es war 18.00 Uhr und die ersten Gäste klingelten an unserer Haustüre. Es waren 3 Freunde aus ihrem Schulorchester. Dann war es 18.30, dann 19.00 Uhr und dann 20.00 Uhr… und da wurde uns klar, dass niemand anderes zu Sophies Geburtstagsparty kommen würde, außer 2 Freundinnen und ein guter Freund aus dem Orchester. Sophie wusste nicht, was sie falsch machte und weshalb sie solche Schwierigkeiten hatte, Freunde zu finden und weshalb man sie in der Klasse nicht akzeptierte. Sophie war oft verzweifelt und versuchte mit allen Mitteln die Anerkennung ihrer Mitschüler zu bekommen, doch sie wurde immer wieder abgelehnt. Dabei wollte Sophie doch so gerne, ein „ganz normales Mädchen sein“, dass auch mal auf eine Party eingeladen wird, dass auch, wie andere, den ersten Flirt mit Jungs in ihrem Alter erlebt oder dass auch mal Ärger mit den Eltern bekommt, wenn sie abends zu spät nach Hause kommt. Doch stattdessen saß sie jeden Abend alleine zuhause. Hin und wieder ging sie mit ihren Freunden aus dem Orchester ins Kino oder zum Essen. Sie schwärmte nicht etwa für einen Jungen aus ihrer Klasse oder aus der Schule, nein, sie schwärmte für ältere Männer, die ihr Vater sein könnten. So schwärmte sie für Dirigenten, Opernsänger oder Konzertpianisten, die allesamt mindestens 20 Jahre älter waren, als Sophie. Bei Auftritten mit ihrem Schulorchester bekam Sophie die Anerkennung, die sie sonst nie bekam. Und so tauchte Sophie in die Welt der Musik voll und ganz ab. Ihre Gespräche waren nicht die einer Jugendlichen, sondern die einer Erwachsenen. Anerkennung fand Sophie in den Gesprächen mit Erwachsenen, die nicht nur ihre Intelligenz, sondern auch ihre Musikalität und ihre Empathie schätzten. In der Schule dagegen verlor sie immer mehr den Anschluss an ihre Gleichaltrigen und eines Tages gab sie es auf, sich ihren Mitschülern „anzubieten, wie eine Ware, die niemand haben möchte“…..

      Ich führte das Schwimmteam unserer Schule an. Ich habe Hände wie Schaufeln und Füße wie die eines Riesen und das Beste: Ich bin 1,98 m groß und bin ein richtiger Frauenschwarm. Meine Eltern überrage ich schon mit fast mit einem Kopf. Als unsere Schule gegen ein Gymnasium aus einem anderen Ort antrat, gewann unsere Schule nur aufgrund meines Einsatzes. Na, ja und in Englisch war ich wieder mal der Klassenletzte.

      „Man Miguel, anstatt dich um dein Schwimmen zu kümmern, solltest du dich lieber mal mehr Einsatz bei deinen Hausaufgaben zeigen, insbesondere, wenn es um Englisch geht !“ Schrie mir Sophie hinter her, als ich nach der Schule die Schwimmkleidung aus meinem Zimmer holte und ich auf dem Weg ins Schwimmbad war. „Ja, kleine Streberin, dafür bin ich kein Außenseiter in der Schule !“ Das war nicht fair von mir, aber es musste mal raus. Als ich um 19.00 Uhr vom Schwimmtraining nach Hause kam, knallte ich meine Sachen in die Ecke und stürzte mich auf das Abendessen. „Sophie, wo bleibst du ?“ Rief Mama. Sophie lernte mal wieder bis auf den letzten Drücker, denn morgen schrieb sie ihre Spanischklausur, die darüber entscheidet, ob sie am Spanischaustausch der Schule teilnehmen durfte.

      Am nächsten Morgen kam Sophie mit dem Spanischbuch zum Frühstück und legte es noch nicht einmal aus der Hand, als sie ihr Nutella Brot aß. Dann passierte es und das Brot fiel auf das Buch. Peng, da lag es und die Seite wurde braun. Mama holte sofort einen Küchenlappen und wischte das Nutella von der Seite weg. Bis auf ein paar kleine Spuren war nun nichts mehr zu sehen.

      Papa fragte: „Wann schreibst du Spanisch ?“ „In der 3.“, antwortete Sophie. So fuhren Sophie und ich mit dem Fahrrad zur Schule. Es war die Pause um 11.30 Uhr und ich wollte Sophie fragen, wie die Spanischklausur lief, doch ich fand sie nicht. Erst zuhause traf ich sie wieder, sie war glücklich, denn sie hatte alles gewusst.

      Heute Abend hatte ich meinen Schwimmwettkampf für die Teilnahme an den Landesmeisterschaften, die am nächsten Wochenende stattfinden würden. Zum ersten Mal war meine ganze Familie mit vor Ort in der Schwimmhalle Mama, Papa, Sophie, Oma und Opa und das nur um mich „anzufeuern“. Sophie war nur 1,57 m groß, aber ihre Stimme hörte ich in der Halle unter allen anderen heraus. 100 m Freistil, das ist meine Paradedisziplin und ich schwamm und schlug als Erster an. Somit konnte ich zu den Landesmeisterschaften fahren. Ich habe einen großen Freundeskreis und somit lud ich spontan alle meine Freunde zu einer Grillparty zu mir nach Hause ein. Es war ein schöner lauer Sommerabend und in 2 Tagen würden die Sommerferien starten und nur 3 Wochen später werden wir wieder nach Spanien in den Urlaub fliegen. Am Wochenende hieß es aber erst einmal: „Ab zu den Landesmeisterschaften nach Frankfurt.“ Bei den Landesmeisterschaften belegte ich den 2. Platz und qualifizierte mich für das nächste Jahr für die Deutschen Meisterschaften in Berlin.

      Das WM-Finale-Es sollte die letzte WM für Sophie sein

      Jetzt stand unser Sommerurlaub kurz bevor Doch zuvor war noch das große WM-Finale der deutschen Fußballnationalmannschaft in Brasilien. Es war der der 13. Juli 2014. Vor lauter Aufregung war ich schon um 7.16 Uhr wach und das an einem Sonntag. Dieses Mal müsste es doch mit dem WM-Titel klappen. Die deutschen Kicker fegten nur ein paar Tage zuvor den Gastgeber Brasilien mit 7 zu 1 vom Platz. Italien und Spanien, an denen unsere Kicker immer wieder gescheitert waren, sind bereits in der Vorrunde rausgeflogen und jetzt gab es nur noch Argentinien und Deutschland. Die Stunden bis zum Finale zogen sich hin. Wir brachten unseren Fernseher mit einem Verlängerungskabel in unseren Garten und bereiteten alles für die WM-Party vor. Ich bin Sportler und insofern hatte ich für uns am Tag zuvor alkoholfreies Bier aus dem Supermarkt geholt und 3 Tüten Chips, dazu noch eine Tüte Salzstangen und für die Nerven Schokolade. „Das alles ist natürlich für einen Sportler, wie ich es bin, „besonders gesund.““ Am Abend des Finals hatten meine Eltern Freunde eingeladen und Ben und Lasse, meine besten Freunde, kamen auch zum großen Showdown. Sophie schaffte es noch rechtzeitig zum Anpfiff. Unser Nachbar, Herr Gernot, der Professor für Altgriechisch ist, rief uns zu: „Nein, das hätte ich nicht gedacht, dass eine intelligente Familie, wie ihr es seid, diesen Proletensport schaut !“ Ich fragte mich in diesem Moment: „Wie viele Fußballfans und auch Fußballer Abitur und studiert haben und wie leicht man doch andere Menschen für einen großartigen Mannschaftssport verurteilt, nur weil man ab und zu in den Nachrichten einige Fußballchaoten sieht ??? Fußball ist einer der wenigen Sportarten, wo Geld, Religion oder auch die Nationalität keine Rolle spielt. Unsere Bundeskanzlerin und unser Bundespräsident sind unserem Nachbarn zufolge auch Fußballproleten, oder ???“ Es war mehr als spannend und wir erlebten starke Argentinier, die den deutschen Kickern ebenwürdig waren. Am Ende der regulären Spielzeit stand es 0 zu 0. Es ging in die Verlängerung… Dann der Reporter: „Mario Götze, mach ihn…“ Und Mario Götze machte ihn, nämlich den Ball rein ins Tor. Deutschland wurde Weltmeister und Sophie sagte zu mir: „Na, Brüderchen, wir werden zusammen noch viele Weltmeisterschaften im Fußball erleben…..“ Doch dazu wird es nie mehr kommen. Papa sagte: „Jetzt fahren wir nach Berlin, und empfangen dort mit tausend anderen Menschen unsere Fußballhelden.“ Und darauf trank ich ein „richtiges Bier“, damit meine ich natürlich ein Bier mit Alkohol. Zwei Tage später war es soweit und wir fuhren mit dem Zug nach Berlin. In Berlin angekommen war kein Durchkommen mehr. Es war einfach fantastisch zu sehen, wie „viele Proleten“ sich über den Sieg unserer WM-Helden freuten. So standen Mama, Papa, Sophie und ich ziemlich am Ende der Straße des 17. Junis. Vor dem Brandenburger